Gerade noch ein Patt
tatsächlich zu lange weggeblieben.
»Wo ist der General?« fragte er, während sie durch die Ankunftshalle gingen. Er hoffte, ihr Großvater würde bei ihr sein.
»Du kennst ihn doch«, sagte Genifer, wobei sie theatralisch die Augen verdrehte. »Er wollte nicht mit ins Flughafengebäude kommen. Er wartet im Wagen.«
»Umkreist er den Flughafen?«
Sie nickte. »Er würde auf keinen Fall die halsabschneiderischen Parkgebühren bezahlen. Sind alle Armeeangehörigen so verrückt in bezug auf das Geldausgeben, oder sind es nur die Rocquettes?«
»Wahrscheinlich alle. Zu viele Jahre der Budgetkürzungen. Pfennigfuchserei wird schnell zur Gewohnheit.« Er zuckte die Achseln. »Du hättest die Flugkarten nicht kaufen brauchen.«
»Nicht? Wärst du sonst gekommen, Major Soldat Sparsam?«
»Soldaten, ob sparsam oder nicht, lassen sich keinen Urlaub entgehen.«
»Aber sie gehen auch nicht gerne auf Beerdigungen. Ich brauchte die Gewißheit, daß du herkommen würdest, anstatt dich in irgendein kitschiges Urlaubsdorf von Club Carib zu flüchten und Elfenschicksen nachzujagen.«
»Du weißt genau, daß ich daran nicht einmal im Traum denken würde«, sagte er, indem er sich nach einer jungen Elfe umdrehte, die ihnen entgegenkam. Genifer boxte ihn gegen die Schulter. Tatsächlich hatten Frauen, ob Elfen oder andere, für ihn seit Winonas Tod wenig Reiz. Elf Jahre waren seitdem vergangen, und er fühlte sich immer noch nicht bereit, was ihn weder überraschte noch aufregte. Aber er wußte, wie er es vortäuschen konnte, was er gerade eben getan hatte, um Genifer in dieser Angelegenheit den Wind aus den Segeln zu nehmen. Eines Tages würde er bereit sein für eine neue Beziehimg. Nur eben jetzt noch nicht.
»Großvater wird schon warten und sich fragen, wo wir bleiben«, sagte Tom, um sie auf andere Gedanken zu bringen.
Wenn er sich auch nicht fragte, wo sie blieben, so wartete Großvater doch wenigstens. Der Mitsubishi Gallant, das ausgefallene Transportmittel der Roc-quette-Familie in den letzten fünfzehn Jahren, stand am Ende der Kurzparkzone. Ein wenig älter, ein wenig mitgenommener und angestaubter, aber immer noch fahrtüchtig. Genau wie sein Besitzer. Er saß hinter dem Steuer, und sein weißes Haar war ein wenig dünner, als Tom in Erinnerung hatte. Sein Großvater mußte in den Rückspiegel geschaut haben, weil er ausstieg und winkte, kaum daß Tom und Genifer das Gebäude verlassen hatten. Als sie sich ihm näherten, straffte er sich zu einem militärischen Gruß. Auch ohne den Gruß hätte seine Freizeitkleidung die militärische Haltung des Generals nicht verbergen können. Tom blieb stehen und erwiderte den Gruß mit einer zackigen Ehrenbezeugung.
»Willkommen zu Hause, Major Rocquette«, sagte der General mit einem Lächeln.
»Es ist zu lange her, General.« Toms Zweifel waren vergangen. Es tat gut, den General zu sehen und wieder daheim zu sein.
Als sie sich die Hände schüttelten, sagte der General: »Es ist gut, dich wieder daheim zu haben, Tom. In den letzten Jahren habe ich wirklich wenig von dir gesehen.«
»Du weißt ja, wie das Leben ist.«
»Ja, das weiß ich.«
Sie sahen einander in die Augen. Sie wußten beide, daß Toms Ausrede eben nur das war, aber der General war ein zu großer Mann, um etwas dazu zu sagen, und Tom war nicht dazu bereit. Er wechselte das Thema.
»Wie geht es Großmutter?«
»Sie wird langsam wunderlich.« Der General blinzelte. »Aber nicht mehr als normal, dem Herrgott sei Dank. Sie freut sich darauf, ihren einzigen Enkel zu sehen.«
»Dann wollen wir sie nicht warten lassen«, sagte Tom, indem er zwischen den General und die Fahrertür trat. »Ich fahre.«
Der General schüttelte resigniert den Kopf. »Dir einen Platz auf der Akademie zu beschaffen, war das letzte, was du mich hast für dich tun lassen.«
»Und das hätte ich auch nicht zugelassen, wenn ich es gewußt hätte«, sagte Tom nicht zum erstenmal.
»Du kannst vorne sitzen, Großvater«, sagte Genifer, wobei sie die hintere Tür öffnete.
Die Fahrt nach Columbia und zum Haus der Roc-quettes war schnell vorbei. Großvater füllte die Zeit aus, indem er Tom von seinen letzten Holzschnitzereien erzählte. Es war ein Thema, das Tom nicht sonderlich interessierte, aber er hörte dem alten Mann zuliebe zu. Genifer telefonierte ihre Ankunftszeit durch, und Großmutter hatte Tee und Gebäck fertig, als sie eintrafen. Tom rechnete damit, daß er den Abend haben würde, um sich zu entspannen, aber bevor der
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