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Gesammelte Gedichte: 1954 - 2006

Gesammelte Gedichte: 1954 - 2006

Titel: Gesammelte Gedichte: 1954 - 2006 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Gernhardt
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bißchen Hirn zerpraßt.
    Zerpraßt? Zerprißt? Zerproßt? Zerpreßt?
    Was weiß denn ich?
    Was weißt denn du?
    Wir schreiten auf die Kurve zu,
    Und jeder Schritt zerbricht uns fest.
    Fest? Fist? Fust? Fost? Fast? Aber halt!
    Ich weiß das Wort.
    Du weißt das Wort.
    Mich hält hier nichts, und du mußt fort.
    Nun denn! Auf geht's! Schon wird es kalt.
    Schöpfer und Geschöpfe
    Am siebenten Tag aber legte Gott die Hände
    in den Schoß und sprach:
    Ich hab vielleicht was durchgemacht,
    ich hab den Mensch, den Lurch gemacht,
    sind beide schwer mißraten.
    Ich hab den Storch, den Hecht gemacht,
    hab sie mehr schlecht als recht gemacht,
    man sollte sie gleich braten.
    Ich hab die Nacht, das Licht gemacht,
    hab beide schlicht um schlicht gemacht,
    mehr konnte ich nicht geben.
    Ich hab das All, das Nichts gemacht,
    ich fürchte, es hat nichts gebracht.
    Na ja. Man wird's erleben.

X
    Lehre
    Spassmacher und Ernstmacher
    I
    Seht: Alles Ernste ist alt. Die Bücher,
    Welche da reden von Gott und dem Anfang,
    Sind alt. Und das Alter des Ernstseins
    Adelt auch den, der noch heute uns ernst kommt.
    Aber der Spaßmacher! Hört wie die Menge
    Ihm noch den trefflichsten Witz mit den Worten
    »Der ist ja alt« verwandelt in Asche,
    Gestrigen Schnee und dauernde Schande.
    II
    Wenn um die Wiege sich sammeln des Winzigen
    Die Ernsten, und wenn er sie ankräht, ja dann
    Lachen auch sie. Doch welch seltsames Lachen
    Wird ihm zuteil da! Voll Milde, voll Tücke.
    Mild belächeln die Ernsten des Lustigen
    Schuldlose Lust: Lach nur so weiter!
    Tückisch verlachen sie ihn: Na warte!
    Noch bist du nicht wie wir, doch du wirst so.
    III
    Nicht wird er froh seines Lebens, der Spaßmacher.
    Immer ist unter jenen, die lachen,
    Der, welcher nicht lacht. Versteinerter Miene
    Folgt er den Späßen des Spaßenden. Immer
    Dauert er ihn. Doch es dauert nicht lange,
    Und er bedauert sein Los, lachen
    Zu machen die Menge, in welcher doch immer
    Einer nicht lacht: sein Opfer, sein Richter.
    IV
    Hart ist das Ernstsein. Denn eiserne Knochen
    Krankheit und Tod und ach! Leiden der Seele
    Geben Gewicht ihm und Stütze. Nimmer
    Kann selbst der bissigste Witz diesen Brocken,
    Starrend von Blut, von Schweiß und von Tränen
    Prall bis zum Bersten, voll Schmerz, voller Grausen,
    Verschlingen. Noch kann er ihn – wie denn? – verdauen.
    Kann also nichts? Nun: Er kann ihn verarschen.
    V
    Ach, daß man nicht ihn nennte, den Spaßenden,
    Leichtfertig! Leicht nicht ist es, den Witz zu
    Erhaschen. Flüchtig ist er und flink und verschlagen:
    Fertig macht der Gejagte den Jäger.
    Aber der Andre! Schwerfällig stapft er
    Gemessenen Schritts durch den Garten des Lebens.
    Leicht jedoch fällt ihm der Griff nach dem Ernsten:
    Pralle Frucht vom Baum der Erkenntnis.
    VI
    Groß sind die Ernsten. Auf hohen Kothurnen
    Schreiten sie streng. Doch es ehrt sie die Menschheit,
    Weil sie so streng sind. Nur ernstestes Schreiten
    Leitet den Menschen zum höchsten der Ziele,
    Zum Sinn. Rattenhaft aber folgen die Spaßer
    Und hurtig dem Zug, denn sie wittern begierig
    Das, was seit alters bei jeglicher Suche
    Nach Sinn für sie abfällt: den Unsinn.
    VII
    Denkt jenes Reiters! Von Scholle zu Scholle
    Trug ihn sein Pferd, doch es ward ihm am Ufer
    Nicht Rettung beschieden, Erkennen und Tod nur.
    So auch der Witzbold. Es dulden die Witze
    Rast nicht noch Ruh. He! Weiter und weiter!
    Kennen Sie den? Und da fällt mir noch der ein!
    So geht's in die Irre. Heimwärts aber,
    Auf festester Straße, ziehet der Ernstbold.
    VIII
    Wenn der Dichter uns fragt: Immer spielt ihr und scherzt?
    Und er fortfährt: Ihr müßt ! O Freunde! Mir geht dies
    In die Seele, denn dies – und so schließt er gewaltig:
    Müssen Verzweifelte nur. – Wer wollte
    Da widersprechen? Die Frage gar gegen
    Den Fragenden richten: Du, der du niemals
    Scherztest noch spieltest – warst du denn je glücklich? – ?
    Die Verzweiflung ist groß. Sie hat Platz für uns alle.
    IX
    Lachen ist Lust, jede Lust aber endet.
    Auch so ein Satz, der das Nicken der Köpfe
    Hervorruft der Ernsten, welche das Leben
    Ja kennen. Was aber wissen die Ernsten
    Vom Leben? Wissen doch nur, daß ihr Feuer
    Erloschen. Wissen doch nur, daß ihr Fluß
    Versiegt ist. Wissen doch nicht, daß ihr
    Wissen nur Lust macht, endlos zu lachen.
    X
    Sagt: Warum heißt man seit alters sie
    Gegensätze? Das Tiefe, das Flache? Sind nicht
    Verschwistert sie? Es gehet unmerklich
    Das Flache ins Tiefe. Es spüret der Fuß kaum
    Den schwindenden Boden des

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