Gesammelte Gedichte: 1954 - 2006
Riesling.
Weheklag
Italiener sein, verflucht!
Ich hab' es oft und oft versucht -
es geht nicht.
Bin doch zu deutsch, bin schlicht zu tief -
wen's auch schon zu den Müttern rief,
versteht mich.
Die Mütter sind so tief wie doof,
ich gäbe gerne Haus und Hof
fürs Flachsein.
Hab' weder Hof, hab' weder Haus,
muß untergehn mit Faust und Maus
und Ach! schrei'n.
VI
Spiel
Osterballade
»Mimi Ostergeier suchen!«
Lächelnd hört's der stolze Vater,
innig schmunzelnd sieht's die Mutter,
wie ihr Töchterchen, die Marlis,
flehentlich zu ihnen hochschaut:
»Mimi Ostergeier suchen!«
»Marlis, es heißt Ostereier!«
Angestrengt blickt Marlis aufwärts,
doch nicht lange. Sonnig strahlend
beugt sie sich der Elternweisheit,
plappert nach, was sie gehört hat:
»Mimi! Es heiß Ostergeier!«
»Such nur deine Ostergeier!«
Schallend lacht der Vater, während
Mutter auf den nahen Waldrand
deutet, dorthin, wo seit langem
Köstliches sie wohl versteckt weiß:
»Marlis, da sind Ostereier.«
»Ostergeier! Diese Marlis!«
Voller Freude warten beide,
Vater sowie Mutter, auf die
frohen Juchzer ihrer Tochter -
ah! Da kommt auch schon der erste:
»Mimi Ostergeier funden!«
»Mami, Ostergeier böse!«
Voller Schrecken eilen beide,
Mutter sowie Vater, zu dem
Waldrand, draus die Schreie dringen,
inständig und herzzerreißend:
»Ostergeier Mimi fangen!«
»Untier, laß mir meine Marlis!«
Hoch ins Blaue reckt der Vater
noch die Hände, da die Mutter
schon erbleichend ahnt, daß keine
Macht der Welt sie je zurückholt,
Mimi und den Ostergeier.
Balin, Balin
Ma wieda durch Balin jegangen,
die Luft jeschnuppert, Atmosphäre einjefangen -
Balin!
Du – deine Hände sind abjearbeitet und blau
wie bei eina – na! ich meine die Dingsda, die Frau,
die wo immer die Kinda jebären tut – na!
die Mutta!
Balin!
Einst jingste im Pelz.
Nu hatta Löcha im Futta.
Loch reiht sich an Loch -
und doch!
Und doch schleppste dia imma noch munta fort
von Balin Süd bis Balin Nord,
vom Kuhdamm bis zu 'n Linden -
Balin!
Wenn et dia nich jäbe,
man müßte dia erfinden.
Wenn de nich schon erfunden wärst,
et müßte dia jeben.
Balin!
Muß ick ooch fern von dia leben,
mein Herz wohnt imma noch in -
Dortmund? Nee!
Duisburch? Nee bewahre!
Mannheim? Da doch nich!
Köln, Bonn, Kiel, Hamm, Hof, Graz, Wien?
Ach wat! Mein Herz wohnt imma noch in
Dusseldorf.
»Sie nannten ihn Walter Storchi«
Eine Western-Trilogie
I
Showdown-Time in Tombstone-City,
Walter Storchi steht im Schatten.
Quietschend öffnet sich das Hoftor,
Walter Storchis Hand fährt aufwärts.
Licht schraffiert sein Gegenüber,
Walter Storchis Finger spannt sich.
Lippen klaffen, bartumstoppelt:
»Walter, komm sofort nach Hause!«
Kreischend dreht sich träg das Windrad,
Storchis Hand erscheint im Lichtfeld.
Hand greift Hand, da schreit es gellend:
»Na, wo bleibt ihr denn, ihr beiden?«
Showdown-Time. High Noon. Das Licht gleißt.
Und bei Storchis gibt es Hammel.
II
Wer tritt die Tür zur Ox-Bar ein?
Das kann nur Walter Storchi sein.
Wer zieht blitzschnell den Colt heraus?
Das sieht verdammt nach Storchi aus.
Wer ruft: »Heb deine Flossen, Mann!«?
Das hört sich sehr nach Storchi an.
Wer hat dann keine Munition?
Na, wer denn wohl! Na, wer wohl schon?
III
Seinen allerletzten Fight
kämpfte er zur Kaffeezeit.
Walter Storchis letzte Bitte:
»Stell dich endlich, Käseschnitte!«
Walter Storchis letzte Worte:
»Wehr dich, feige Sachertorte!«
Walter Storchis letzter Satz:
»Mary, wein nicht, wenn ich platz!«
Walter Storchis Grabinschrift:
»Daß es stets die Dicksten trifft!«
Duett im Bett
SIE:
Worte,
Worte,
nichts als
Worte.
ER:
Wenn das Worte
waren, die wir
zwischen diesen
Laken tauschten,
frag ich mich denn
doch, mein Liebling:
Was verstehst du
unter Taten?
SIE:
Laken, Liebling, Taten -
Worte, nichts als Worte!
ER:
Lauter Worte, zugegeben,
Worte aber, denen Taten
deshalb nicht zu folgen haben,
da sie selber Taten folgen,
diese dergestalt verlängernd,
daß die Süße unsrer Taten
aufbewahrt in schönem Wort bleibt,
bis ans Ende unserer Tage.
SIE:
Sag mal ehrlich: Bist du noch zu retten?
Redest hier vom Ende unsrer Tage,
dabei hat die erste unsrer Nächte
kaum begonnen, Schatzi, also rühr dich!
ER:
Grade wollte ich die Weichheit
deines warmen Leibs besingen,
wollte dich in höchsten Tönen
als der Weiber schönstes preisen,
wußte schon die
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