Georgette Heyer
Puder, doch seine gewölbten Brauen waren
schwarz und sehr dicht.
«Saint-Vire?»
Hugh verneigte sich. «Sie wundern sich über Alastairs Pagen? Ein drolliger
Einfall, nicht wahr?»
«Ihr
Diener, Davenant. Ein drolliger Einfall, gewiß. Wer ist der Junge?»
«Ich weiß
es nicht. Alastair hat ihn gestern gefunden. Er heißt Léon. Ich hoffe, Madame
befindet sich wohl?»
«Danke, ja.
Alastair hat ihn gefunden, sagten Sie? Was soll das heißen?»
«Da kommt er»,
antwortete Hugh. «Sie fragen ihn am besten selbst.»
Ein Rauschen seidener
Gewänder, und Avon tauchte auf, sich tief vor dem Grafen Saint-Vire verbeugend.
«Mein
lieber Comte!» Die haselnußbraunen Augen funkelten spöttisch. «Mein liebster
Comte!»
Saint-Vire
gab die Verbeugung schroff zurück.
«Monsieur
le Duc!»
Justin
griff nach seiner juwelenbesetzten Schnupftabakdose und offerierte sie. So
groß Saint-Vire war, neben der ebenmäßig hochgewachsenen Gestalt und der
stolzen Haltung des Herzogs wirkte er unbedeutend.
«Eine
kleine Prise gefällig, lieber Comte? Nein?» Er schüttelte die aufschäumende
Spitzenmanschette von seiner weißen Hand zurück und griff sich mit zarten
Fingerspitzen Tabak. Seine schmalen Lippen lächelten, doch es war kein
freundliches Lächeln.
«Saint-Vire
bewunderte deinen Pagen, Justin», sagte Davenant. «Er erregt keine geringe
Aufmerksamkeit.»
«Zweifellos.»
Gebieterisch schnipste Avon mit den Fingern, und Léon trat vor. «Ein geradezu
einzigartiges Geschöpf, mein lieber Comte. Sehen Sie sich bitte satt.»
«Ihr Page
interessiert mich nicht, M'sieur», antwortete Saint-Vire kurz und wandte sich
zur Seite.
«Hinter
mich!» Kalt wurde dieser Befehl erteilt, und Léon trat sogleich zurück. «Wie
würdevoll, Comte! Erheitere ihn, Hugh!» Avon schritt weiter, und nach einem
Weilchen sah man ihn Lansquenet spielen.
Davenant
wurde an einen anderen Tisch gerufen und begann, mit Saint-Vire als Partner,
Pharao zu spielen. Ein geckenhaft gekleideter Kavalier saß ihm gegenüber, er
teilte die Karten.
«Mon
cher, Ihr Freund
ist stets so amüsant. Wozu der Page?» Er blickte zu Avons Tisch hinüber.
Hugh nahm
seine Karten auf.
«Woher soll
ich das wissen, Lavoulère? Sicher hat er einen Grund dafür. Und – Verzeihung –
ich bin dieses Themas schon müde.»
«Er ist so
– so auffallend», entschuldigte sich Lavoulère. «Ich meine, der Page. Rotes
Haar – oh, und von welcher Leuchtkraft! – und tiefblaue Augen. Oder sind sie
dunkelpurpurn? Das kleine ovale Gesicht und die adelige Nase ...! Justin ist
unüberbietbar. Finden Sie nicht, Henri?»
«Oh,
gewiß!» antwortete Saint-Vire. «Er könnte ein Schauspieler sein. Quant à moi, so möchte ich ergebenst vorschlagen, es genug sein zu lassen mit der
Beachtung des Herzogs und seines Pagen. Sie spielen aus, Marchérand.»
An Avons
Tisch gähnte einer der Spieler und schob seinen Stuhl zurück.
«Mille
pardons, doch ich
verdurste! Ich gehe eine Erfrischung zu mir nehmen.»
Die Partie
war beendet, Justin spielte mit seinem Würfelbecher. Nun blickte er auf und
bedeutete Château-Mornay, Platz zu behalten.
«Mein Page
wird Wein holen, Louis. Er ist nicht nur dazu da, angestarrt zu werden. Léon!»
Léon
schlüpfte hinter Avons Stuhl hervor, von wo er das Spiel gespannt verfolgt
hatte.
«Monseigneur?»
«Canary und
Burgunder, aber schnell.»
Léon zog
sich zurück und bahnte sich nervös durch die Tische einen Weg zum Buffet.
Unverzüglich kehrte er mit einem Tablett zurück, das er, auf ein Knie sinkend,
Justin präsentierte. Justin deutete schweigend dorthin, wo Château-Mornay saß,
und Léon trat, ob seines Fehlers errötend, zu diesem und präsentierte
neuerlich das Tablett. Nachdem er die Herren der Reihe nach bedient hatte,
blickte er seinen Gebieter fragend an.
«Geh zu M.
Davenant und frage ihn, ob er Befehle für dich hat», sagte Justin schleppend.
«Wagen Sie einen Wurf mit mir, Cornalle?»
«Wie Sie
wünschen.» Cornalle zog einen Würfelbecher aus der Tasche. «Fünfzig Pfund?
Wollen Sie bitte beginnen.»
Achtlos
stürzte Justin seinen Becher auf den Tisch und wandte den Kopf, um Léon zu
beobachten. Der Page stand an Davenants Seite. Davenant blickte auf.
«Nun, Léon?
Was gibt's?»
«Monseigneur
schickt mich, Sie zu fragen, M'sieur, ob Sie irgendwelche Befehle für mich
haben.»
Saint-Vire
warf einen schnellen Blick auf ihn; er saß in seinem Stuhl zurückgelehnt, die
eine Hand lag leicht geballt auf dem Tisch.
«Danke,
nein»,
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