German Angst
schlimmer.
Sie lagen nackt im Bett. Der Fernseher lief und Dr. Niklas Ronfeld zappte durch die Programme.
»Mit etwas Abstand betrachtet«, sagte er zu seiner Frau Sibylle, »stellt sich der Fall einfacher dar, als es scheint.« Er blieb beim Magazin »Vor Ort« hängen. Ein Reporter berichtete über die aktuellen Verhältnisse in Nigeria und meinte, dort sei die Gefahr, bei einem Verkehrsunfall ums Leben zu kommen, so groß wie in kaum einem anderen afrikanischen Land. »Arano behält seine unbefristete AE und seinen deutschen Reiseausweis und seine Tochter bekommt eine AE-Versagung.«
»Jetzt also doch«, sagte Sibylle.
»Wenn Natalia Horn unversehrt freikommt«, sagte der Staatsanwalt, »und die Polizei die Entführer verhaftet, und danach siehts im Moment ja aus, dann wäre die Versagung ein Zeichen dafür, dass die Stadt und der Staat sich nicht haben erpressen lassen. Es wäre eine Geste der Liberalität.«
»Aber wenn Arano, wie du sagst, in Nigeria bleibt, welchen Grund hätte dann seine Tochter, überhaupt noch einmal nach Deutschland zu reisen?«
»Sie hätte zumindest theoretisch die Möglichkeit und juristisch die Erlaubnis dazu«, sagte er und streckte sich aus.
»Glaubst du, Natalia Horn will gern in Afrika wohnen? Brauchen die Schwarzen überhaupt Make-up und diese ganzen Peeling-Geschichten, die bei uns so beliebt sind?«
»Mein Eindruck ist«, sagte Ronfeld, »sie wird ihm auf jeden Fall folgen. Was soll sie noch in München nach allem, was sie durchgemacht hat?«
»Das versteh ich gut«, sagte Sibylle und legte ihr Bein über seins, »und wann hauen wir endlich hier ab? Aber nach Karlsruhe will ich nicht! Ich will nach Berlin!«
»Das weiß ich, Mausi. Mit der Arano-Sache sind für mich wieder ein paar Türen aufgegangen. Es kann sein, dass sich da was tut, bald.«
Sie kuschelte sich an ihn. »Da wird dein alter Freund Sebastian wieder mal sauer sein, wenn du einen Schritt nach oben machst und er nicht.«
»Er ist selber schuld«, sagte Ronfeld. »Er zweifelt zu viel, er traut sich nichts. Wenn diese Sache jetzt vorbei ist, müssen wir wieder Tischtennis spielen, so geht das nicht weiter. Wir benehmen uns wie die Kinder. Wir sollten auch mal wieder zu dritt essen gehen, das muntert ihn auf, unsern unbeweibten Grübelfritzen.«
Sie stieß die Flasche weg.
»Meine Schwester ist tot«, sagte Susan Felt, »und du trinkst Champagner.«
»Was soll ich sonst damit machen?«, sagte Alexander Hölzl.
»Wir haben ihn für uns gekauft.« Er trank einen Schluck aus dem kelchigen Kristallglas. »Außerdem war sie deine Halbschwester. Und sie hat deinem Vater eine halbe Million geklaut.«
»Wenn ich die Visage von dem Typ seh, könnt ich ihn abknallen!«
»Und du hast ihn echt nie zu Gesicht gekriegt?«
»Nein«, sagte Susan. »Und ich kann verstehen, warum Katharina ihn nicht vorzeigen wollte. Schau dir doch diese Fresse an!«
In »Vor Ort« wurde zum xten Mal das Fahndungsfoto von Josef Rossi eingeblendet.
»Was soll ich bloß auf der Beerdigung anziehen? Ich muss mir ein schwarzes langes Kleid kaufen. Ich ruf gleich morgen früh bei Donna an.«
»Trink was«, sagte Hölzl, »das entspannt.«
»Nein!«, sagte Susan, kaute an den Fingernägeln und sah zum Fernseher, wo jetzt das Foto von einer alten Frau gezeigt wurde, einem der Opfer von Lucy Arano.
»Nun sind sie sie los«, sagte Luisa Kren zu ihrem Mann, »so ist das am einfachsten, einfach abschieben. Sei froh, dass du das nicht mehr erleben musst!«
Aus ihren blauen hellen Augen warf die Einundachtzigjährige ihrem Mann einen erschöpften Blick zu. Das Foto war in Schwarzweiß und der Rahmen glänzte silbern. »Sie hat mir so viel Angst eingejagt, dass ich jetzt Tabletten nehmen muss. Na, das hab ich vorher auch getan, die Chemie verdient sich eine goldene Nase an uns Alten, wir schlucken alles.«
Gebückt stand sie auf und schaltete den kleinen Fernseher aus, der in der engen Küche auf einem Schränkchen stand.
»Heut früh war Ronnie da und hat mir seinen neuen tragbaren CD-Spieler gezeigt. Und er hat versprochen, mir wieder ein großes Foto zu bringen, dann kann ich das von Hongkong wegschmeißen. Er sagt, er hat eins von Rio de Janeiro. Siehst du, so kommt die große Welt ganz von selber in unsere kleine Hütte. Ich geh jetzt schlafen, vom Zuschauen wird die Welt auch nicht besser. Armes Ding! In Afrika wird sie erst recht klauen müssen, von was sonst soll sie dort leben?«
Sie knipste das Licht aus und schlurfte durch die
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