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Gesammelte Werke 1

Titel: Gesammelte Werke 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Strugatzki Boris
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einmal, wieder auf die Füße zu kommen.
    »Vorbei«, sagt Komow. »Ihr könnt weitergehen.«
    »Vielen, vielen Dank«, zischt Wepl giftig.
    Im Äther kichert jemand, der sich nicht beherrschen kann. Anscheinend Vanderhoeze.
    »Ich bitte um Entschuldigung«, sagt Komow. »Aber ich musste den Nebel auflösen.«
    Als Antwort stößt Wepl den längsten und ausgefeiltesten Fluch der Kopflersprache aus; dann steht er auf, schüttelt sich ausgiebig und erstarrt in unbequemer Haltung.
    »Lew«, sagt er. »Keine Gefahr mehr. Gar keine. Weggeweht.«
    »Wenigstens etwas«, antworte ich.
    Eine Nachricht von Espada, in der er uns eine äußerst emotionale Beschreibung des Obersten Gatta’uchs liefert. Ich sehe ihn wie lebendig vor mir: einen schrecklich schmutzigen, stinkenden Greis voller Ausschlag und Grinden. Er sieht aus, als sei er zweihundert, behauptet aber, er sei einundzwanzig. In einem fort krächzt er, hustet, spuckt aus und schnäuzt sich. Auf den Knien hält er ein automatisches Gewehr und ballert damit von Zeit zu Zeit über Espadas Kopf hinweg ins Blaue. Er hat keine Lust, auf Fragen zu antworten, stellt aber unablässig selbst welche; die Antworten hört er betont unaufmerksam an und erklärt jede zweite lauthals zur Lüge.
    Die Hauptstraße mündet in den nächsten Platz. Nein, es ist weniger ein Platz als vielmehr eine halbrunde Parkanlage. Sie liegt auf der rechten Seite; dahinter erstreckt sich ein langes Gebäude mit einer gebogenen, gelb gestrichenen Fassade mit falschen Säulen darauf. Auch das Gebüsch der Parkanlage
ist gelb, so als sei schon Herbst. Deshalb bemerke ich nicht gleich, dass in der Mitte dieses Halbrunds ein weiteres »Glas« steht.
    Es ist hell und glänzt wie neu, als wäre es erst heute Morgen zwischen den gelben Büschen aufgestellt worden. Ein Zylinder, zwei Meter hoch und etwa einen im Durchmesser, aus einem halbdurchsichtigen, bernsteinartigen Material. Er steht senkrecht, und die ovale Tür ist fest verschlossen.
    Bei Vanderhoeze an Bord flammt Enthusiasmus auf, Wepl aber demonstriert aufs Neue seine Gleichgültigkeit, ja, Verachtung gegenüber Gegenständen, für die sich »sein Volk nicht interessiert«: Er beginnt sich augenblicklich zu kratzen und wendet dem »Glas« dabei sein Hinterteil zu.
    Ich gehe einmal um das »Glas« herum, entdecke einen kleinen Vorsprung an der ovalen Tür, nehme ihn zwischen zwei Finger, ziehe die Tür einen Spalt weit auf und schaue hinein. Ein Blick reicht aus. Was ich sehe, ist entsetzlich. Abstoßend. Ungeheuerlich. Das gesamte Innere des »Glases« ist mit langen, ekelhaften und in unzähligen Gelenken eingeknickten Gliedmaßen ausgefüllt. Scheren, einen halben Meter groß, sind vorgestreckt und übersät mit Dornen. Stumpf und finster, werde ich aus einer Doppelreihe trüber, mattgrüner Augen angestarrt: eine gigantische Krebsspinne von der Pandora, in ihrer ganzen Pracht …
    Nicht die Angst ließ mich reagieren, sondern der rettende Reflex auf etwas vollkommen Unvorhergesehenes. Ehe ich wusste, wie mir geschah, stemmte ich mich schon aus ganzer Kraft mit der Schulter gegen die zugeschlagene Tür und mit den Füßen in den Erdboden, schweißnass von Kopf bis Fuß und am ganzen Leibe zitternd.
    Aber Wepl ist schon bei mir, bereit zu sofortigem, entschlossenem Kampf: Er wippt auf seinen federnden Beinen hin und her, wiegt erwartungsvoll den großen Kopf, und seine blendend weißen Zähne glitzern in den Winkeln seiner Schnauze.
Alles das dauert nur ein paar Sekunden, dann fragt er streitlustig: »Was ist los? Wer hat dir was getan?«
    Ich taste nach dem Griff des Scorchers und zwinge mich, die verdammte Tür loszulassen. Langsam gehe ich rückwärts, den Scorcher im Anschlag. Wepl folgt mir und wird dabei immer ärgerlicher.
    »Ich habe dich etwas gefragt!«, ruft er entrüstet.
    »Was denn«, presse ich zwischen den Zähnen hervor, »witterst du immer noch nichts?«
    »Wo? Etwa in der Kabine da? Dort ist nichts!«
    Vanderhoeze und seine Experten reden aufgeregt auf mich ein. Ich höre nicht auf sie. Ich weiß selbst, dass ich die Tür mit einem Balken verkeilen könnte, falls sich einer findet, oder gleich die ganze Kabine mit dem Scorcher verbrennen … Ich gehe noch weiter zurück, und lasse dabei kein Auge von der Tür des »Glases«.
    »In der Kabine ist nichts!«, wiederholt Wepl hartnäckig. »Nichts und niemand. Und das seit vielen, vielen Jahren. Soll ich die Tür öffnen und dir beweisen, dass dort nichts ist?«
    »Nein«, sage ich

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