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Geraubte Herzen

Geraubte Herzen

Titel: Geraubte Herzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christina Dodd
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ihr ab, gab ihr Raum zum Atmen. »Du hattest … zwei Schwestern und einen Bruder. Und deine Eltern … sind bei einem Autounfall ums Leben gekommen.«
    »Da war ich sechzehn.« Ihr Gesichtsausdruck schwankte zwischen Trauer und Zorn, und es war der Zorn, den er nicht begriff, aber begreifen wollte.
    »Das muss sehr schlimm gewesen sein.« Hier musste der Grund für ihre unglaubliche Verschwiegenheit zu finden sein. »Deine Geschwister sind auch ums Leben gekommen?«
    »Nein. Das sind sie nicht. Jedenfalls nicht, dass ich wüsste.« Sie starrte ihn an. Ihre Augen zogen sich zusammen.
    Sie taxierte ihn. Er hätte sich am liebsten auf sie gestürzt und verlangt, dass sie ihm auf der Stelle alles sagte, ihn in ihre geheimsten Erinnerungen einweihte. Aber in seinem Geschäft lernte man, dass es sich lohnte, zu warten und niemals gierig zu wirken.
    Etwas an seinem Schweigen schien sie zu ermutigen - oder sie vertraute ihm inzwischen.
    Er hätte gerne geglaubt, dass sie ihm vertraute.
    Sie suchte sein Gesicht ab und sagte: »Als meine Eltern umgekommen sind, hatten sie gerade meine beiden Schwestern,
meinen Pflegebruder und mich verlassen und waren mit den Spendengeldern ihrer Kirchengemeinde zur mexikanischen Grenze unterwegs.«
    Dann wartete sie. Auf was? Auf sein Entsetzen?
    Er reagierte instinktiv.
    »Unsinn!«
    Ihre Anspannung wuchs, falls das überhaupt noch möglich war. »Kein Unsinn. Das ist genau das, was laut Polizeibericht passiert ist.«
    Lang bevor er sie persönlich kennen gelernt hatte, hatte er ihr am Telefon gelauscht. Er kannte jeden Tonfall und jede Intonation. Hinter dem tonlosen Rapport verbarg sich ein Abgrund an Leid.
    Er streckte die Hand nach ihr aus.
    Sie zuckte zurück, als wolle er sie schlagen.
    Lieber Gott, was hatten sie dieser Frau angetan? Er schätzte die Entfernung zwischen ihnen beiden ab. Ein guter halber Meter. Wenn er sich neben ihr ausstreckte, wenn sein Kopf unterhalb ihres Kopfes war, vielleicht fühlte sie sich dann sicher genug, es ihm zu erzählen … alles. Er bewegte sich langsam von ihr herunter und glitt neben sie. »Und was glaubst du , ist passiert?«
    »Ich weiß es nicht.« Ihr Gesicht war immer noch ausdruckslos, aber sie zupfte mit nervösen Fingern an ihrem Pony. »Ich weiß es nicht. Ich weiß nur, dass meine Eltern gute Menschen waren. Sie haben an Barmherzigkeit geglaubt, an Aufrichtigkeit, an die Brüderlichkeit der Menschen, und sie haben uns Kinder gelehrt, auch an diese Dinge zu glauben. Mein Vater war Pfarrer, und er hat seine Predigten aus tiefstem Herzen gehalten. Meine Mutter hat sich um die Menschen gekümmert. Sie hat ehrenamtlich in der Schule und in den armen Gegenden gearbeitet. An ihrem vierzigsten Geburtstag sind die Leute von überallher
…« Hope reckte das Kinn. »Ich weiß nicht, was passiert ist.«
    »Aber die Polizei sagt, sie hätten die Kirche bestohlen und ihre Kinder in Stich gelassen?« Er hatte keine Zweifel, dass es sich um ein Verbrechen handelte. Aber gegen wen? Und warum?
    »Als Erstes haben sie meinen Pflegebruder geholt. Sie haben ihn fortgeschickt und uns nicht gesagt, wohin. Dann haben sie das Baby geholt. Caitlin war so niedlich. Sie konnte schon krabbeln. Sie hat immer gestrahlt, wenn sie mich gesehen hat.« Hope massierte mit zitternden Fingern ihre Schläfe. »Pepper hat geschrien, als sie sie fortgeholt haben. Sie hat geschrien und sich an mir festgeklammert. Sie mussten sie wegreißen.« Einen Moment lang hatte Hope ihre Stimme nicht mehr unter Kontrolle. Als sie schließlich weitersprach, hörte sie sich tiefer und rauer an, als suche ein Dämon sie heim. »Ich habe ihnen geholfen, sie von mir loszumachen, ich dachte … Ich wusste doch nicht, dass es für immer ist.«
    »Was waren das für Leute?«
    »Die Leute aus der Pfarrgemeinde meines Vaters. Leute, die uns gekannt haben. Freunde unserer Eltern.«
    Ja, in der kleinen Stadt in Texas war definitiv etwas Ungeheuerliches vorgefallen. »Es gibt Gesetze für so etwas. Geschwister dürfen nicht voneinander getrennt werden.«
    Eine unendliche Müdigkeit lastete auf Hope. »Ich schätze, sie durften es doch, denn schließlich waren wir Geschwister.«
    »Nein.« Begriff Hope überhaupt, wie ungewöhnlich das war? »So etwas passiert längst nicht mehr.«
    Die Gleichgültigkeit, die sie an den Tag gelegt hatte, brach zusammen. »Ich konnte nicht glauben, dass irgendwer so grausam zu uns sein konnte.«

    Er hörte ihre Verzweiflung und griff nach ihr, um sie zu umarmen, um sie

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