Gesammelte Gedichte: 1954 - 2006
Wiederschaun.
Lied
In dem Grase war ein Tier,
es saß dort, ich stand hier.
Ich ging langsam darauf zu,
fragte es: Wer bist dann du?
Bist du bräunlich
oder rot?
Bist lebendig
oder tot?
Bist ein Teufel
oder Gott?
Oder bist du ein Hase?
Wie tun es die Anderen?
Heute: Die Inselbewohner
Man tuts auf den Komoren
mit angelegten Ohren
Man tuts auf den Lofoten
mit schräggestellten Pfoten
Man tuts auf den Kykladen
mit abgespreizten Waden
Man tuts auf den Molukken
genauso, nur im Ducken
Man tuts auf den Seychellen
an höchst versteckten Stellen
Man tuts auf den Kurilen
nach stundenlangem Zielen
Man tuts auf den Antillen
in Trance, wie wider Willen
Man tut es auf der Insel Juist
indem man durch den Schniepel niest.
Bilden Sie mal einen Satz mit …
visuell
Vi su ell die Sonne strahlt -
als würde sie dafür bezahlt.
pervers
Ja, meine Reime sind recht teuer:
per Vers bekomm' ich tausend Eier.
Minister
Aus welchem Mund dringt dies Geplärr?
»Min is ter Rachen«, spricht der Herr.
Metapher
Herr Kapitän, der Steuermann
hat grade lallend kundgetan,
er brächte jetzt das Schiff zum Sinken -
me taph er wirklich nicht mehr trinken.
Symbol
Herr Dschingis Khan, das tut man nicht,
daß man in fremdes Land einbricht.
Nu aber raus mit Ihren Horden -
Sie sym bol wahnsinnig geworden!
allegorisch
Nichts wird sich ändern hier auf Erden,
bevor nicht alle gorisch werden.
sensibel
Herr Ober! Bringt mir einen Kübel!
Mir wird von diesem Nonsens ibel!
Vergebliches Wünschen
O wenn ich jubeln könnte wie ein Adler!
Jedoch – er jubelt nicht,
kann ja nur krächzen,
kann pfeifen, schreien, höchstens ächzen,
so, wie am steilen Berge ächzt der Radler -
o wenn ich jubeln könnte wie ein Adler.
O wenn ich jauchzen könnte wie ein Biber!
Jedoch – wann jauchzt der schon?
Kennt ja nur Nagen
und Stämmefäll'n und Stämme flußwärts tragen
zu Wassern trüb und immer trüber -
o wenn ich jauchzen könnte wie ein Biber.
O wenn ich singen könnte wie ein Zobel!
Jedoch – was soll der Wunsch?
Wer darf sich ihm vergleichen?
Wer könnte jemals seiner Stimme Glanz erreichen?
Wer singt wie er? So kühn und doch so nobel?
O wenn ich singen könnte wie ein Zobel!
Vom Fuchs und der Gans
Ich hab' den Tonfall noch im Ohr
mit dem der Fuchs die Gans beschwor,
ihm zuzuhören.
Er sprach sehr leise und sehr kühl,
als ängstige ihn das Gefühl,
sie zu verstören.
Er sagte sinngemäß, sein Schwanz
sei jener Teil, an dem er ganz
besonders hänge.
Das heißt, im Grunde hinge er,
der Schwanz, an ihm, ein Umstand, der
ihn nun bedränge.
Denn jemand stände auf dem Schwanz,
und darum frage er die Gans,
ob sie drauf stehe.
Ihm sei so. Und sie sei recht schwer;
weshalb er für den Vorschlag wär',
daß sie bald gehe.
Die Gans hielt stumm den Kopf gesenkt.
Sie wurde durch was abgelenkt,
das eßbar schien und rot war.
Sie biß wie träumerisch hinein
und wollte noch »Äh! Haare!« schrein
und schwieg, da sie schon tot war.
Bitte mitsingen
Weaner Lied
Der Herrgott muß a Weaner sein -
drauf wett i meinen Hut.
Und Jesus muß aus Grinzing sein,
drum schmeckt der Wein so gut.
Bloß – wos ist mit dem Heiljen Jeist?
I glaub fast, der ist zugereist!
I bleib i, lieber Schatz,
Du bleibst Du, lieber Schatz,
aber Wien, lieber Schatz,
Wien bleibt Graz, lieber Schatz etc.
Hamburger Lied
Das Kopftuch überm Hütchen
das Näselein so keck
am Hals ein rosa Bändchen
so geht er abends weg.
So geht er durch die Straßen
im letzten Sonnenstrahl
und wenn er dann hereinkommt
so ruft der ganze Saal:
»Ahoi, ahoi, Herr Kapitän!
Lassen Sie sich endlich wieder einmal sehn?
Ahoi, ahoi, Herr Kapitän!
Solang es Sie gibt, kann die Welt nicht untergehn!«
Etc.
Fünfzigerjahre Lied
Va bene, va bene
so sagt man in Sorrent
va bene, va bene
wenn's irgendwo mal brennt
va bene, va bene
und fällt mal einer hin
va bene, va bene
so sagt man in Turin.
Der Spanier sagt »Wiebitte«
»Nasdrawje« sagt der Däne
»Je t'aime« sagt der Brite -
doch wo sagt man »Va bene«?
Wo
Woo
Wooo
Va
Vaa
Vaaa
Va bene, va bene
so sagt man in Triest
va bene, va bene
hält wen ein Räuber fest
va bene, va bene
und wackelt mal der Dom
va bene, va bene
singt auch der Papst in Rom.
Das Schweigen der Kissen
Zwei grüne Kissen auf der Bank,
die könnten so viel erzählen
von Liebe und
Weitere Kostenlose Bücher