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Gesammelte Werke

Gesammelte Werke

Titel: Gesammelte Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Musil
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kurz danach ein (gegen Abend). Ulrich unwillkürlich: Hast du Agathe getroffen? Das ist nicht geschehen. Aber daß Agathe bis zuletzt da war, beruhigt seine Eifersucht. Walter etwas dicker Bauch.
    Ulrich führt ihn zu Clarisse. Clarisse sitzt irgendwo am Strand. Ulrich hat sich nicht um sie gekümmert. Walter fühlt tiefe Zusammengehörigkeit mit der Kranken und Verlassenen. Sie gehen in die Fischerhütte. Es sieht so aus, als ob sie zu dritt hier gewohnt hätten. Sie richten sich zu dritt ein. Walter sagt nichts darüber; tut, als verstände es sich «wegen Aufsicht» von selbst.
    Wie nimmt Clarisse das hin? – Das hängt auch vom Vorausgegangenen (Insel I) ab, das noch unbestimmt ist.
    Einfall: Sie beichtet. Wenn zwischen ihr und Ulrich Coit., so das; aber wahrscheinlicher (wegen Agathes Nähe) ist Coit. nur auf Andeutungen zu reduzieren, eine halbe Verführung Ulrichs durch Clarisse. Es ist also nichts vorgefallen, und es ist auch szenisch stärker, wenn sie Erfindungen beichtet und Ulrich zuhört. Als Gipfel brauchbar: Plötzlich oder stufenweise übergeht die heftige sexuelle Erregung in das mystische Gefühl der verklärten Gottvereinigung, die fast vorstellungslos ist.
    Walter glaubt wohl nicht, Ulrich gibt ihm auch ein Zeichen, aber etwas Glaubhaftes ist doch daran, gleichsam eine bloß zufällige Nichtwahrheit.
    Um Clarisse beim Auskleiden allein zu lassen, gehn sie vor die Tür, dann gegen den Strand. Walter sagt, weil er eifersüchtig ist: Es ist Wahnsinn, an der Treue eines Menschen zu zweifeln. Es gibt Lagen, wo man mit Recht ungewiß ist. Er sieht im Halblicht Ulrich von der Seite an. Aber man muß den Mut haben, sich täuschen zu lassen. Das ist so, wie eine Kugel manchmal einheilen muß. Es kann aus dieser Täuschung, die man in sich schließt, etwas Großes entstehn. Es kommt nicht nur auf Treue zwischen Mann und Frau an, sondern auch auf andere Werte.
    Er sagte nicht: Größe, aber er dachte es wohl. Er kam sich bedeutend, und vor allem männlich, vor, weil er keine Szene machte und nicht in Ulrich, drang, die Wahrheit zu bekennen. Er war irgendwie dem Schicksal dankbar für diese große Prüfung. Übergehend oder zusammengezogen mit:
    Am Rand der Melancholie der abendlichen See setzen sie sich. Sie ist der Stern meines Lebens gewesen! sagte Walter. Ulrich zuckt aber bei der Erwähnung des Namens Treue zusammen. Er ist gar nicht so großartig wie Walter.
    Walter knüpft nun an Stern meines Lebens an, führt es fort. Nun geht sie in Nacht unter, was wird folgen (aus mir werden)? Er hat in diesem Augenblick diese Wichtignehmerei seiner selbst, die sie in der Jugend hatten. Er geht aus sich heraus: Ich bin an einem kritischen Punkt. Du kannst dir nicht vorstellen, was ich in dem letzten Jahr gekämpft und gelitten habe. Schließlich ist doch mein ganzes Leben ein Kampf gewesen. Man hat sich geschlagen wie ein Toller (Tag und Nacht mit dem Degen in der Faust geschlagen)! Aber hat es einen Zweck? Ich glaube, daß ich jetzt so weit gekommen wäre, wirklich der sein zu können, der ich sein wollte; aber hat es einen Sinn? Glaubst du denn, daß wir in der heutigen Zeit irgendetwas von dem rein verwirklichen konnten, was wir als junge Leute gewollt haben?
    Ulrich saß da, in einem dunkelblauen Fischerwollsweater, er war abgemagert, und die Breite seiner Schultern trat dadurch noch mehr hervor und die sehnige Kraft seiner Arme, die er vorgebeugt auf die Knie gelegt hatte, – und er hätte am liebsten geheult bei dieser abendlichen Kameradschaft. Finster erwiderte er: Erzähl mir nichts von deinen Siegen. Du bist unterlegen und willst dich endlich ohne Scham übergeben. Du bist jetzt Anfang dreißig und mit vierzig Jahren ist jeder erledigt. Und mit fünfzig sieht er sich in einem befriedigenden Leben und wird noch dazu bald alle Plagen hinter sich haben. Es geht nur denen gut, die unterkriechen und sich anpassen! Das ist alle Weisheit des Lebens! Denen, die unterliegen, ist das bessere Teil beschieden! Und nichts ist schlimmer als Alleinsein!
    Er war niedergeschlagen. Seine Grobheit behinderte Walter nicht, es zu bemerken.
    Die eigentümliche Stimmung: Ein schwacher und ein starker Mensch ... Walter erzählt von der Bekanntschaft mit dem in seiner Nähe wohnenden Ministerialrat und seiner Aussicht auf eine Ministerialkarriere (Er hat einen letzten gefunden, dem er Eindruck macht. Der Ministerialrat erzählt ihm, daß er ihn schon lange beobachtet habe und so weiter).
    Ulrich ist verzweifelt. Es ist nur eine

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