Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gesammelte Werke 6

Gesammelte Werke 6

Titel: Gesammelte Werke 6 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arkady Strugatsky
Vom Netzwerk:
Platinpfeife mit einer Inventarnummer aus. »Es ist niemand einzulassen. Hier ist die Liste der Personen, denen die nächtliche Benutzung des Labors gestattet ist, aber auch diese sind nicht einzulassen, weil Feiertag ist. Im ganzen Institut hat heute keine Menschenseele etwas zu suchen. Andere Seelen und Gespenster – bitte schön –, aber keine lebenden. Besprechen Sie die Dämonen am Ein- und Ausgang. Wissen Sie jetzt, worauf es ankommt? Menschenseelen dürfen nicht hinein, alle anderen nicht hinaus. Es gab da nämlich einen Prän-zen-denzfall:Ein Teufel büchste aus und stahl den Mond. Die Sache war damals in aller Munde, und sogar im Kino hat man die Geschichte ausgeschlachtet.« Er blickte mich vielsagend an und wollte plötzlich meinen Ausweis sehen.
    Ich gehorchte. Aufmerksam studierte er meinen Betriebsausweis, gab ihn mir zurück und sagte: »Alles in Ordnung. Ich hatte schon die Befürchtung, dass Sie doch bloß ein Double sind. Also. Punkt 15 Uhr endet laut Arbeitsgesetzgebung der Arbeitstag, und alle geben bei Ihnen die Schlüssel zu ihren Betriebsräumen ab. Anschließend nehmen Sie das Betriebsgelände persönlich in Augenschein. Alle drei Stunden machen Sie einen Rundgang in Sachen Selbstentzündung. Mindestens zweimal suchen Sie während Ihres Dienstes das Vivarium auf. Wenn der Aufseher Tee trinkt, ist das zu unterbinden. Wir haben Hinweise erhalten, dass es durch aus kein Tee ist, den er da trinkt. Also, unter genau diesem Akzept. Ihr Posten befindet sich im Vorzimmer des Direktors. Dort können Sie sich auch auf der Couch ausruhen. Morgen, Punkt 16 Uhr, werden Sie von Wolodja Potschkin aus dem Labor des Genossen Oira-Oira abgelöst. Alles klar?«
    »Vollkommen«, antwortete ich.
    »Ich werde Sie einmal in der Nacht und einmal bei Tage anrufen. Persönlich. Auch eine Kontrolle seitens des Genossen Kaderleiter ist möglich.«
    »Verstehe«, sagte ich und überflog die Liste.
    Der erste Name darauf war der des Institutsdirektors Janus Poluektowitsch Newstrujew, hinter dem mit Bleistift vermerkt war: »zwei Exempl.« An zweiter Stelle stand Modest Matwejewitsch persönlich, und der dritte im Bunde warder Kollege Kaderleiter, Kerber Psojewitsch Djomin. Ihnen schlossen sich Namen an, die mir noch nie untergekommen waren.
    »Irgendwas unklar?«, erkundigte sich Modest Matwejewitsch, der mich die ganze Zeit über scharf im Auge behielt.
    »Hier«, sagte ich wichtig und tippte mit dem Finger auf die Liste. »Hier sind eine Reihe von Kollegen genannt, insgesamt … äh … einundzwanzig, die ich nicht persönlich kenne. Diese Namen würde ich mit Ihnen persönlich gern noch einmal durchgehen.« Ich blickte ihm gerade in die Augen und fügte mit Nachdruck hinzu: »Damit nicht noch …«
    Modest Matwejewitsch hielt sich die Liste mit der ausgestreckten Hand vor die Nase.
    »Das hat alles seine Richtigkeit«, meinte er nachsichtig. »Sie sind nur nicht im Bilde, Priwalow. Den unter Nummer vier bis fünfundzwanzig genannten Personen wurde die Nachtarbeit postum gestattet. In Anerkennung früherer Verdienste. Jetzt verstanden?«
    Ich blinzelte verstört. Es war wirklich nicht einfach, sich an all das zu gewöhnen.
    »Gehen Sie jetzt auf Ihren Posten«, verlangte Modest Matwejewitsch von oben herab. »Ich wünsche Ihnen, auch im Namen der Verwaltung, alles Gute zum neuen Jahr und diesbezüglichen Erfolg bei der Arbeit und im persönlichen Leben.«
    Auch ich wünschte ihm diesbezüglichen Erfolg und verließ das Zimmer.
    Tags zuvor hätte ich mich noch über meine Ernennung zum Diensthabenden gefreut: Ich hatte gemeint, bei der Gelegenheit eine Berechnung für Roman Oira-Oira fertigstellen zu können. Und jetzt bemerkte ich, dass die Sache gar nicht so einfach war. Die Aussicht, eine Nacht im Institut zu verbringen, erschien mir plötzlich in anderem Licht. Ich hatte zwar auch schon früher hin und wieder bis spät in die Nacht gearbeitet, wenn die Diensthabenden, um Strom zu sparen, in jedem Korridor vier von fünf Lampen ausgeschaltet hatten, sodass ich mich an zerzausten, vor mir scheuenden Schatten vorbei zum Ausgang schleichen musste. An fangs war mir das ein Gräuel gewesen; mit der Zeit gewöhnte ich mich daran, erschrak aber fürchterlich, als ich einmal im großen Korridor – »Tsok-tsok-tsok« – ein gleichmäßiges Trappeln von Krallen hörte, mich umdrehte und hinter mir auf dem Parkett ein phosphoreszierendes Tier erblickte, das unverkennbar meinen Spuren folgte. Als man mich wieder vom

Weitere Kostenlose Bücher