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Georgette Heyer

Georgette Heyer

Titel: Georgette Heyer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Page und die Herzogin
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Julie de Cornalle. Warum wünschest du sie zu
sehen?»
    Justin
lächelte.
    «Wisse, mon
cher», erklärte er süß, «es geschieht um des ungeheuren Vergnügens willen,
dem lieben Henri mitteilen zu können, welch eine angenehme halbe Stunde ich mit
seiner bezaubernden Gattin verbracht habe.»
    Armand
grinste.
    «Oh, das
ist also deine Absicht ...! Du bist dem lieben Henri von Herzen zugetan, nicht
wahr?»
    «Selbstverständlich»;
lächelte der Herzog. Er wartete, bis Armand in der Menge untergetaucht war,
dann winkte er Léon heran, der in Befolgung seines Befehls noch immer in der
Türnische stand. Der Page wand sich zwischen zwei Gruppen plaudernder Damen
hindurch und folgte ihm durch die Galerie zum Sofa, auf dem Madame de
Saint-Vire saß.
    Avon machte
vor der Dame einen schwungvollen Kratzfuß.
    «Meine
teuerste Comtesse!» Er ergriff ihre schmale Hand und hauchte, sie mit seinen
Fingerspitzen haltend, darüber hin. «Kaum hätte ich mir diese Freude zu erhoffen
gewagt.»
    Sie neigte
ihren Kopf, musterte jedoch aus einem Augenwinkel heraus Léon. Mademoiselle de
Cornalle war weitergerückt, und Avon setzte sich an ihren Platz. Léon stellte
sich hinter ihn.
    «Glauben
Sie mir, Comtesse», fuhr der Herzog fort, «ich war desolat, Sie nicht in Paris
anzutreffen. Wie geht es Ihrem prächtigen Sohn?»
    Sie wurde
nervös und änderte unter dem Vorwand, ihren Rock zu richten, ihre Position auf
dem Sofa, so daß sie Avon fast gegenüber zu sitzen kam und solcherart den
hinter ihm stehenden Pagen sehen konnte. Ihre Augen flatterten zum Gesicht des
Jungen empor und weiteten sich einen Atemzug lang, bevor sie sich wieder
senkten. Sie wurde Avons freundlich-forschenden Blick gewahr und errötete
heftig; mit leicht bebenden Fingern entfaltete sie ihren Fächer.
    «Mein –
mein Sohn? Oh, Henri geht es gut, danke! Sie sehen ihn dort drüben, M'sieur,
bei Mademoiselle de Lachère.»
    Justins
Blick folgte der Richtung, in die der Fächer wies. Er gewahrte einen kleinen,
eher gedrungenen Mann, nach dem letzten Modeschrei gekleidet, der blöde neben
einer mühsam ihr Gähnen unterdrückenden jungen Dame saß. Der Vicomte de Valmé
war recht dunkelhäutig; schwer von Ermüdung und Langeweile lagen die Lider über
seinen braunen Augen. Sein Mund war etwas breit, jedoch wohlgeformt; seine
Nase strebte, entgegen dem kühnen Saint-Vireschen Adlerschwung, nach oben.
    «Ach
richtig!» sagte Justin. «Ich hätte ihn kaum erkannt, Madame. An einem
Saint-Vire erwartet man unwillkürlich rotes Haar und blaue Augen zu sehen,
nicht wahr?» Er lachte freundlich.
    «Mein Sohn
trägt eine Perücke», antwortete Madame hastig. Abermals ließ sie ihren Blick
zu Léon hinüberschweifen. Ihr Mund verkrampfte sich unwillkürlich. «Er hat
schwarzes Haar. Ich glaube, das ist keine Seltenheit.»
    «Oh, gewiß
nicht», stimmte ihr Justin zu. «Sie betrachten meinen Pagen, Madame? Eine
merkwürdige Kombination, nicht wahr – sein kupferfarbenes Haar und seine
schwarzen Brauen.»
    «Ich? Nein,
wie sollte ich ...? Sie riß sich mühsam zusammen. «Eine ungewöhnliche Kombination,
gewiß. Wer – wer ist dieses Kind?»
    «Keine
Ahnung», erwiderte Seine Gnaden glatt. «Ich fand ihn eines Abends in Paris und
erstand ihn um ein Schmuckstück. Ein recht hübscher Junge, nicht wahr? Er ruft
keine geringe Aufmerksamkeit hervor, versichere ich Ihnen.»
    «Ja –
sicherlich. Kaum zu glauben, daß – daß dieses Haar natürlich ist.» Ihre Augen
sahen ihn kampfbereit an, doch er lachte wieder nur.
    «Es muß
wirklich kaum glaublich scheinen», sagte er. «So selten kommt es vor, daß man
diese – ganz eigene – Kombination sieht.» Als die Comtesse daraufhin unruhig
hin und her rückte und ihren Fächer bald öffnete, bald schloß, wechselte er
gewandt das Thema. «Ach, blicken Sie doch auf den Vicomte!» rief er. «Seine
schöne Gesellschafterin hat ihn verlassen.»
    Die Comtesse
sah zu ihrem Sohn hinüber, der unentschlossen in einigen Schritten Entfernung
stehengeblieben war. Als er die Augen seiner Mutter auf sich ruhen fühlte, trat
er mit schweren und bedächtigen Schritten näher, voll Neugier auf den Herzog
blickend.
    «Mein –
mein Sohn, M'sieur. Henri, das ist der Herzog von Avon.»
    Der Vicomte
verneigte sich, doch obgleich seine Verbeugung die erforderliche Tiefe
erreichte und das Schwenken seines Hutes genau dem Modediktat entsprach,
ermangelte seine Höflichkeitsbezeigung der Selbstsicherheit und Grazie. Er
verneigte sich wie einer, dem diese

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