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Gerissen: Thriller (German Edition)

Gerissen: Thriller (German Edition)

Titel: Gerissen: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Abrahams
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Grund des St. Lorenz, sehr wahrscheinlich für immer unauffindbar.
    »Worüber reden wir dann eigentlich?«, fragte Harrow.
    Schweigend fuhren sie weiter, kreuzten einen Highway, wieder auf einen Feldweg. Draußen brach die Dämmerung an, aber es wurde nicht richtig hell, die schweren Wolken hingen tief.
    »Was ist mit Betty Ann?«, fragte Ivy. »Ich dachte, sie wäre der Sinn der Übung.«
    Harrow sah zu ihr hinüber. »An dem Punkt ist es schiefgelaufen«, gab er zu.
    »So kann man es auch sehen«, sagte Ivy.
    »Die Dinge sind in der falschen Reihenfolge passiert«, meinte Harrow. »Wie in deiner Story die Szene, in der Vladek zum Vorstellungsgespräch geht.«
    »Ich möchte nicht über meine Story reden.«
    »Worüber möchtest du dann reden?«
    »Wie es weitergeht«, antwortete Ivy. War noch etwas anderes von Belang?
    »In welcher Hinsicht?«, fragte Harrow.
    »Um Himmels willen«, rief Ivy. »Wie sollen wir sie finden? Sie finden und deine Unschuld beweisen – was davon übrig ist, ehe – ehe …« Sie brachte es nicht fertig, das Chaos zu artikulieren, das am Ende dieses Satzes lauerte oder in dem sie wahrscheinlich schon mittendrin steckten.
    »Wir müssen ein bisschen nachdenken, das ist alles«, sagte Harrow. »Darum ist es ja gut, dass wir mehrere Möglichkeiten haben.«
    »Vielleicht bin ich ja blöd«, antwortete Ivy. »Zähl sie mal auf.«
    »Du bist absolut nicht blöd, Prof«, erwiderte er.
    »Und hör auf, mich so zu nennen«, sagte Ivy, die immer lauter wurde. »Ich will das nie wieder hören.«
    »Ich meine es respektvoll«, sagte Harrow. »Aber wie du willst.«
    Mittlerweile befanden sie sich auf einem zweispurigen Highway, der sich durch die steilen Hügel wand. Schneeflocken fielen, viel zu früh im Jahr. In der Kurve kamen ihnen einige Fahrzeuge entgegen. Harrow schaltete die Scheinwerfer aus – nur den einen, wie Ivy sich erinnerte. Die Autos fuhren vorbei, als Letztes ein State Trooper. Er hielt einen Kaffeebecher in der Hand und beachtete sie nicht.
    Harrow lachte dieses leise Lachen. »Kein Grund anzunehmen, dass sie von meiner Flucht wissen. Noch nicht«, sagte er. »Sie haben noch eine Menge Arbeit vor sich. Nichts, was dich mit mir in Verbindung bringt. Oder uns mit Mandrell. Vielleicht glauben sie, die drei wären in ein Drogengeschäft mit üblem Ausgang verwickelt gewesen.«
    Solange der Riese rasch stirbt, ehe die Polizei ihn findet; das war Ivys erster Gedanke. Und ja: rasch stirbt. Denn sonst wäre sie, wie bis jetzt jeder andere in Harrows Leben, keine Hilfe. Er war fähig zu Gewalt, sicher, aber nur in Notwehr oder zu ihrer Verteidigung. Er hatte drei Mörder umgebracht. Schrecklich, und sie wusste, dass sie es nicht vergessen konnte, aber sie musste sich an einer Tatsache festhalten: Er war unschuldig an dem Verbrechen, mit dem alles begonnen hatte.
    Was am Anleger geschehen war, konnte man erklären, sofern sie Betty Ann fanden.
    »Ist noch was zu essen da?«, fragte Harrow.
    Auch das verblüffte sie, aber nur einen kurzen Moment. Sie musste zäher werden, und schneller. »Nur ein Apfel«, antwortete Ivy, während sie in der Tüte herumkramte.
    Harrow biss hinein. »So einen hab ich noch nie gesehen«, meinte er. »Was ist das für einer?«
    »Pink Lady.«
    »Der beste, den ich je probiert habe.« Er warf das Kerngehäuse aus dem Fenster. An seiner Hand war Blut.
    Sein Körper entspannte sich ein bisschen, ein hungriger Mann, der seinen ersten Appetit gestillt hatte. »Erst tragen sie die Fakten zusammen«, sagte er. »Dann beginnt die Suche.«
    »Ich weiß«, antwortete Ivy. Sie begann zu zittern. Stand sie unter Schock? Falls ja, ließ er allmählich nach; und Angst trat an seine Stelle. Sie schlang die Arme um sich.
    »So eine Suche ist wie ein Ballon, der sich aufbläht«, sagte Harrow. Er schien kein bisschen Angst zu haben. »Das Zentrum liegt dort, wo wer auch immer verschwunden ist. Dann dehnt es sich aus und dehnt sich immer weiter. Sie erwarten, dass man zu fliehen versucht. Deshalb ist es am besten, wenn man sich duckt und den Ballon passieren lässt.«
    Dieser Vergleich leuchtete Ivy ein. »Und Betty Ann?«
    Harrow seufzte. »Was uns Zeit gibt, deswegen unsere Köpfe zusammenzustecken«, sagte er. »Während wir in Deckung liegen.«
    »Wo in Deckung liegen?«
    »Du weißt, wo«, antwortete Harrow. »Wir werden uns sozusagen in Klausur begeben.«
    Sie lachte. Eins dieser Lachen, in denen Bitterkeit mitschwang; sie hörte sie deutlich.
    Er streckte die Hand

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