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Geraubte Seele

Geraubte Seele

Titel: Geraubte Seele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zoe Zander
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ich hätte nicht gedacht, hier bereits so früh am Nachmittag so viele Menschen anzutreffen. Aber auch das große und sehr neugierige Publikum hinderte mich nicht daran, genau dort stehen zu bleiben, wo mich jeder sehen konnte und mich erstmals umzusehen. Nach einer Weile erspähte ich einen freien Tisch und bevor mir den jemand vor der Nase wegschnappen sollte, begab ich mich rasch hin.
    „Verzeihung“, sprach mich ein Mann an, kurz nach dem ich an seinem Tisch vorbei kam. Ich blieb stehen und drehte mich um.
    „Gehört es Ihnen?“ Ich blickte runter und entdeckte einen Zettel, der auf dem Boden lag. Der Mann deutete mit der Hand auf diesen.
    „Oh, danke sehr“, bemerkte ich freundlich und ging die paar Schritte zurück, um den Zettel aufzuheben. Ich klemmte mir die Aktentasche unter den linken Oberarm und bückte mich so, dass jeder der vier Männer, die an diesem Tisch saßen, genau sehen konnte, dass ich unter dem Rock keine Unterwäsche trug. Als ich den Zettel endlich in der Hand hielt, richtete ich mich auf und ging weiter, ohne den Männern weitere Beachtung zu schenken.
    Ich legte meine Aktentasche auf den Tisch und öffnete die oberen Knöpfe der Kostümjacke, ehe ich mich setzte. Mein Blick streifte durch das Fenster und verlor sich in der Ferne. Der Platzregen verwandelte die sonst so begehrte Aussicht in ein grau in grau.
    „Was darf ich Ihnen bringen?“, stand der Kellner bereits neben mir. Ich fragte nach einer Tageszeitung und bestellte mir eine Flasche stilles Markenwasser. Ich las mir nochmals den kleinen Zettel durch, ehe ich ihn zerknüllte und in meiner Aktentasche verschwinden ließ.
    Man würde meine Rechnung begleichen. Ich hätte genauso gut eine ganze Flasche Dom Pérignon bestellen können, Hauptsache ich hätte sie bis zum letzten Tropfen ausgetrunken. Es war nicht gelogen, als ich zu meinem Mitbewohner sagte, ich würde keinen Alkohol trinken. Ich rauchte nicht und außer einer gelegentlichen Dosis Schlaftabletten hatte ich mit keinen anderen Medikamenten oder gar Drogen etwas am Hut. Mein Lebenswandel verlangte mir körperlich und psychisch sehr viel ab. Ich selbst bezeichnete mich daher als suchtgefährdet und hielt mich von solchen Dingen lieber fern.
    Ich hätte mir auch Kaffee gönnen können, aber Kaffee auf leeren Magen vertrug ich nicht gut.
     
    Das Wasser schmeckte nicht anders als das aus dem Wasserhahn in meiner Küche, egal was die Werbung versprach. Bei dem Blick aus dem Fenster schmeckte es mir mit jedem weiteren Glas immer weniger. Die Wetterfrösche hatten für heute strahlend blauen Himmel vorhergesagt. Der graue Hintergrund der Skyline erinnerte mich eher an das Nichts aus der Neverending Story.
     
    Die Flasche war leer, also faltete ich die Tageszeitung zusammen und legte sie auf den Tisch. Ich schob meine Sonnenbrille runter bis zu meiner Nasenspitze und blickte auf die Uhr, die sich auf der Wand hinter der Theke befand. Es war kurz vor drei. Ein paar Gläser klirrten, also drehte ich mich um. Der Tisch am anderen Ende des kleinen Cafés wurde gerade frei. Die vier Männer in dunklen Anzügen standen auf und begaben sich zum Aufzug. Da ich noch etwas Zeit hatte, schob ich meine Brille wieder zurecht, trank mein letztes Wasserglas leer und ohne mich um die Rechnung zu kümmern, machte ich mich langsam auf den Weg.
    Als ich an der Theke vorbei kam, warf ich einen Blick in die verspiegelte Rückwand der Regale und blieb stehen. Ich legte meine Aktentasche kurz ab und machte die Knöpfe meiner Kostümjacke zu. Dann holte ich aus der Jackentasche eine Spange und bändigte damit die weißblonde Strähne, die sich aus meinem straffen Dutt gelöst hatte. Als ich wieder die Tasche in die Hand nahm, drehte ich mich kurz um und streifte mit dem Blick durch das sehr übersichtlich gestaltete Café. Ich tat so, als hätte ich ein letztes Mal den Ausblick genossen, der in jedem Touristenführer erwähnt wurde und als wären mir die Blicke der anderen Gäste entgangen. Dann sah ich nochmals zu der Uhr an der Wand. Es war zehn nach drei. Nun sollte ich mich aber beeilen.
     
    Ein Mann stieg gemeinsam mit mir in den Aufzug und versuchte sofort, mit mir ins Gespräch zu kommen. Ich gab ihm einige Antworten auf seine Fragen, die meist nur aus Ja oder Nein bestanden, und fragte ihn dann nach der genauen Uhrzeit.
    „Sex nach drei“, grinste er amüsiert über diesen absichtlichen Versprecher und starrte dabei meine Strapse an. Mein Rock war viel zu kurz und diese waren deutlich

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