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Gesammelte Werke 1

Titel: Gesammelte Werke 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Strugatzki Boris
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erwacht waren.
    »Wann seid ihr von hier abgereist?«
    »Heute Nacht. Alle sind abgereist, wir auch. Aber die Galeere haben wir vergessen.«
    »Warum seid ihr denn abgereist?«
    »Es gab eine Panik. Wissen Sie das denn nicht? Hier war der Teufel los! Mama ist so erschrocken, und da sagte Vater: ›Wisst ihr was, wir reisen ab und fahren nach Hause.‹ Da haben wir uns in den Gleiter gesetzt und sind geflogen … Kann ich jetzt gehen?«
    »Warte noch einen Moment. Warum hat es denn deiner Meinung nach die Panik gegeben?«
    »Weil diese Tiere aufgetaucht sind. Sie sind aus dem Wald gekommen, oder vom Fluss. Alle sind vor ihnen erschrocken und weggelaufen. Ich habe geschlafen, Mama hat mich geweckt.«
    »Und du bist nicht erschrocken?«
    Er zuckte mit den Achseln. »Na ja, am Anfang habe ich mich auch erschrocken … Ich werde geweckt, alle schreien, brüllen, alle rennen herum, und ich weiß nicht, warum.«
    »Und dann?«
    »Ich sage doch: Wir haben uns in den Gleiter gesetzt und sind geflogen.«
    »Hast du die Tiere gesehen?«
    Plötzlich lächelte er. »Ja, habe ich. Eins ist direkt durch das Fenster hereingekrochen, so eins mit Hörnern, nur, dass die Hörner nicht hart waren, sondern weich wie bei einer Schnecke, sehr ulkig …«
    »Das heißt, du selbst bist nicht erschrocken?«
    »Nein, ich sagte Ihnen doch: Ich habe mich erschrocken. Als Mama hereingerannt kam, ganz weiß, und ich dachte - irgendein Unglück, ich dachte, es ist etwas mit Papa, natürlich war ich erschrocken, warum sollte ich Sie beschwindeln?«

    »Verstehe. Aber vor den Tieren hattest du keine Angst?«
    Kir sagte ärgerlich: »Warum sollte ich mich denn vor ihnen fürchten? Sie sind doch völlig harmlos, lustig. Sie sind weich und seidig, wie Mungos, nur ohne Fellchen. Ja, sie sind groß, na und? Ein Tiger ist auch groß, soll ich mich etwa deshalb vor ihm fürchten? Ein Elefant ist groß, ein Wal ist groß. Manche Delfine auch. Diese Tiere waren jedenfalls nicht größer als Delfine, und genauso lieb.«
    Toivo schaute zu Basil. Der hörte dem sonderbaren Jungen verblüfft zu und hielt dabei sein angebissenes Brot in der Hand.
    »Und sie riechen auch gut!«, fuhr Kir begeistert fort. »Nach Beeren riechen sie! Ich denke, sie fressen auch Beeren. Man müsste sie zähmen, aber vor ihnen davonlaufen - warum?« Er seufzte. »Jetzt sind sie wahrscheinlich weg, irgendwo in der Taiga. Wen wundert’s? So, wie alle sie angeschrien, getrampelt, mit den Armen gefuchtelt haben! Natürlich sind sie erschrocken! Wie soll man sie jetzt wieder hierherlocken?« Er senkte den Kopf und hing seinen betrübten Gedanken nach.
    Toivo sagte: »Verstehe. Deine Eltern sind aber anderer Meinung, oder?«
    Kir winkte ab. »Ach die. Mit meinem Vater geht es ja noch, aber Mama sagt kategorisch: Keinen Fuß setze ich mehr dorthin, niemals, um keinen Preis! Jetzt fliegen wir auf die Pandora, zum Kurort. Aber dort gibt es ja keine … Oder doch? Wie heißen sie eigentlich, wissen Sie das?«
    »Ich weiß es nicht, Kir«, sagte Toivo.
    »Und hier ist kein Einziges geblieben?«
    »Kein Einziges.«
    »Das habe ich mir gedacht.« Kir seufzte und fragte: »Kann ich jetzt meine Galeere holen?«
    Basil war endlich zu sich gekommen. Er stand geräuschvoll auf und antwortete: »Gehen wir, ich komme mit. Ja?«, vergewisserte er sich bei Toivo.

    »Natürlich«, erwiderte Toivo.
    »Weshalb wollen Sie denn mitkommen?«, fragte Kir befremdet, doch Basil hatte ihm schon die Hand auf die Schulter gelegt.
    »Gehen wir, gehen wir«, sagte er. »Ich wollte schon immer einmal eine richtige Galeere sehen.«
    »Es ist ja keine richtige, nur ein Modell.«
    »Dann erst recht. Ich wollte schon immer einmal ein Modell von einer richtigen Galeere sehen.«
    Sie gingen. Toivo trank die Tasse Kaffee aus und verließ dann ebenfalls den Pavillon.
    Die Sonne schien schon recht warm, am Himmel war kein Wölkchen. Blaue Libellen schwirrten über das üppige Gras des Platzes. Und durch dieses Schwirren hindurch sah Toivo eine Gestalt, die sich federleicht, fast schwebend auf den Pavillon zubewegte. Es war die alte Frau, die wie ein wunderliches Taggespenst, majestätisch und mit dem Ausdruck absoluter Unnahbarkeit, so leichtfüßig auf ihn zukam, als berühre sie mit ihren Füßen nicht einmal das Gras. Ihr hochgeschlossenes, schneeweißes Kleid hatte sie mit ihrer braunen Hand, die Toivo an eine Vogelkralle erinnerte, sehr elegant hochgerafft. Sie blieb vor ihm stehen. Ihr Gesicht war braun und schmal, und sie

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