Geraubte Erinnerung
es, was es wolle. Die Arbeit bei der NSA macht nicht reich. Aber der Mann zu sein, der den ersten Trinity-Computer an die NSA liefert, würde Skow den Posten des Direktors garantieren. Danach wäre er für private Konzerne unschätzbar wertvoll. Skow wird alles tun, um Trinity Wirklichkeit werden zu lassen.«
»Und Ravi Nara?«
»Nara hat für seine Mitarbeit eine Million Dollar Jahresgehalt verlangt. Was die Regierung nicht zahlen wollte, hat Godin aus eigener Tasche draufgelegt. Darüber hinaus verschafft ihm seine Beteiligung an Trinity einen todsicheren zweiten Nobelpreis. Natürlich müsste er ihn mit Jutta Klein und Godin teilen, doch das wäre ihm egal. Fielding hätte ihn am meisten verdient gehabt, doch das Nobelkomitee verleiht die Auszeichnung nicht posthum. Dazu kämen unbeschränkte Forschungsmittel bis ans Lebensende, Naras Name in sämtlichen Geschichtsbüchern …«
»Und diese Jutta Klein?«
»Klein ist geradeaus. Sie ist Deutsche und hat 1994 einen Nobelpreis erhalten, zusammen mit zwei anderen Deutschen. Siewurde von dem deutschen Großkonzern Siemens an Trinity ausgeliehen. Godin wollte die besten Leute weltweit, also hat er sie von den Forschungsabteilungen der besten Computerfirmen ausgeliehen, wenn er sie nicht abwerben konnte. Sun Micro. Silicon Graphics. Als Gegenleistung erhalten diese Firmen gewisse Teile des Trinity-Computers in Lizenz, sobald er nicht mehr als geheim eingestuft ist. Falls es jemals dazu kommt, dass die Geheimhaltung aufgehoben wird.«
»Wenn diese Jutta Klein geradeaus ist«, sinnierte Rachel, »könnte sie uns vielleicht helfen.«
»Selbst wenn sie wollte, könnte sie nicht. Sie würden sie zum Schweigen bringen.«
Rachel stieß einen frustrierten Seufzer aus. »Und Godin? Was will er?«
»Godin möchte Gott sein.«
»Was?«
Ich fädelte mich auf der linken Spur ein, um ein Wohnmobil zu überholen. »Es kümmert Godin einen Dreck, ob Project Trinity irgendwann Profit abwirft oder nicht. Er ist Milliardär. Er ist siebzig Jahre alt und ein Star, seit er vierzig war. Vergessen Sie den Gedanken, dass er gern als der Vater der künstlichen Intelligenz in die Geschichtsbücher eingehen will oder so etwas. Er will der erste und vielleicht einzige Mensch sein, dessen Bewusstsein jemals in einen Trinity-Computer übertragen wurde.«
Rachel schob sich eine dunkle Haarsträhne aus den Augen. »Wie ist Godin denn so? Ein Egomane?«
»So einfach ist das nicht. Godin ist ein brillanter Mann, der überzeugt ist, dass mit der Welt etwas nicht stimmt. Er hat wichtige Beiträge zur Wissenschaft geleistet. Dass Amerika heutzutage wirklich ein besserer Ort zum Leben ist, liegt zum großen Teil daran, dass Peter Godin bei uns gelebt hat. Seine Supercomputer haben einen wichtigen Beitrag zum Sieg im Kalten Krieg geleistet.«
»Das hört sich ja fast so an, als würden Sie ihn bewundern.«
»Es ist nicht schwer, Godin zu bewundern. Zugleich macht er mir Angst. Er bringt sich fast um in dem Bemühen, den leistungsfähigsten Computer der Welt zu bauen, und es ist ihm vollkommen gleich, dass er nicht versteht, wie er funktioniert, falls er nur endlich funktioniert. Godin baut Trinity einzig und allein aus dem Grund, weil er ihn selbst benutzen will. Und ich weiß nicht, ob es etwas Gefährlicheres gibt als einen mächtigen Mann, der davon besessen ist, die Welt nach seinen Plänen neu zu gestalten.«
Als ich die Hand nach dem Tempomat des Audi ausstreckte, um die Geschwindigkeit zu regeln, verschwamm meine Sicht. Eine Woge der Müdigkeit spülte über mich hinweg, und Rachels letzte Worte gingen durch mich hindurch, ohne dass ich begriff, was sie sagte. Dann klärte sich meine Sicht wieder, doch das vertraute Summen in meinem Hinterkopf hatte eingesetzt. Ich bremste abrupt und lenkte den Wagen auf den Standstreifen.
»Was ist?«, fragte Rachel.
»Sie müssen weiterfahren. Für den Fall, dass ich gleich wegtrete.«
Sie richtete sich auf. »Okay.«
Ich stieg aus und ging um den Wagen herum auf die Beifahrerseite. Rachel kletterte im Innern über die Konsole auf den Fahrersitz und schob sich hinter das Lenkrad. Der Verkehr war dicht, doch nicht zähflüssig. Keiner der vorbeifahrenden Wagen zeigte Interesse an uns.
Rachel musterte mich aufmerksam. »Ist alles in Ordnung mit Ihnen, David?«
»Ich bin ein wenig zittrig, das ist im Augenblick alles.«
Sie griff an mir vorbei und nahm den Sicherheitsgurt, um mich anzuschnallen. »Ist es wieder ein Anfall?«
Das Summen war bis zu
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