Gesammelte Gedichte: 1954 - 2006
Gütern zukommen zu lassen:
Das ist noch schöner.
Am schönsten ist es,
mit so geretteten süßen Geschöpfen
einige gute Flaschen Schampus zu köpfen:
Das ist am allerschönsten.
IX
Sinn
Nachdem er durch Metzingen
gegangen war
Dich will ich loben: Häßliches,
du hast so was Verläßliches.
Das Schöne schwindet, scheidet, flieht -
fast tut es weh, wenn man es sieht.
Wer Schönes anschaut, spürt die Zeit,
und Zeit meint stets: Bald ist's soweit.
Das Schöne gibt uns Grund zur Trauer.
Das Häßliche erfreut durch Dauer.
Katzengedichte
1
Von einer Katze lernen,
heißt siegen lernen.
Wobei siegen »locker durchkommen« meint,
also praktisch: liegen lernen.
Sie sind ein sieghaftes Geschlecht,
diese Katzen.
Es gibt ihrer so viele wie Spatzen im Land.
Doch wer streichelt schon Spatzen?
Sie ist gar kein rätselhaftes Tier,
so eine Katze.
Sie will viel Fraß, etwas Liebe, doch meist
horcht sie an der Matratze.
Was eine einzige Katze uns lehrt,
lehren uns alle:
So viel wie möglich nehmen, ohne zu geben,
und dann ab in die Falle.
2
Mit einer Katze leben
heißt die Katze überleben.
Jedenfalls dann, wenn man noch mitten im Leben steht.
Eine Katze steht schneller daneben.
Wie alt wird so eine Katze?
Maximal zwanzig Jahre.
Viele streckt's aber auch schon früher hin
auf die, sagen wir ruhig: Bahre.
Die ist dann vielleicht dein Schreibtisch.
Darauf kriegt sie ihre Injektion.
Sie seicht dir noch rasch die Tischplatte voll,
und das war's dann auch schon.
Eine Katze haben,
heißt eine Katze verlieren.
Andere mögen von Menschen reden,
ich rede von Tieren.
Merksätze trotzig
Wenn man irgendwas lange genug macht,
dann wird man es irgendwann auch gut machen.
Ein Satz, der zwar hinten und vorne nicht stimmt,
doch er taugt zum Mutmachen.
Wenn man an etwas fest genug glaubt,
dann wird es sich eines Tages auch bewahrheiten.
Klar: Dieser Satz ist leeres Stroh.
Aber: Zum Teufel mit den Klarheiten.
Wenn man jemanden nur stark genug liebt,
dann wird er einen auch einmal liebhaben.
Ein Satz, der so wahr wie sonstwas ist,
und wer ihn nicht glaubt, kann mich gern haben.
Fröhliche Vögel
Sagt an, wer hat euch das gelehrt?
Das was?
Na das, das Lieben.
Ach das – ja, das ergab sich so,
als wir es gerade trieben.
Und sagt, wer hat euch das gelehrt?
Was das?
Na das, das Lachen.
Das? Ach, das kommt doch ganz von selbst
beim Naduweißtschonmachen.
Sagt schließlich, wer euch das gelehrt!
Das das?
Nein das, das Trauern.
Das Wasda? Sorry, nie gehört.
Nein ehrlich – wir bedauern.
Man oh man
Man ist nur so jung
wie man sich fühlt.
Man denkt nur so tief
wie man sich wühlt.
Man kriegt nur so viel
wie man sich gibt.
Man lebt nur so lang
wie man sich liebt.
Sinngedicht
Sei gut zu dir.
Die Welt ist schlecht.
Das Unrecht blüht,
nimm dir das Recht
und tu den Schritt
zum Ich vom Wir:
Die Welt ist schlecht.
Sei gut zu dir.
Ratschlag
Neun Männer treten bei dir ein,
drei groß, drei mittel und drei klein.
Die großen drei, die schlagen dich,
verspotten dich, verklagen dich.
Die mittleren, die pflegen dich,
umsorgen dich, umhegen dich.
Die kleinen drei verehren dich,
vergöttern dich, begehren dich.
Wirf alle neun aus deinem Haus,
sonst weinst du dir die Augen aus.
Katz und Maus
Die Katze spricht: Ich bin nicht so,
wie alle Welt vermutet.
Ich töte Mäuse, ja, jedoch
mit einem Herz, das blutet.
Mit einem Herz, das zuckt und schreckt,
mit einem Herz, das leidet -
Mit meinem Herz? Nein, dem der Maus!
Denn wenn uns etwas scheidet,
die Maus und mich, dann ist es das:
Ich bin der Fresser. Sie ist Fraß.
Von Wand zu Wand
Weicht auch die Wand zurück,
die Mauer bleibt.
Ist hinter jeder Wand,
und es gibt keine Hand,
die sie vertreibt.
Nur manchmal teilt sie sich
für einen Blick.
Steht da ein blankes Schild,
wirft dir dein Spiegelbild
samt Blick zurück.
Finger weg
Nun soll man ja nicht fragen:
Mein Gott, wer bist dann du?
»Ich bin das gänzlich Andere,
das wortentrückt Besandere,
stand stets und steh auch hier und jetzt
hoch über Sprach- und Reimgesetz,
so durch und durch besonders:
Noch anders bin ich onders.«
Nein, man soll ja nicht fragen…
Hinter der Kurve
Was hinter jener Kurve ist -
Ich weiß es nicht.
Du weißt es nicht.
Es rauszufinden ist die Pflicht,
Die uns das Schicksal zugemißt.
Nein: zugemußt. Nein: zugemaßt.
Ich weiß es nicht.
Weißt du es denn?
Die Last des Zugemessenen
Hat mir mein
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