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Georgette Heyer

Georgette Heyer

Titel: Georgette Heyer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Page und die Herzogin
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in die Salle de Guerre anzutreten. Hier fand er Armand
in Gesellschaft einiger anderer Herren vor; sie erfrischten sich mit leichten
französischen Weinen und kandierten Früchten.
    Man reichte
dem Herzog ein Glas Burgunder, und einer der Lakaien bot ihm ein Tablett mit
Kuchen an, die er ablehnte.
    «Eine
willkommene Unterbrechung», bemerkte er. «A ta santé, Joinlisse! Ihr Diener,
Tourdeville. Leih mir
einen Augenblick dein Ohr, Armand.» Er zog Saint-Vire zu einer abseits
stehenden Ruhebank. Sie ließen sich nieder und sprachen ein Weilchen über
Paris, das Leben bei Hofe und das peinvolle Dasein eines Höflings. Avon
unterbrach seinen etwas weitschweifigen Freund nicht, doch er wechselte bei der
ersten Pause in Armands recht amüsanter Rede das Thema.
    «Ich muß
deiner charmanten Schwägerin meine Aufwartung machen», sagte er. «Sie ist doch
heute abend anwesend?»
    Armands
rundes, gutmütiges Gesicht verzerrte sich mit einemmal zu einer mürrischen
Grimasse.
    «O gewiß.
Sitzt in einem finsteren Winkel hinter der Königin. Falls du von ihr épris bist, Justin, hat sich dein Geschmack in bedauerlicher Weise
verschlechtert.» Er schnaubte verächtlich. «Da wird ja die Milch sauer! Wieso
sie Henris Auserwählte wurde, übersteigt meine Vorstellungskraft!»
    «Ich habe
unserem hockgeschätzten Henri nie viel Verstand zugetraut», erwiderte der
Herzog. «Warum ist er in Paris und nicht hier?»
    «Ist er
denn in Paris? Er war in der Champagne. Hier ist er leicht in Ungnade gefallen.»
Armand grinste. «Sein verdammenswerter Jähzorn, verstehst du. Hat Madame und
seinen Bauernlümmel von Sohn einfach sitzengelassen.»
    Avon hob
sein Lorgnon.
    «Bauernlümmel?»
    «Was, du
kennst ihn noch gar nicht? Ein ungeschliffener Bengel, Justin, mit der Anlage
eines Bauern. Und das ist der Junge, der künftig den Titel eines Comte de
Saint-Vire tragen wird! Mon Dieu, irgendwie muß in Marie schlechtes Blut
stecken! Von uns hat mein prachtvoller Neffe gewiß nicht sein bäuerliches
Auftreten. Nun, ich habe ja auch nie angenommen, daß Marie dem wirklichen Adel
angehörte.»
    Der Herzog
war in den Anblick seines Weines vertieft.
    «Ich muß
mir doch diesen jungen Henri einmal ansehen», sagte er. «Er soll weder seinem
Vater noch seiner Mutter sehr ähnlich sehen.»
    «Nicht im
mindesten. Er hat schwarzes Haar, eine breite Nase und derbe Hände. Eine
Schicksalsprüfung für Henri! Da heiratet er zuerst eine richtige Heulliese ohne
jeden Charme und ohne die mindeste Schönheit, und dann setzt er – so etwas in
die Welt!»
    «Man könnte
fast annehmen, daß dein Neffe sich nicht deiner heißesten Liebe erfreut»,
murmelte Seine Gnaden.
    «Nein, das
ist gewiß nicht der Fall! Weißt du, Justin, wenn's ein echter Saint-Vire
gewesen wäre, hätte ich das alles besser ertragen. Aber dieser – dieser Dorftrottel!
Ein Heiliger würde darob aus der Haut fahren!» Er stellte sein Glas mit
solcher Wucht auf einem Tischchen ab, daß das zerbrechliche Möbelstück fast in
Trümmer gegangen wäre. «Du magst mich ruhig einen Narren heißen, Justin, daß
ich über diese Sache grüble, aber ich kann sie mir einfach nicht aus dem Kopf
schlagen! Mir zum Trotz heiratet Henri diese Marie de Lespinasse, die ihm nach
drei unfruchtbaren Jahren einen Sohn schenkt! Als erstes eine Totgeburt, und
dann, nachdem ich schon begonnen hatte, mich sicher zu wähnen, überrascht sie
uns alle mit einem Knaben! Weiß der Himmel, wie ich das verdient habe!»
    «Sie
überraschte euch mit einem Knaben. Er wurde in der Champagne geboren, nicht
wahr?»
    «Ja, in
Saint-Vire. Die Pest soll ihn holen! Hab diese Ausgeburt erst im Alter von drei
Monaten gesehen, als man ihn nach Paris brachte. Und da wurde mir fast übel vor
Ekel angesichts von Henris albernem Stolz.»
    «Ich muß
ihn mir ansehen», wiederholte der Herzog. «Wie alt ist er?»
    «Weiß
nicht, ist mir auch egal. Neunzehn, glaube ich», brauste Armand auf. Er sah
den Herzog aufstehen und lächelte wider Willen. «Was nützt es schon, zu
grollen? Dieses verdammte Leben, das ich führe, ist schuld daran, Justin. Für
jemanden, der wie du einmal zu Besuch herkommt, ist alles schön und gut. Dir
erscheint alles wunderschön und prächtig, aber du hast noch nicht das Logis
gesehen, das man den Höflingen gibt. Luftlose Löcher, Justin, auf Ehre! Komm,
gehen wir in die Galerie zurück.»
    Sie machten
sich auf den Weg und blieben einen Augenblick in der Galerie stehen.
    «Ja, dort
ist sie», sagte Armand. «Mit

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