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Gerissen: Thriller (German Edition)

Gerissen: Thriller (German Edition)

Titel: Gerissen: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Abrahams
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sah, wie weh es ihm tat; sie übernahm den Rest der Strecke. Sie versteckten das Boot unter Zweigen am anderen Ende der Insel und kletterten zur Kuppe, vier- oder fünfhundert Meter über dem Wasser. Ivy zeigte Harrow die Höhle mit dem kleinen Eingang, gerade groß genug für einen kriechenden Menschen.
    »Wie hast du die Stelle entdeckt?«, fragte er.
    »Durch Zufall.« Falls sie noch an so etwas glaubte.
    »Sie ist perfekt.« Harrow nahm sie in den Arm und küsste sie auf den Mund. »Wir sind wieder im Geschäft.«
    Die Schneeflocken fielen weiter, noch immer nicht viele und sehr vereinzelt, der Schnee blieb nicht liegen. Ein seltsamer Schneefall: Er erinnerte Ivy an Konfetti. Sie betraten die Höhle.

    Nicht lange danach, vielleicht zehn Minuten, kehrte das Dröhnen zurück. Ivy und Harrow saßen nebeneinander auf dem Höhlenboden, genau außerhalb des Lichtkegels, der durch die Öffnung hereinfiel. Das Geräusch wurde lauter, mahlte über ihnen, verebbte, und dann herrschte Stille. Harrow kroch aus der Höhle. Ivy folgte ihm. Sie krabbelten über den Vorsprung, spähten zwischen den Felsen hindurch.
    Der Helikopter – dunkelblau, reglose Rotoren – stand auf dem kleinen Sandstrand vor den Hütten. Ein halbes Dutzend Streifenwagen, vielleicht mehr, parkten hier und dort. Eine Menge winziger Menschen, alle in Uniform, wuselte herum – in die und aus den Hütten, entlang des Feldwegs, um den Pick-up, in den Wald; eine kleine Gestalt stand ein paar Sekunden auf dem Pier. Von Zeit zu Zeit sammelten sie sich ein oder zwei Minuten, dann trennten sie sich und versuchten es erneut an den verschiedenen Stellen. Später traf eine Hundestaffel ein, und ein Hund zerrte seinen Führer um die Siedlung.
    Der Wald verdunkelte sich, dann der Himmel und zuletzt der See. Rund um die Siedlung blinkten Lichter. Dann begannen Scheinwerfer aufzuglühen. Der Helikopter hob ab, stieg in einer langen Kurve auf und verschwand in der Nacht. Ivy und Harrow verharrten unsichtbar auf dem Vorsprung. Die Streifenwagen fuhren nacheinander ab, ihre Heckleuchten zwinkerten durch die Bäume, dann waren sie fort; alle auf der Suche nach einem roten Saab.
    »Ich wünschte, ich hätte dich schon früher gekannt«, sagte Harrow.

Einunddreißig
    D as ist schön«, sagte Harrow.
    Sie waren in der Höhle, in vollkommener Dunkelheit, draußen nahm der Wind zu, Schnee begann sich vor dem Eingang zu häufen – Ivy wusste das nur wegen der leisen häufelnden Geräusche. Überhaupt nichts zu essen; nichts zu trinken außer Jean Savards Gin. Auf der Plusseite: Der Sandboden war überraschend warm.
    »Wie wär’s mit einem Schluck?«, fragte Harrow.
    »Nicht für mich«, sagte Ivy.
    »Stört es dich?«
    »Natürlich nicht.«
    Ein metallisches schnick; das Siegel auf dem Verschluss, erbrochen. Dann ein leises Gluckern.
    »Aaah«, sagte Harrow. »Das tut gut.«
    »Magst du Gin?«
    »Ich habe vorher noch nie welchen getrunken«, erwiderte Harrow. »Ich habe überhaupt nie viel getrunken – hier und da mal ein Bier, mehr in der Richtung.«
    »Was ist mit Betty Ann?«
    »Was soll mit ihr sein?«
    »Hat sie viel getrunken?«
    Er schwieg ein paar Momente. Das Geräusch fallenden Schnees, ohnehin schwer zu hören, verklang.
    »Weshalb stellst du mir diese Frage?«, fragte Harrow.
    »Weshalb?«, wiederholte Ivy. »Neugier.« Sie lachte.
    »Was ist so komisch?«
    »Ich habe Claudette trinken sehen«, erklärte Ivy, wartete, dass er in ihr Lachen einstimmte, aber er tat es nicht.
    »War das, als sie dir von dieser – wie hast du es genannt, Affäre? – erzählt hat?«, fragte Harrow.
    Dieses Wissen war das Ergebnis der Kiff-Episode, aber darauf wollte Ivy nicht näher eingehen. »Willst du damit sagen, du glaubst nicht an die Story von ihr und Mandrell?«
    Schweigen.
    »Weil ich mir nämlich wünschte, sie hätte es dir erzählt«, sagte Ivy. »Damals schon erzählt.«
    Gluckern.
    »Hörst du mir zu?«
    »Ja.«
    »Dann wäre nämlich nichts hiervon passiert.«
    »Wie kommst du darauf?«
    Sie kapierte es einfach nicht. Was konnte offensichtlicher sein? »Du hättest sie nicht schützen wollen«, sagte Ivy. »Sie ist dein Alibi. Du hättest auf nicht schuldig plädiert und wärst freigesprochen oder, wesentlich wahrscheinlicher, nicht mal angeklagt worden.«
    »Wie kommt es, dass du dir so gut Sachen ausmalen kannst?«, sagte Harrow.
    »Kann ich nicht«, sagte Ivy.
    Er bewegte sich in der Dunkelheit. Die Flasche berührte ihre Hand. Sie änderte ihre Meinung

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