Gesammelte Werke 6
wie Pawel Pawlowitsch in der Küche hantiert und etwas Unverständliches vor sich hin summt.
IWAN DAWYDOWITSCH einschmeichelnd: Da hatten Sie also schon begriffen, worüber Sie sprechen dürfen und worüber nicht?
SNEGIRJOW schweigt. Sein Blick wandert ratlos hin und her.
IWAN DAWYDOWITSCH : Felix Alexandrowitsch, es wird das Beste sein, wenn Sie uns von sich aus, ohne Druck, freiwillig und aufrichtig erzählen, mit wem Sie heute über Kurdjukow gesprochen haben, was Sie über ihn gesprochen haben und warum Sie das getan haben. Ich rate Ihnen dringend, bei der Wahrheit zu bleiben.
SNEGIRJOW : Du meine Güte! Als ob ich Ihnen was verheimliche. Mit wem ich über Kurdjukow gesprochen habe? Bitte. Tja, mit wem hab ich gesprochen … Mit niemandem habe ich über ihn gesprochen! Nur mit Romanjuk. Ach so, ja, natürlich! Mit Kurdjukows Frau Soja habe ich auch gesprochen. Sie sagte mir, dass ich zu ihm ins Krankenhaus fahren soll, und da bin ich hingefahren. Schluss. Das war alles!
In der Küche klappert wieder Geschirr, und Pawel Pawlowitsch kommt ins Arbeitszimmer. Er trägt eine Küchenschürze, hält in der einen Hand eine zischende Bratpfanne und in der anderen einen hölzernen Untersatz.
PAWEL PAWLOWITSCH : Ich bitte um Entschuldigung. Lassen Sie sich nicht stören. Felix Alexandrowitsch, ich habe mir ein Stück von Ihrem Schinken … Nehmen Sie’s mir nicht übel, ja?
SNEGIRJOW verwirrt: Aber ich bitte Sie … Natürlich!
IWAN DAWYDOWITSCH gereizt: Wir wollen doch bei der Sache bleiben. Fahren Sie fort, Felix Alexandrowitsch.
Snegirjow ist jedoch nicht in der Lage fortzufahren. Erschrocken und erstaunt sieht er Pawel Pawlowitsch zu. Der stellt die Bratpfanne auf dem Zeitungstischchen ab, hängt seine große, vornehme Nase darüber und entnimmt der Brusttasche seines Fracks ein flaches schwarzes Etui. Er öffnet es, fährt ein paarmal mit dem Zeigefinger darüber, stößt ein unschlüssiges »Hm …« aus und entnimmt dem Etui ein dünnes silbriges Röhrchen.
KARIERTER murmelnd: Grausiger Anblick.
PAWEL PAWLOWITSCH schraubt sorgsam die Kappe ab und lässt auf jedes Eigelb einen Tropfen fallen.
NATALJA : Riecht ja merkwürdig. Sind Sie sicher, dass man das essen kann?
PAWEL PAWLOWITSCH : Das, meine Liebe, ist Uche-tcho , wört lich übersetzt: die »Galle des Wassermanns«. Diese Mixtur ist achthundert Jahre alt, mein Kind.
IWAN DAWYDOWITSCH klopft mit dem Finger auf die Tischplatte: Genug davon! Felix Alexandrowitsch, fahren Sie fort! Worüber haben Sie mit Romanjuk gesprochen?
SNEGIRJOW reißt sich mühsam von Pawel Pawlowitschs Anblick los: Worüber ich mit Romanjuk gesprochen habe? Er hat mich gebeten, einen Artikel zu schreiben. Dringend. Noch heute. Diesen hier. Er tippt mit dem Finger auf den Papierstapel unter dem Aschenbecher.
IWAN DAWYDOWITSCH : Und was haben Sie mit Kurdjukow im Krankenhaus ausgemacht?
SNEGIRJOW : Mit Kurdjukow? Im Krankenhaus? Also … Wir haben nichts Bestimmtes ausgemacht. Er will eine Flasche Kognak springen lassen, und wir haben beschlossen, die Flasche gemeinsam zu trinken. Er wird ja wohl erst in ein paar Tagen entlassen.
IWAN DAWYDOWITSCH : Das war alles?
SNEGIRJOW : Ja.
IWAN DAWYDOWITSCH : Und deshalb sind Sie am späten Abend durch die ganze Stadt ins Krankenhaus gefahren?
SNEGIRJOW : Na … Es ist doch nicht weit. Außerdem hatte er mich darum gebeten.
IWAN DAWYDOWITSCH : Sind Sie mit Kurdjukow befreundet?
SNEGIRJOW : Aber nein! Wir sind einfach Nachbarn. Wir grü ßen einander, wenn wir uns sehen. Mal borgt er mir seinen Staubsauger, ein anderes Mal borge ich ihm meinen Schraubenzieher.
IWAN DAWYDOWITSCH : Verstehe. Aus dem, was Sie mir da erzählen, ergibt sich folgendes Bild: Ein Bekannter, der sich bereits wieder ganz wohl fühlt, bestellt Sie am späten Abend nur zu dem Zweck ins Krankenhaus, um Ihnen zu versprechen, eine Flasche Kognak mit Ihnen zu leeren. Habe ich Ihre Aussagen richtig interpretiert?
SNEGIRJOW : J-ja.
IWAN DAWYDOWITSCH : Sie brechen eine geschäftliche Besprechung mit Ihrem Auftraggeber ab, Sie vergessen, dass Sie noch die ganze Nacht hart arbeiten müssen – und wofür?
SNEGIRJOW : Aber woher sollte ich das wissen? Ich konnte das doch nicht ahnen. Seine Frau hat mir in den Ohren gelegen: ganz dringend, unbedingt noch heute!
IWAN DAWYDOWITSCH : Was haben Sie mit Kurdjukow im Krankenhaus vereinbart?
SNEGIRJOW : Nichts! Bei Gott!
Iwan Dawydowitsch dreht sich um und blickt den Karierten an. Der schüttelt den Kopf.
IWAN
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