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Georgette Heyer

Georgette Heyer

Titel: Georgette Heyer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lady April
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sich denken können», sagte Mr. Hethersett in seiner Welterfahrenheit.
    «Warum?»
fragte der Viscount.
    In anderer
Gesellschaft hätte ihm Mr. Hethersett mit brutaler Offenheit geantwortet, doch
unter Nells unschuldig fragendem Blick fehlte ihm der Mut und er sagte, er
wisse es selbst nicht so genau. Schließlich konnte man vor einer liebenden
Schwester nicht sagen, daß es keiner Gardedame bei gesundem Verstand einfallen
würde, Dysart einzuladen, um ein bezauberndes Mädchen zu einer Party zu
begleiten. Viel wahrscheinlicher wäre es, wenn das in Frage stehende Mädchen
auch nur im geringsten sein umherschweifendes Interesse zu erregen schien, daß
sie ihm das Haus verbieten würde. Wiewohl Erbe eines Grafentitels, war es doch
zu allgemein bekannt, daß sein edler Vater – bis er das unwahrscheinliche
Glück hatte, Cardross für seine Tochter zu angeln – völlig bankrott war und daß
er, um es vulgär auszudrücken, seinen ganzen Besitz verjubelt hatte. Und
niemand, der seinen eigenen flatterhaften Lebenswandel verfolgte, konnte das
geringste Vertrauen darein setzen, daß er die Familienbesitzungen durch eine
klügere Verwaltung in Ordnung bringen würde. Weit entfernt davon, ihn für
einen erstrebenswerten Heiratskandidaten zu betrachten, hielt man ihn für
überaus gefährlich, denn er vereinigte mit seinen entschieden zügellosen
Neigungen einen so hohen Grad unwiderstehlichen Charmes, daß er für ein empfindsames
wohlerzogenes Mädchen leicht zum Verhängnis werden konnte. Überdies sah er
außerordentlich gut aus, und obwohl seine strengen Kritiker die Nachlässigkeit
seiner Kleidung verurteilten, konnte nicht geleugnet werden, daß seine
hochgewachsene Gestalt mit den schönen breiten Schultern und sein Kopf mit dem
leuchtenden goldblonden Haar unweigerlich alle Blicke auf sich zogen. Er
verfügte auch über ein zärtliches, reumütiges oder auch mutwilliges Lächeln,
das eben jetzt auftauchte, denn er war kein Narr und wußte sehr wohl, was Mr.
Hethersett gemeint hatte.
    «Memme!»
rief er herausfordernd.
    Doch Mr.
Hethersett lehnte es ab, sich herausfordern zu lassen. Und da Letty in diesem
Augenblick in Begleitung Mr. Allandales erschien, ließ Dysart die ganze Sache
fallen. Er begrüßte Letty mit der ungezwungenen Kameradschaftlichkeit eines
auf irgendeine Art verwandten jungen Mannes und bat sogleich um die Erlaubnis,
sie in das Karree führen zu dürfen, das sich soeben formte. Wie unwandelbar
ergeben Letty ihrem Mr. Allandale auch sein mochte, war sie dem Charme des
Viscount gegenüber
keineswegs unzugänglich; sie eilte daher vergnügt mit ihm von dannen und
überließ es ihrem Anbeter, mit Nell belanglose Höflichkeiten auszutauschen.
    Ihr Cousin
Felix beobachtete diese Vorgänge mit scheelen Blicken. Es wäre schwergefallen,
einen größeren Kontrast zu finden als den, welcher zwischen Lord Dysart und Mr.
Jeremy Allandale bestand. Dieser war ein eher untersetzter junger Mann, dessen
ernste Augen und regelmäßige Züge sich mit einem ungemein seriösen Wesen und
gediegenem Charakter vereinten. Jener war ein hochgewachsener schöner Dandy mit
unbekümmert arroganter Haltung, dessen Lippen das Lachen niemals ferne war; in
seinen Augen blitzte ein verwegenes Leuchten, welches einer Veranlagung
entsprang, die ebenso unbeständig wie die Mr. Allandales beständig war. In
einer Hinsicht waren sie allerdings Blutsbrüder: beide waren in ihrer Art als
zukünftige Ehegatten abzulehnen. Mr. Hethersett, welcher den Beginn eines
vielversprechenden Flirts zwischen Letty und Seiner Lordschaft beobachtete,
glaubte seine Pflichten Cardross gegenüber sträflich vernachlässigt zu haben.
Ein scharfsinnigerer Mann, überlegte er verdrießlich, wäre eingeschritten, ehe
Letty Zeit gehabt hätte, Dysarts Aufforderung anzunehmen.
    Auch Nell
beobachtete das Paar auf dem Tanzparkett, nicht weil sie irgendwelche Bedenken
hegte, denn obwohl sie wußte, daß Cardross für Dysart keine sonderliche
Sympathie empfand, wußte sie doch, daß Letty an niemandem außer an ihrem Jeremy
Gefallen fand – sondern ein wenig nachdenklich. Als sie Dysart erblickte,
halte sie unverzüglich das Bedürfnis gehabt, ihm ihre Sorgen anzuvertrauen.
Sie erwartete zwar kaum, daß er imstande wäre, ihr die Geldsumme
zurückzuerstatten, welche sie ihm so glückstrahlend geliehen, zumindest aber
hätte sie ihn warnen können, in Zukunft nicht mehr mit ihr zu rechnen.
    Es ergab
sich auch weiterhin keine Möglichkeit für eine Unterredung mit

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