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Gesammelte Werke 1

Titel: Gesammelte Werke 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Strugatzki Boris
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wunderbarste reine Luft und, Massaraksch, ein erstaunlicher Duft; nirgendwo sonst gab es den, weder im Wald noch auf dem Feld. Dieser Wanderer! Das alles hat er sich ausgedacht. Höllische Gelder sind dafür verpulvert worden, aber wie sehr man ihn hier liebt. So muss man leben, so sich einrichten! Unsummen hat es gekostet, der Schwager war damals sehr unzufrieden, ja, ist es jetzt noch. Ein Risiko? Natürlich. Der Wanderer hat etwas riskiert, aber dafür ist sein Departement jetzt auch sein Departement: Hier verrät ihn keiner, stellt ihm niemand Fallen. Fünfhundert Menschen arbeiten hier für ihn, hauptsächlich junge Leute. Sie lesen keine Zeitungen, hören kein Radio - sie haben keine Zeit dafür … Sehen Sie, diese wichtigen wissenschaftlichen Untersuchungen … Strahlung ist hier gar nicht nötig, schießt am Ziel vorbei, genauer gesagt, sie trifft ein ganz anderes. Ja, Wanderer, ich an deiner Stelle würde mir mit den Schutzhelmen noch viel Zeit lassen. Womöglich tust du das auch? Wahrscheinlich. Aber, was viel wichtiger ist: Wie kriegt man dich zu fassen? Wenn sich bloß
ein zweiter Wanderer fände … Doch ein zweites Köpfchen wie deins gibt es nirgends auf der Welt. Und das weiß er, hält ein wachsames Auge auf jeden mehr oder weniger talentierten Menschen. Nimmt ihn von klein auf unter seine Fittiche, ist nett zu ihm, entfremdet ihn seinen Eltern - und die Eltern, diese Dummköpfe, sind auch noch bis an ihr Lebensende froh darüber; und siehe da, schon hat sich ein weiterer Soldat in seine Front eingereiht … Ach, wie gut, dass der Wanderer jetzt nicht da ist, was ist das für ein Glück!
    Der Wagen hielt, der Referent riss die Tür auf. Der Staatsanwalt stieg aus und ging die Stufen zum verglasten Vestibül hinauf. Kaulquappe und seine Lakaien erwarteten ihn schon. Der Staatsanwalt drückte, gebührende Langeweile im Gesicht, Kaulquappe schlaff die Hand, warf einen Blick auf die Lakaien und gestattete ihnen, ihn zum Lift zu geleiten. Sie betraten ihn nach Protokoll: zuerst der Herr Generalstaatsanwalt, nach ihm der Herr Stellvertretende Departementsleiter, danach der Lakai des Generalstaatsanwalts und der ranghöchste Lakai des Herrn Stellvertretenden Leiters. Die Übrigen verblieben im Vestibül. In Kaulquappes Arbeitszimmer begab man sich ebenfalls förmlich: zuerst der Herr Staatsanwalt und hinter ihm Kaulquappe. Den Lakai des Herrn Generalstaatsanwalts und den Oberlakai Kaulquappes ließen sie hinter der Tür zur Anmeldung zurück. Der Staatsanwalt ließ sich sogleich matt in einen Sessel sinken; Kaulquappe hingegen wurde unruhig, drückte auf den Knöpfen an seiner Tischkante herum und befahl - als nun eine ganze Horde von Sekretären im Zimmer erschien -, Tee zu servieren.
    Um sich zu erheitern, beobachtete der Staatsanwalt Kaulquappe ein wenig. Kaulquappe machte den Eindruck, als habe er etwas verbrochen: Er vermied, seinem Gast in die Augen zu sehen, fuhr sich über die Haare und rieb sich krampfhaft die Hände; außerdem hüstelte er unnatürlich und machte andauernd sinnlose, hektische Bewegungen. So war Kaulquappe
immer. Sein Aussehen und sein Verhalten waren sein Kapital. Ständig weckte er den Verdacht, kein reines Gewissen zu haben, und zog damit ununterbrochen sorgfältigste Überprüfungen auf sich. Das Departement für soziale Gesundheit studierte jede Stunde seines Lebens. Da sein Leben aber makellos war und jede neue Überprüfung diese unerwartete Tatsache bestätigte, kletterte Kaulquappe ungewöhnlich schnell auf der Karriereleiter nach oben.
    Der Staatsanwalt wusste das alles sehr gut: Er hatte Kaulquappe schon dreimal auf die allergründlichste Weise überprüft. Und doch ertappte er sich - während er ihm zusah und sich über ihn amüsierte - bei dem Gedanken, dass Kaulquappe, dieser gerissene Kerl, bestimmt wisse, wo sich der Wanderer befand, und habe nun schreckliche Angst, man könnte ihm dieses Wissen entlocken. Der Staatsanwalt beherrschte sich nicht länger.
    »Gruß vom Wanderer«, sagte er lässig, wobei er mit den Fingern auf die Armlehne trommelte.
    Kaulquappe warf ihm einen kurzen Blick zu, senkte aber sofort wieder die Augen. »Hm, ja …« Er biss sich auf die Lippe. »Hm, gleich bringt man den Tee …«
    »Er hat darum gebeten, dass du ihn anrufst.« Der Staatsanwalt tat noch lässiger.
    »Was? Ah, gut … Der Tee wird heute einmalig. Die neue Sekretärin ist geradezu darauf spezialisiert. Das heißt also … ähm … wo soll ich ihn denn anrufen?«
    »Ich

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