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Georgette Heyer

Georgette Heyer

Titel: Georgette Heyer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Page und die Herzogin
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Monseigneur?»
    «Durchaus
nicht», erwiderte Seine Gnaden höflich. «Ich hoffe, daß dir der König gefallen
hat?»
    «Ach ja, er
sieht genauso wie auf den Münzen aus», sagte Léon schläfrig. «Glauben Sie, es
behagt ihm, in einem solchen Riesenpalast zu wohnen, Monseigneur?»
    «Ich habe
ihn nie darum befragt», antwortete der Herzog. «Versailles gefällt dir nicht?»
    «Es ist so
entsetzlich groß», erklärte der Page. «Ich fürchtete schon, Sie verloren zu
haben.»
    «Welch
schauerliche Vorstellung!» bemerkte Seine Gnaden.
    «Ja, aber
dann kamen Sie doch wieder.» Das tiefe Stimmchen wurde immer schlaftrunkener.
«Lauter Glas und Kerzen und Damen und – Bonne
nuit, Monseigneur»,
seufzte er. «Tut mir leid, aber alles ist so schrecklich
wirr, und ich bin so sehr müde! Ich glaube nicht, daß ich während des Schlafes
schnarche, aber wenn doch, müssen Sie mich selbstverständlich
wecken. Und vielleicht komme ich ins Rutschen – hoffentlich jedoch nicht. Ich
sitze genau in der Ecke und werde trachten, hier sitzen zu bleiben. Aber wenn
ich zu Boden rutsche ...»
    «Dann soll
ich dich wohl aufheben?» fragte Avon süß.
    «Ja»,
ermunterte ihn Léon, béreits an der Schwelle des Schlafes. «Nun rede ich kein
Wort mehr. Monseigneur haben doch nichts dagegen?»
    «Bitte,
nimm nicht die leiseste Rücksicht auf mich», antwortete Avon. «Ich bin
lediglich zu deinem Wohlbehagen da. Falls ich dich stören sollte, so bitte ich
dich, es mir ungehemmt zu sagen. Dann setze ich mich auf den Kutschbock.»
    Ein schon
recht schläfriges Kichern belohnte diesen Ausfall, und eine schmale Hand stahl
sich in die des Herzogs.
    «Ich wollte
Sie am Rock packen, damit ich Sie nicht verlöre», murmelte Léon.
    «Und
deswegen hältst du jetzt meine Hand fest?» forschte Seine Gnaden. «Fürchtest du
vielleicht, ich würde mich unter dem Sitz verstecken?»
    «Wie
albern», erwiderte Léon. «Wie albern! Bonne nuit, Monseigneur.»
    «Bonne
nuit, mon enfant. Du
wirst mich – und ich dich – nicht so leicht verlieren, glaube ich.»
    Es erfolgte
keine Antwort, bloß Léons Kopf sank gegen Seiner Gnaden Schulter und blieb
dort liegen.
    «Ich bin
ein richtiger Narr», bemerkte der Herzog bei sich. Er schob ein Kissen unter
Léons schlaff herunterhängenden Arm. «Aber wenn ich ihn wecke, wird er abermals
zu reden beginnen. Wie schade, daß Hugh uns jetzt nicht sehen kann...! Wie
bitte, Kindchen?» Doch Léon hatte nur im Schlaf einige Worte gestammelt. «Wenn
du weiterhin im Schlaf sprichst, werde ich gezwungen sein, dagegen strenge
Vorkehrungen zu treffen», sagte Seine Gnaden. Er lehnte sein Haupt an das
Rückenpolster und schloß lächelnd die Augen.

6
    SEINE
GNADEN LEHNT ES AB, SEINEN PAGEN ZU VERKAUFEN
    Als Davenant sich Seiner Gnaden am
nächsten Morgen beim Frühstück zugesellte, fand er den Herzog in blendender
Laune vor. Er war umgänglicher als sonst, und sooft sein Auge auf Léon fiel,
lächelte er, als erheiterte ihn etwas.
    «War das
Lever gut besucht?» fragte Hugh, indem er ein saftiges Lendenstück in Angriff
nahm. Während der Herzog stets nur ein Brötchen zum Frühstück aß, verspeiste
Hugh mit herzhaftem Appetit Schinken, Eier und kaltes Fleisch; er spülte es
mit echt englischem Ale herunter, das der Herzog eigens ihm zuliebe
importieren ließ.
    Der Herzog
schenkte sich eine zweite Tasse Kaffee ein.
    «Geradezu
überlaufen, mein lieber Hugh. Es fand zur Feier irgendeines Geburts- oder
Namenstages oder dergleichen statt.»
    «Hast du
Armand gesehen?» Hugh streckte die Hand nach dem Senf aus.
    «Ich habe
Armand, die Comtesse und den Vicomte gesehen, und noch so manche Leute, die zu
sehen ich mir keineswegs gewünscht hätte.»
    «Das ist
leider immer so. Die Pompadour war natürlich entzückt, dich begrüßen zu
können?»
    «In
überwältigender Weise. Der König saß auf seinem Thron und lächelte wohlwollend.
Wie auf den Münzen.»
    Hughs Gabel
hielt mitten in der Luft inne. «Wie was?»
    «Wie auf
den Münzen. Léon wird's dir erklären. Oder vielleicht hat er es schon
vergessen.»
    Hugh
blickte den Pagen fragend an.
    «Was soll
das heißen, Léon? Weißt du's noch?»
    Léon
schüttelte den Kopf. «Nein, M'sieur.»
    «Aha,
dachte ich's doch, daß du dich nicht daran erinnern wirst», sagte Seine Gnaden.
«Léon war recht zufrieden mit dem König, Hugh. Er vertraute mir an, daß er
genauso wie auf den Münzen aussehe.»
    Léon
errötete.
    «Ich –
fürchte, ich habe im Schlaf gesprochen,

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