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Gesammelte Wanderabenteuer

Titel: Gesammelte Wanderabenteuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manuel Andrack
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war, und durchbrach die jüngeren Schichten so, dass an einigen Stellen auf kleinstem Raum verschiedene Gesteinsarten zu finden sind. Hier sind fast alle Tapetenschichten zu erkennen.
     
    Erdgeschichtlich sind die Alpen ein Kükengebirge, gerade seit zehn Millionen Jahren faltet es sich empor. Aber auch an einigen Orten der Mittelgebirge bewegt sich das Gestein |413| und wächst bis zu einem Millimeter im Jahr. Das sind in einer Million Jahren schon 1000 Meter, und, Sie werden es schon noch sehen, in drei oder vier Millionen Jahren haben Spessart, Hunsrück und Harz die Alpen als Hochgebirge abgelöst, und das neue St. Moritz und das neue Jungfernjoch befinden sich in Quedlinburg, Kastellaun und Miltenberg. Schöne Aussichten.

|414|
    Spessart
    |415| Der Schneewittchenfluchtweg
    EIN TRAGIKOMISCHES MÄRCHEN
     
    Personen
Christoph Philipp von Erthal
  Schlossherr zu Lohr
Maria Sophia von Erthal
  Seine Tochter, Spitzname Schneewittchen
Claudia Elisabeth von Erthal
  Stiefmutter
Zwei kleine Wanderer
     
    Schauplatz ist der Spessart, die Zeit Juni 2006.
     
    Bekanntlich fangen viele Märchen der Gebrüder Grimm mit einer ungefähren zeitlichen Zuordnung der Geschichte an. Mit »Es war einmal ...« wird der Leser in eine weit zurückliegende Welt entführt, in der sich Frösche in verwunschene Prinzen verwandelten und gute gegen böse Feen kämpften. Und in dieser Welt spielten die Wanderschaft und der Wald eine sehr große Rolle. Im Märchen wurde viel gewandert, es sei denn, man ergatterte das halbe Königreich und die schöne Königstochter und konnte sich per Pferd oder Kutsche fortbewegen. Für die anderen blieb der Ritt auf Schusters Rappen für die Durchquerung der Wälder, in denen Räuber und wilde Tiere hausten. Das hat sich seit Erfindung der Eisenbahn und des Autos verändert. Aber auch die modernen Massenkommunikationsmittel haben dafür gesorgt, dass erheblich weniger gelaufen wird. Man muss nur bei Dostojewski nachlesen, wie dort hin und her gerannt wird, um |416| Nachrichten, mündlichen oder schriftlichen Ursprungs, zu übermitteln. Da kommen täglich ein paar Kilometer Wegstrecke zusammen.
    Bei den Gebrüdern Grimm wurde gewandert, was das Zeug hielt, allen voran die Handwerksburschen. Das tapfere Schneiderlein wanderte genauso wie der Hans im Glück und die drei Schneidersöhne im Märchen »Tischlein deck dich, Goldesel und Knüppel aus dem Sack«. Und Brüderchen und Schwesterchen liefen von zu Hause fort, weil sie es unter der Knute ihrer bösen Stiefmutter nicht aushielten, und ließen sich in einer Hütte im Wald nieder. Aber der Wald war – wie gesagt – gefährlich. Der Wald war kein angenehmer Ort der Erholung und Entspannung wie im 21. Jahrhundert. Im Wald lauerten die böse Hexe (Hänsel und Gretel) und der Wolf im Bett der Großmutter (Rotkäppchen). Im Wald standen die Räuberhütte (Die Bremer Stadtmusikanten) und der türlose Rapunzelturm. Vielleicht sah man im Wald aber auch ein irres Männchen um ein Feuer herumtanzen, das hinausposaunte, dass es Rumpelstilzchen heiße, was aber keiner wissen dürfe. Der deutsche Wald, ein Hort von Psychopathen und Schwerverbrechern. Und in den Wald musste auch Schneewittchen hinaus, denn die böse Stiefmutter hatte sie dort dem Jäger überlassen, der sie töten sollte. Er brachte es aber nicht über sein Herz, und Schneewittchen floh über die sieben Berge zu den sieben Zwergen.
    Diesen Fluchtweg des Schneewittchens findet man zwischen Lohr am Main und Bieber im Spessart. Es ist eigentlich ziemlich plausibel, dass die Gebrüder Grimm auf der Suche nach Stoffen für ihre Märchensammlung in Lohr auf die Schneewittchen-Geschichte gestoßen sein könnten. Lohr liegt immerhin im Einzugsgebiet der Brüder, die um Kassel und Göttingen herum ihre Märchenfindungsnetze ausgeworfen hatten. In der Märchenforschung ist es erwiesen, dass der |418| Schneewittchen-Weg historisch nicht belegt werden kann. Trotzdem gibt es große Übereinstimmungen.
    |417|
    Das Schloss in Lohr
    |418| Ich startete am Schloss in Lohr am Main. Dort residierte der Freiherr Christoph Philipp von Erthal. 1729 wurde seine Tochter, das Freifräulein Maria Sophia Margaretha Christina von Erthal geboren. Ihre Mutter verstarb früh, und der Freiherr nahm sich eine neue Frau, Claudia Elisabeth von Erthal, geborene von Reichenstein. Die war natürlich schön, aber böse. Freiherr Christoph Philipp war Direktor der Lohrer Glasmanufaktur und schenkte der bösen Stiefmutter einen prächtigen

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