Gerade noch ein Patt
Körperpanzer und mehr als nur ihre Dienstwaffen. Tom fragte sich, ob vielleicht doch etwas an Genifers Befürchtungen dran war. Er hatte in den Nachrichten von den tumultartigen Zusammenstößen zwischen den Polizei und den »Gib mir«-Bettlern der Kompensationsarmee gehört, jedoch das ganze Angst-Gerede als typische Übertreibung der Medien abgetan. Jetzt war er nicht mehr so sicher. Konzerne ließen sich nicht so leicht erschrecken wie der durchschnittliche Trideo-Junkie. Er vergegenwärtigte sich noch einmal das Parkhaus, das er gewählt hatte, und kam zu dem Schluß, daß es sicher genug war - er hatte nichts Ungewöhnliches auf den Straßen gesehen, durch die sie gefahren waren. Er beschloß jedoch, so schnell wie möglich wieder zu gehen. Es hatte keinen Sinn, das Schicksal herauszufordern.
Ihre Eskorte zum Öffentlichkeitszentrum war ebenfalls unüblich. Genifer schien sie als Höflichkeit zu betrachten, aber Tom hatte so etwas schon öfter erlebt und wußte, worum es sich handelte: um einen Mangel an Bereitschaft, Nichtangestellte frei herumlaufen zu lassen. Aus irgendeinem Grund hatte Telestrian Hummeln im Hintern.
Der Raum, in dem die letzte Ehrerweisung stattfand, war klein und überfüllt. Auf den ersten Blick sah Tom niemanden ohne eine Anstecknadel, die ihn als Angestellten von Telestrian auswies. Er erkannte Shayla Walker und ging davon aus, daß es sich bei den beiden fast gleich aussehenden jungen Frauen neben ihr um zwei von Andys drei Schwestern handelte. Er hatte die Drillinge noch nie auseinanderhalten können. Er fragte sich, wo die dritte war. Wenn sie nicht hier sein mußte, brauchte er es ganz gewiß nicht.
Genifer zerrte ihn zu der kleinen Gruppe. Tom stutzte, als er den Ork bemerkte, der Shayla besitzergreifend den Arm um die Hüfte gelegt hatte.
»Wer ist das?«
Genifer brauchte nicht erst zu fragen, wen Tom meinte. »Shaylas Freund. Er heißt Ricky Gonsalvo. Jeder nennt ihn Chunk.«
»Er ist ein Ork.«
»Also, Tom...«
»Nicht, daß ich etwas gegen sie habe...«, sagte Tom automatisch.
»Nur, wenn sie zur Familie gehören. Können wir heute abend nicht einfach nur höflich sein?«
Tom sagte nichts mehr. Noch ein Wort von ihm, und sie würden in die nächste Runde eines sehr alten Kampfes gehen. Was er auch von Shaylas Geschmack in bezug auf Freunde halten mochte, dies war nicht der Ort, eine Szene zu machen.
Er sagte hallo, sprach sein Beileid aus, ließ die Vorstellung über sich ergehen und zog sich bei der ersten Gelegenheit unauffällig aus der Unterhaltung zurück. In einer Ecke war ein Büfett mit Erfrischungen aufgebaut. Da es keine vernünftigen Getränke gab, beschaffte sich Tom ein großes Glas Mineralwasser. Ohne es zu beabsichtigen, beschaffte er sich auch einen Gesprächspartner.
»Hi! Ich bin Josh Barnaby«, sagte der magere Schreibtischhengst in dem schlechtsitzenden Anzug. Die Tele-strian-Anstecknadel bestätigte den Namen und verriet außerdem, daß Barnaby für Cyberdyne in einer Abteilung namens Software-Überarbeitung tätig war. »Ich habe mit Andy zusammengearbeitet. Sie müssen sein Bruder sein.«
»Halbbruder.«
»Ach so. Okay. Das wußte ich. Derjenige in der Armee.«
Tom hoffte, die Software brauchte nur offensichtliche Überarbeitungen. Schließlich trug er seine Uniform.
Barnaby schien Toms nicht so warme Aufnahme seiner Gesprächseröffnung nicht zur Kenntnis zu nehmen, aber dafür war ihm etwas anderes aufgefallen. »Zufällig habe ich Ihre Reaktion gesehen, als sie den Raum betraten. Kennen Sie Mr. Gonsalvo?«
»Ich bin ihm bis heute nie begegnet.«
»Sie mögen Orks wohl nicht besonders, oder?«
»Es sind Leute wie alle anderen auch«, gab Tom die Antwort, die zu geben er gelernt hatte.
»Sie werden entschuldigen, wenn ich feststelle, daß Sie diesen öffentlich anerkannten Spruch mit wenig Überzeugung vorbringen.«
Tom warf Barnaby einen mißtrauischen Blick zu. »Was glauben Sie eigentlich, was für eine Art von Gespräch wir hier führen, Mr. Barnaby?«
»Ein freundliches, hatte ich gehofft. Schließlich findet sich Menschlichkeit unter den Menschen, oder?«
Das war es also. Tom kannte den Spruch aus seiner Zeit bei Humanis, bevor er von den wahren Absichten des Policlubs und seinen Beziehungen zur Terroristengruppe Alamos 2000 erfahren hatte.-Er sympathisierte immer noch mit den Ansichten, war aber nicht mit den Mitteln einverstanden, wie sie zum Ausdruck gebracht wurden. »Das ist lange her. Jetzt bin ich
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