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Gesammelte Werke 1

Titel: Gesammelte Werke 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Strugatzki Boris
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Gewissensbisse quälen. Maxim drückte aufs Gaspedal. Tempo, Tempo. Los, mein Guter, schneller. Die niedrige gelbe Motorhaube glitt heran, wurde größer, schon konnte er die starren grünen Augen über dem Lenkrad erkennen … Jetzt, Mak!
    Maxim spreizte die Beine, stützte sich ab, hielt einen Arm schützend vor Wildschwein und trat mit aller Kraft auf die Bremse.
    Ohrenbetäubendes Heulen und Kreischen … Dann krachte die gelbe Kühlerhaube auf seinen Kofferraum, schob sich wie eine Ziehharmonika nach oben. Glas splitterte. Maxim stieß mit dem Fuß die Tür auf und ließ sich hinausfallen, spürte furchtbare Schmerzen in der Ferse, dem lädierten Knie, seinem Arm - und hatte es sogleich vergessen, denn der Wanderer stand schon vor ihm. Unmöglich, aber es war so. Dieser Satan, dieser Satan - lang, hager, gefährlich, mit zum Schlag erhobener Hand.

    Maxim stürzte sich auf ihn, legte seine ganze Kraft in diesen Sprung, aber - daneben! Dann ein fürchterlicher Schlag gegen den Hinterkopf … Die Welt schwankte, kippte fast um, dann aber doch nicht … Und wieder stand der Wanderer vor ihm, wieder sah er den kahlen Schädel, die aufmerksamen grünen Augen, die zum Parieren des Schlags bereite Hand. Stopp, halt, er trifft daneben … He! Wohin guckt er denn? Na, so kriegst du mich nicht … Mit versteinerter Miene starrte der Wanderer über Maxims Kopf hinweg. Und schon griff Maxim ihn an, diesmal erfolgreich. Der lange Kerl knickte ein und sank langsam auf den Asphalt. Da schöpfte Maxim tief Atem und drehte sich um.
    Den grauen Kubus der Zentrale konnte man von hier aus gut erkennen, aber es war kein Kubus mehr: Vor Maxims Augen stürzte er in sich zusammen. Zitternde, glutheiße Luft stieg über ihm auf, Dampf, Rauch. Und dann zuckte etwas gleißend Weißes, dessen Hitze Maxim bis hierher spüren konnte, fröhlich und beängstigend zugleich aus den langen vertikalen Rissen und Fensterlöchern …. Gut, das war also erledigt. Triumphierend wandte sich Maxim dem Wanderer zu. Der Teufel lag auf der Seite, hatte die langen Arme über dem Bauch gekreuzt und die Augen geschlossen. Vorsichtig trat Maxim näher. Wildschwein lehnte sich aus dem verbeulten Wagen heraus, zappelte und hantierte, um ins Freie zu gelangen. Maxim blieb neben dem Wanderer stehen, beugte sich hinab und überlegte, wie er zuschlagen müsste, um ihn sofort zu töten. Massaraksch, die verfluchte Hand wollte sich nicht gegen einen Liegenden erheben. Und da öffnete der Wanderer einen Spaltbreit die Augen und krächzte auf Deutsch: »Dummkopf! Rotznase!«
    Maxim verstand ihn nicht gleich. Und als er ihn verstand, wurden ihm die Knie weich, und vor den Augen sah er schwarz …
    Dummkopf …

    Rotznase …
    Dummkopf …
    Rotznase …
    Dann hörte er aus der grauen widerhallenden Leere heraus klar und deutlich Wildschweins Stimme: »Gehen Sie zur Seite, Mak, ich habe eine Pistole.«
    Ohne hinzusehen, hielt Maxim ihn am Arm fest.
    Mühsam setzte sich der Wanderer auf, die Arme noch immer auf den Leib gepresst. »Rotznase«, zischte er erschöpft. »Stehen Sie nicht da wie ein Ölgötze. Suchen Sie einen Wagen, bisschen flott. So stehen Sie doch nicht herum, bewegen Sie sich!«
    Dumpf, wie durch Watte hindurch, schaute sich Maxim um. Die Chaussee belebte sich. Die Zentrale existierte nicht mehr - sie war zu einer Lache geschmolzenen Metalls geworden, zu Dampf, Gestank. Die Türme funktionierten nicht mehr, die Marionetten hörten auf, Marionetten zu sein. Die Menschen kamen zu sich, sahen erstaunt und finster um sich, traten neben ihren Autos von einem Fuß auf den anderen und versuchten zu verstehen, was mit ihnen geschehen war, wie sie hierherkamen und was jetzt zu tun sei.
    »Wer sind Sie?«, fragte Wildschwein.
    »Geht Sie nichts an«, keuchte der Wanderer auf Deutsch. Er hatte Schmerzen, stöhnte und rang nach Luft.
    »Ich verstehe nicht.« Wildschwein hob den Lauf seiner Pistole.
    »Kammerer«, sagte der Wanderer. »Stopfen Sie Ihrem Terroristen das Maul und suchen Sie einen Wagen.«
    »Was für einen Wagen?«, fragte Maxim hilflos.
    »Massaraksch«, ächzte der Wanderer. Irgendwie schaffte er es aufzustehen; nach wie vor gekrümmt und eine Faust gegen den Leib gestemmt, ging er mit unsicheren Schritten zu Maxims Auto und zwängte sich hinein. »Steigen Sie ein, schnell!«, sagte er ärgerlich, bereits hinter dem Lenkrad sitzend. Dann
blickte er über die Schulter zurück, auf die von Flammen rot gefärbte Rauchsäule. »Was haben Sie da

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