Gesammelte Wanderabenteuer
wir beschlossen, am nächsten Tag gemeinsam nach Luxemburg zu fahren. Wir parkten unterhalb des Perekops und gingen in Richtung Houllay.
Doro mit dem geologischen Hammer
|404| Sehr weit sind wir nicht gekommen. Doro wandert eigentlich sehr gerne. Nur wandert sie anders als ich. Zunächst mag sie keine Gewaltmärsche und größeren Steigungen. Und vor allem interessiert sie sich für alles, was sie zu ihren Füßen findet. Bei ausgedehnten Strandwanderungen (dort sind meistens keine nennenswerten Steigungen zu verzeichnen) sammelt sie Muscheln und Steine in allen Größen und Formen. Bei unserer ersten gemeinsamen Wanderung in der Eifel suchte meine Frau, wie sie es vom Meer gewohnt war, auch an einem kleinen Flusslauf den Boden ab und entdeckte die Versteinerung einer größeren Muschel. Seit diesem Zeitpunkt wurde es zunehmend schwieriger, mit Doro längere Strecken zu gehen. Ich sehe nur Stein neben Stein und laufe weiter. Sie hat den Fossilienblick und entdeckt immerzu versteinerte Kuriositäten. Nach unserer letzten Fossiliensuchwanderung zählte Doro 306 Versteinerungen und skurrile Steine. Genau konnten wir die meisten Steine allerdings nicht zuordnen. Waren es runde Muscheln oder versteinerte Nacktschnecken? Ein Stein sah aus wie ein furchterregendes Manga, ein anderer wie ein Fat Car des Künstlers Erwin Wurm. Und auf einem Stein mit länglicher Form konnte man eindeutig das Gesicht von E.T. erkennen. Dabei ist Doro nicht kriminell. Da sie kein Steinedieb ist, hat sie ihre größten Schätze vor ein paar Jahren einem Maar-Museum in der Eifel zur Verfügung gestellt. Das sei Vorschrift, heißt es. Der Herr vom Maar-Museum nahm die Schenkung jedoch ohne ein Zeichen der Begeisterung entgegen.
Mit einem geologischen Hammer buddelt Doro die Steine aus und zerklopft sie an Ort und Stelle. So findet sie direkt heraus, ob es sich um eine fossile Versteinerung handelt. Man kann sich mit dem Hammer auch gut an Böschungen abstützen oder auch Spaziergänger vertreiben, die am Wegesrand gaffen.
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Dieses Foto entstand kurz bevor ich mich flachlegte.
Ich gebe zu, dass ich nicht immer sehr begeistert war, auf Doro zu warten. Ich wollte zügig vorankommen, sie wollte eher verweilen und nach »Kostbarkeiten« suchen. Inzwischen haben wir uns ganz gut arrangiert. Wenn ich lange Märsche unternehmen will, gehe ich eben alleine oder mit Kumpels los. Wenn ich mit meiner Frau wandere, richte ich mich einfach darauf ein. Zunächst schaue ich mich nach einem guten Platz zum Sitzen um, während Doro ihr Jagdrevier absteckt. In der Umgebung des Perekops gab es in der Mitte des Baches moosbewachsene Steine. Wenn man wandert, empfindet man die Landschaft als Film, der sich verändert und bewegt. Wenn man sitzt und mit viel Muße in die Gegend schaut, wird aus dem Film ein Standbild, ein Gemälde. Aber – das muss hier mal gesagt werden – auch an der schönsten Landschaft hat man sich irgendwann satt gesehen. |406| Am Perekop las ich Zeitung und in einem Buch. Nachdem Doro nach einer Stunde den Aesbach an dieser Stelle leergesucht hatte, gingen wir ein paar hundert Meter weiter, bis es wieder einen guten Zugang zum Bach gab. Ich streckte mich auf einer Bank aus und schlief anderthalb Stunden. Doros Beute war wieder enorm gewesen, und während ich jetzt erholt noch einige Kilometer hätte wandern können, hatte sie aufgequollene Hände und Rückenschmerzen vom ständigen Knien und Bücken. So kehrten wir direkt zum Auto zurück.
Ich kann die Luxemburger Schweiz jedem passionierten Wanderer nur ans Herz legen. Dort finden sich anspruchsvolle Wege, und auch Doro mit ihrem Faible für Geologie (dazu in einem Exkurs gleich mehr) und Fossilien kommt immer auf ihre Kosten. Und wenn man Kinder hat, sollte man die Gegend um den Roitzbachley besuchen. Das ist besser als jeder Vergnügungspark, eine wahre Achterbahntour in und auf Felsen. Die Luxemburgische Schweiz ist das schönste Wandergebiet von Luxemburg, wahrscheinlich sogar der Benelux-Staaten. Für diesen Vortrag Luxemburgs im Grand Prix d’Eurovison de la Wanderpreis gibt es von mir: 12 Points.
Aufführungslänge
14 Kilometer am ersten Tag, 500 Meter am zweiten Tag
Aufführungsdauer
3 Stunden 57 Minuten mit einer 22-minütigen Pause am ersten Tag und ungefähr 3 Stunden mit (für mich) fast 3 Stunden Pause am zweiten Tag
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»Naturpark Südeifel, topographische Karte« 1:25.000, Blatt 3 (Süd) Irrel, Echternach. Die Karte ist nicht mehr
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