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Gesammelte Werke 1

Titel: Gesammelte Werke 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Strugatzki Boris
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und bringe nur mit Mühe meine Stimme unter Kontrolle. »Wir gehen jetzt hier weg.«
    »Ich mache nur die Tür auf …«
    »Wepl«, sage ich. »Du irrst.«
    »Wir irren uns nie. Ich gehe. Du wirst sehen.«
    »Du irrst dich!«, herrsche ich ihn an. »Wenn du jetzt nicht mit mir kommst, dann heißt das, dass du nicht mein Freund bist und ich dir vollkommen gleichgültig bin!«
    Ich mache auf dem Absatz kehrt und gehe. Den Scorcher, entsichert und auf Dauerentladung eingestellt, behalte in der Hand. Mein Rücken ist so groß, so breit wie die ganze Straße - und völlig ungeschützt.
    Mit äußerst unzufriedenem, mürrischem Ausdruck tappt Wepl links hinter mir her. Er knurrt und sucht Streit. Als wir etwa zweihundert Schritt von der Kabine entfernt sind, ich
mich beruhigt habe und nach Wegen suche, mich mit ihm auszusöhnen, verschwindet Wepl plötzlich. Ich höre, wie seine Krallen über den Asphalt wetzen, und da ist er auch schon bei der Kabine - zu spät, ihm hinterherzustürzen, ihn an den Hinterpfoten zu packen und ihn wegzuzerren. Mein Scorcher ist hier völlig nutzlos; der verdammte Kopfler aber öffnet die Tür einen Spaltbreit und blickt lange, endlos lange ins Innere des »Glases« …
    Ohne auch nur einen einzigen Laut von sich gegeben zu haben, schließt er die Tür und kommt zurück. Ein gedemütigter, vernichteter Wepl. Ein Wepl, der seine komplette Untauglichkeit vorbehaltlos eingesteht und deshalb in Zukunft jedwede Behandlung zu dulden bereit ist. Er kehrt zurück, setzt sich zu meinen Füßen und senkt den Kopf. Wir schweigen. Ich vermeide es, ihn anzusehen. Ich schaue auf das »Glas« und merke, wie Rinnsale von Schweiß auf meinen Schläfen trocknen, wie die Haut spannt, das quälende Zittern in den Muskeln aufhört und von einem dumpfen, ziehenden Schmerz abgelöst wird. Am liebsten würde ich jetzt zischen: »Du Mistvieh, Idiot!«, und ihm dann mit ganzer Kraft eine Ohrfeige auf seinen dummen, sturen und hirnlosen Kopf versetzen. Aber ich sage nur: »Wir haben Glück gehabt. Aus irgendeinem Grund greifen sie hier nicht an.«
    Eine Mitteilung vom Stab. Man geht davon aus, dass es sich bei »Wepls Rechteck« um den Eingang zu einem interspatialen Tunnel handelt, durch den die ganze Bevölkerung des Planeten evakuiert worden ist. Vermutlich von den Wanderern …
    Wir gehen durch einen ungewohnt leeren Stadtteil - keinerlei Getier, sogar die Mücken sind verschwunden. Mir gefällt das nicht, aber Wepl kann nichts Beunruhigendes entdecken.
    »Diesmal seid ihr zu spät gekommen«, knurrt er.
    »Ja, sieht so aus«, stimme ich zu.

    Es ist das erste Mal seit dem Zwischenfall mit der Krebsspinne, dass Wepl etwas sagt. Anscheinend möchte er lieber über etwas reden, was nicht damit zusammenhängt - ein Wunsch, der bei Wepl recht selten ist.
    »Die Wanderer «, brummt er. »Andauernd höre ich: die Wanderer , die Wanderer … Wisst ihr denn gar nichts über sie?«
    »Sehr wenig. Wir wissen, dass es eine Superzivilisation ist, dass sie weitaus mächtiger sind als wir. Wir nehmen an, dass es sich nicht um Humanoide handelt. Und wahrscheinlich haben sie schon vor sehr langer Zeit unsere ganze Galaxis erschlossen. Außerdem nehmen wir an, dass sie kein Zuhause haben - in unserem oder in eurem Sinne des Wortes. Deshalb nennen wir sie auch die Wanderer .«
    »Wollt ihr ihnen begegnen?«
    »Ja, wie soll ich es sagen … Komow würde alles dafür geben. Ich dagegen würde es vorziehen, ihnen nicht zu begegnen.«
    »Fürchtest du sie?«
    Ich habe keine Lust, über diese Frage zu sprechen. Schon gar nicht jetzt.
    »Siehst du, Wepl«, sage ich, »das ist eine lange Geschichte. Du solltest dich besser wieder ein bisschen hier umsehen. Mir scheint, du bist ein wenig unaufmerksam geworden.«
    »Ich sehe mich um. Alles ist ruhig.«
    »Hast du bemerkt, dass alles Getier verschwunden ist?«
    »Das liegt daran, dass hier des Öfteren Menschen sind«, sagt Wepl.
    »Ach so? Da hast du mich aber beruhigt.«
    »Jetzt sind keine da. Fast keine.«
    Das zweiundvierzigste Viertel geht zu Ende, und wir kommen an eine Kreuzung. Plötzlich sagt Wepl: »Hinter der Ecke steht ein Mensch. Allein.«
    Es ist ein gebrechlicher alter Mann mit einem schwarzen, fersenlangen Mantel und einer Pelzmütze, deren Ohrenklappen
unter dem struppigen, schmutzigen Bart zusammengebunden sind. Er trägt Handschuhe in leuchtend fröhlichem Gelb und alberne Stoffschuhe. Er bewegt sich nur mit großer Mühe, kann kaum einen Fuß vor den anderen setzen. Es

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