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Geraubte Seele

Geraubte Seele

Titel: Geraubte Seele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zoe Zander
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mich gezwungen, bevor es andere taten. Denn die waren mir nicht besonders wohlgesonnen. Wollte ich ihm diese Erfahrung ersparen? Ich machte mir keine Gedanken darüber, dass er nachts am Bahnhof seinen jungfräulichen Hintern fürs Geld anbieten würde, dennoch …
    „Ich verzichte auf die Miete für das nächste halbe Jahr, dafür steckst du deine Nase in die Bücher und gibst den bescheuerten Job auf. In den Nächten hast du zu lernen, oder zu schlafen. Sonst nichts.“ Ich verschob die unerwünschte Erinnerung an meinen Vater auf später, beendete meine Predigt und schlürfte langsam zurück auf die Terrasse.
    „Den Job?!“, rief er mir nach, aber ich ließ mich nicht aufhalten.
    Nach einer Weile schaffte ich es bis zur Liege, und als ich endlich wieder halbwegs schmerzfrei lag, warf ich erneut einen Blick auf die kleine Pappschachtel.
     
    Ich brauchte jemanden in meiner Nähe, der atmete und sich bewegte, um daran erinnert zu werden, dass ich auch oder immer noch am Leben war. Und wenn nicht, dann jemanden, der mich finden würde, bevor mich die Maden in einen stinkenden Haufen verwandelten. Für ein Haustier hatte ich keine Zeit und an Tagen wie diesen auch keine Kraft. Also gab ich vor, einen schwulen Mitbewohner für eine Wohngemeinschaft zu suchen, der sich an der Miete beteiligte. Und das, obwohl ich die Eigentümerin dieser 80 Quadratmeter in schwindelerregender Höhe war. Die Monatsmiete hat sich sehen lassen können, schließlich befanden wir uns im Zentrum einer Metropole. Dass sich dies ein Medizinstudent auf Dauer nicht leisten könnte, war mir klar. Aber er war anders als meine früheren Mitbewohner, die ich binnen kürzester Zeit wieder vor die Tür setzte. Nein, er war genauso wenig schwul wie all die Anderen. Aber im Gegensatz zu denen hat er nie behauptet, dass ihn mein geiles Gestell doch in Versuchung brächte, sich den Männern abzuwenden. Er meinte auch nicht, dass, würde ich ihm regelmäßig einen blasen, er bestimmt wieder die Ufer wechseln würde. Er erwies sich bislang als ein angenehmer Zeitgenosse. Ich war weiterhin an ihm als Mitbewohner interessiert und das, obwohl von ihm seit drei Monaten keine Miete auf dem Konto des angeblichen Vermieters eingegangen war.
    Ich hatte nicht vor, mich zu verraten. Ich wollte nur meine Ruhe haben und stellte ihm deshalb das Essen hin. Alles andere geschah spontan. Vielleicht war ich angetan, oder fühlte mich zum Dank verpflichtet, da er so gehandelt hatte, wie ich es weder ihm, noch sonst wem zugetraut hätte. Er kam mir zu Hilfe. Mir – in dem Moment einer für ihn fremden Frau, denn mit den getönten Extensions und der großen Sonnenbrille hatte er mich nicht erkannt. Er schritt ein, obwohl er ahnte, welcher Beschäftigung ich dort nachgegangen war. Das rechnete ich ihm hoch an, auch wenn er mir damit einen Strich durch die Rechnung gemacht hatte.
     
    Es war ihm aufgefallen, rief ich mir seinen Vorwurf ins Gedächtnis und erteilte ihm dafür zusätzlich einen Pluspunkt. Scheinbar begegnete er mir mit mindestens so einem Interesse, wie ich ihm. Sonst hätte er von meinen ausgedehnten Erholungsphasen nichts mitbekommen.
    „Woher weißt du von meinem Job?“ Seine Stimme klang weit entfernt und ich driftete langsam in das Land der Träume ab.
     
    „Oh mein Gott!“ Ich war mir nicht mehr sicher, ob ich es tatsächlich hörte, oder es mir nur einbildete.
     
    Ich hatte meine Tage, also fühlte ich mich doppelt mies. Da hatte ich keine Lust rauszufinden, wie mein Outing bei ihm ankam. Ob er es als eine Chance sehen würde, etwas außer der Norm ausprobieren zu können, oder vor Entsetzen seine Koffer packen und das Weite suchen würde.
     
    Ich machte die Augen auf, aber nur, weil ich dachte, er würde den Rest meines Lebens aus mir raus schütteln.
    „Wie viel hast du davon geschluckt?“, hielt er mir die kleine Pappschachtel direkt vor der Nase.
    „Genug, um einen Elefanten für vierundzwanzig Stunden außer Gefecht zu setzen“, murmelte ich kaum verständlich, da sich meine Zunge mittlerweile anfühlte, als wäre sie auf das Doppelte angeschwollen.
    „Was war in dem Glas?“
    „Was ist mit unserem Deal?“, stellte ich ihm eine Gegenfrage.
    „Ja!“ Er rüttelte mich weiter und schrie: „Ja, verdammt!“
    „Ich trinke keinen Alkohol, also nimm deine Finger von mir und lass mich endlich schlafen.“
     
    ***
     
    Als ich das Café auf der Aussichtsplattform des neuen Bürohochhauses betrat, war es zwei Uhr. Ich war verwundert, denn

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