Gesammelte Werke 6
Unsterbliche gibt.
SNEGIRJOW monoton: Er lügt.
KURDJUKOW in leierndem Ton, als parodiere er ihn: »Im Brennnesselgrund ist hinter sechs steinernen Säulen unter einem weißen Stern eine Höhle versteckt, und in dieser Höhle befindet sich die Quelle, aus der das Elixier der Unsterblichkeit in ein steinernes Gefäß tropft.«
SNEGIRJOW : Diesen Unsinn höre ich zum ersten Mal. Der ist ja total verrückt.
KURDJUKOW mit erhobenem Zeigefinger: »Nur fünf Teelöffel Elixier kommen in drei Jahren zusammen, um fünf Menschen unsterblich zu machen.«
SNEGIRJOW : Der ist aus dem Krankenhaus weggelaufen, Sie sehen ja selbst.
KURDJUKOW in normalem Ton: Er hat von Ihnen gesprochen, Magister. Und von Natalja. Von Ihnen auch, Fürst. »Den fünften aber«, sagte er, »kenne ich noch nicht.«
Alle starren Snegirjow an.
SNEGIRJOW bemüht, sich zu beherrschen: In meinen Augen ist das alles blühender Unsinn. Ein Fieberwahn. Ich weiß von nichts und verstehe kein Wort. Schon deshalb konnte ich überhaupt nicht davon sprechen.
Alle schweigen. In die Stille hinein schrillt plötzlich die Türglocke. Alle erstarren.
IWAN DAWYDOWITSCH mit einem Blick auf Snegirjow: Hm?
SNEGIRJOW lebt ein wenig auf: Ich glaube, das ist der Mann aus der Wohnung über mir. Sie machen ein bisschen zu viel Radau.
Wieder ertönt ein langes, erbittertes Läuten an der Tür.
IWAN DAWYDOWITSCH : Gehen Sie, und entschuldigen Sie sich. Aber kein Wort zu viel. Nur das Allernötigste. Rittmeister, Sie passen auf ihn auf.
In Begleitung des Karierten geht Snegirjow in den Flur. Wie sich herausstellt, steht die Wohnungstür halb offen, und an der Schwelle erkennt man undeutlich eine Gestalt in gestreiftem Pyjama. »Bürger Snegirjow, ich werde mich über Sie beschweren«, verkündet die Gestalt . »Es ist halb vier!«
SNEGIRJOW : Sergej Sergejewitsch, verzeihen Sie mir um Him mels willen. Wir haben uns wohl ein bisschen zu sehr ereifert. Nicht wahr, Rittmeister?
KARIERTER : Richtig. Wir haben uns zu sehr ereifert. Es wird nicht wieder vorkommen, ich kümmere mich persönlich darum.
SNEGIRJOW : Entschuldigen Sie bitte, Sergej Sergejewitsch! Ich spendiere mal ein Fläschchen.
SERGEJ SERGEJEWITSCH weinerlich: Felix Alexandrowitsch, ich muss um sechs aufstehen! Und Sie tragen hier Ihre gesammelten Werke vor, noch dazu dreistimmig und mit Betonung. Ich kann nicht mehr!
SNEGIRJOW : Ist oben etwa alles zu hören?
SERGEJ SERGEJEWITSCH : Als stünden Sie neben mir!
SNEGIRJOW zum Karierten: Sehen Sie? Ich habe Ihnen doch gesagt, dass es viel zu spät dazu ist.
KARIERTER : Schluss jetzt! Schluss! Sergej Sergejewitsch, wir machen sofort Schluss. Er spendiert ein Fläschchen, und ich spendiere ein Fläschchen. Und ab sofort herrscht Grabesruhe. Nicht wahr, Felix Alexandrowitsch? Grabesruhe!
SERGEJ SERGEJEWITSCH brummend: Ach, ach …
Missmutig schlurft Sergej Sergejewitsch in seinen Pantoffeln davon. Snegirjow versucht, die Tür abzuschließen, muss aber feststellen, dass das Schloss aufgebrochen worden ist.
SNEGIRJOW verzweifelt: Dieser Schweinehund! Sehen Sie sich das an, er hat das Schloss aufgebrochen!
KARIERTER mit brennender Neugier: Wer? Sergej Sergejewitsch? Wieso denn das?
SNEGIRJOW : Wie kommen Sie auf Sergej Sergejewitsch? Das war natürlich Kurdjukow, dieser Schwachkopf! Womit habe ich das nur verdient? Nehmen Sie Ihren Kurdjukow, und scheren Sie sich zum Teufel, sonst hole ich die Miliz!
KARIERTER : Nicht so laut! Und überhaupt: Was soll das? Gehen Sie rein, ich will keinen Mucks mehr hören!
Kaum hat Snegirjow sein Arbeitszimmer betreten, als Kurdjukow ihn von hinten anfällt. Er presst ihm die linke Hand auf das Gesicht, um ihm den Mund zuzuhalten, und drischt mit der Rechten, in der er das Stemmeisen hält, auf seinen Rücken ein. Das stumpfe Stemmeisen gleitet Kurdjukow aus der Hand, und es kommt nicht zum tödlichen Schlag. Snegirjow stellt Kurdjukow ein Bein, der fliegt gegen Iwan Dawydowitsch, und die beiden kippen zusammen mit dem Sessel um. Während sie mit Armen und Beinen rudern und um sich schlagen, packt der Karierte Snegirjow an den Armen und drückt ihn gegen die Wand.
PAWEL PAWLOWITSCH spöttisch: Sie sind ja ganz schön in Fahrt!
NATALJA ruht in der Pose der Madame Récamier auf der Couch: Waschlappen! Seit ich ihn kenne, ist er ein Waschlappen!
PAWEL PAWLOWITSCH : Aber Sie müssen zugeben, dass er ziem lich schnell begreift.
Iwan Dawydowitsch steht endlich auf und wischt sich angewidert die Hände ab, während
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