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Germania: Roman (German Edition)

Germania: Roman (German Edition)

Titel: Germania: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harald Gilbers
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aufgegriffen. Leider wollten sie uns nicht erklären, was sie hier zu so später Stunde treiben. Sie haben nicht zufällig eine Ahnung, Oppenheimer?«
    Oppenheimer erstarrte. Er wusste, was das bedeutete. Es war vorbei. Er stand vor dem Nichts. Insgeheim hatte er gehofft, dass Bauer und Lüttke noch rechtzeitig hatten verschwinden können. Doch Vogler hatte sie erwischt, und ohne die beiden war es für Oppenheimer unmöglich, Deutschland zu verlassen. Jetzt gab es keine Möglichkeit mehr, sich bei Lisa für all die schweren Jahre zu revanchieren. In nur einer Sekunde hatte Vogler die vage Hoffnung, all das vergessen zu können, zerstört.
    Oppenheimer wusste, dass er ein schlechter Lügner war und dass ihm der Schock sicher ins Gesicht geschrieben stand. Also versuchte er, Voglers aufmerksamen Blick zu meiden. So gleichgültig wie möglich fragte er: »Was soll ich damit zu tun haben?«
    Vogler lachte kurz auf, als er sah, wie schauderhaft schlecht Oppenheimers Schauspielkünste waren. »Eigentlich ist es mir ja egal, Oppenheimer. Die beiden werden jetzt sicher schon verhört. Wer weiß, was sie alles erzählen. Doch ich habe damit nichts mehr am Hut. Morgen breche ich zur Front auf. Wird auch Zeit. Unter Beschuss sieht man die Dinge klarer.«
    Mit dieser Bemerkung verlor sich Voglers Blick in der Ferne.
    Oppenheimer nickte. Tatsächlich glaubte er zu wissen, was der Hauptsturmführer meinte. An der Front ging es ums Überleben. Es gab dort nur zwei Arten von Reaktionen, eine richtige – und man überlebte, und eine falsche – und man starb. Zwar herrschte auch an der Heimatfront zuweilen Lebensgefahr, doch die Entscheidungen, die man hier zu treffen hatte, waren deutlich komplexer.
    Beide Männer hingen ähnlichen Gedanken nach. Obwohl das Pervitin jetzt in Oppenheimers Adern pulsierte, spürte er eine große Leere in sich.
    Er musste eine gewisse Willensanstrengung aufbringen, um sich aus diesem Zustand zu lösen, um den störrischen Körper wieder in Bewegung zu setzen. Doch Oppenheimer wollte einen letzten Blick auf Lutzow werfen. Er bückte sich und zog ihm nach kurzem Zögern die Maske vom Gesicht.
    Oppenheimer wusste nicht so genau, was er erwartet hatte. Vielleicht ein Zeichen des Wahnsinns, das sich in Lutzows Gesichtszüge eingefressen hatte? Ein irrer Blick? Ein höhnisches Grinsen? Doch all seine Erwartungen wurden enttäuscht. Der tote Lutzow sah banal aus. Die geöffneten Augen waren stumpf. Das Gesicht, eingerahmt von dem platinblonden Haarkranz, strahlte eine Gleichmut aus, die nur den Toten zu eigen ist. Oppenheimer erkannte, dass er hier keine Antworten finden würde. Was blieb, war eine beunruhigende Ratlosigkeit.
    Als er auf Lutzows Augäpfeln eine Lichtreflexion wahrnahm, wandte sich Oppenheimer um. Vogler stand neben ihm und zündete sich eine Zigarette an. »Ist es immer so?«, fragte er, nachdem er das Zündholz ausgeblasen hatte. »Ist die Lösung eines Falles immer anders, als man zunächst erwartet hat?«
    Oppenheimer richtete sich auf und dachte einige Sekunden über diese Frage nach. »Es kommt zuweilen vor. Doch ich denke, es ist weniger das Ende, das einen überrascht. Es sind eher die Dinge, mit denen man während der Untersuchung konfrontiert wird. Ohne dass man es merkt, verändert sich allmählich das Bild, das man anfangs hatte.«
    Vogler kommentierte das mit einem zustimmenden Laut. »Ich verstehe jetzt, was Sie damals meinten. Dass man vorurteilsfrei an die Sache herangehen muss und so weiter.« Er wollte gerade das Päckchen Zigaretten wieder einstecken, als er sich anders besann und Oppenheimer eine anbot. »Hier. Zur Feier des erfolgreichen Abschlusses.«
    Als Oppenheimer ein Zündholz anriss, um sich die Zigarette anzuzünden, erklang dicht neben ihm noch ein weiterer Laut.
    Ein metallisches Klicken.
    Sofort begriff Oppenheimer, dass Vogler seine Waffe entsichert hatte. Starr stand er da und versuchte, keine plötzliche Bewegung zu machen. Oppenheimer spürte das Gewicht seiner eigenen Pistole. Dummerweise hatte er sie in die Innentasche seines Mantels gesteckt, als er die Kohlenrutsche hinaufgeklettert war. Nie im Leben würde er schnell genug seine Waffe ziehen können.
    Mehrere Sekunden lang standen die beiden Männer da, ohne dass etwas geschah. Schließlich inhalierte Oppenheimer tief, so dass das Ende seiner Zigarette zu glühen begann. Als er das Zündholz fallen ließ, war es fast abgebrannt. Er wusste, dass er keine Chance hatte, dass er dem SS-Hauptsturmführer

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