Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gesammelte Werke 6

Gesammelte Werke 6

Titel: Gesammelte Werke 6 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arkady Strugatsky
Vom Netzwerk:
sich niemand – anscheinend waren die Mädchen schon gegangen. Es war 14.30 Uhr.
    Um 14.31 Uhr stürmte keuchend und polternd der berühmte Fjodor Simeonowitsch Kiwrin, ein großer Magier und Zauberer, der die Abteilung für Lineares Glück leitete, ins Vorzimmer. Er war bekannt für seinen unverbesserlichen Optimismus und seinen unerschütterlichen Glauben an eine bessere Zukunft, indes, er hatte auch eine sehr bewegte Vergangenheit. Unter Iwan dem Schrecklichen war er von seinem Nachbarn, einem Küster, als Hexenmeister denunziert und von den Opritschniki des damaligen Ministers für Staats sicherheit Maljuta Skuratow unter lautem Gejohle in einem hölzernen Badehaus verbrannt worden. Unter dem Zaren Alexej Michailowitsch dem Allersanftmütigsten hatte man ihn unbarmherzig mit Ruten gezüchtigt und seine gesammelten Handschriften auf dem bloßen Rücken verbrannt. Unter Peter dem Großen wäre er als Kenner der Chemie und des Erzbergbaus beinahe zu Ruhm und Ehre gelangt, verscherzte es sich aber mit dem Fürsten Cäsar Romodanowski und wurde zur Zwangsarbeit in eine Tulaer Waffenfabrik geschickt, floh von dort nach Indien und kam weit herum. Er war von Giftschlangen und Krokodilen angefallen worden, hatte es im Yoga durch Gleichmut weit gebracht und war auf dem Höhepunkt des Pugatschow-Aufstandes nach Russland zurückgekehrt. Sodann beschuldigte man ihn, als Heilkundiger im Dienst der Aufständischen gestanden zu haben, verurteilte ihn zum Ausreißen der Nasenflügel und verbannte ihn für alle Zeiten nach Solowetz. Auch hier in Solowetz hatte er zunächst eine Menge Ärger gehabt, bis es ihn ins FIFHUZ verschlug, wo er bald Abteilungsleiter wurde und in jüngster Vergangenheit vor allem zum Thema »Mensch liches Glück« forschte.
    »Ich g-grüße Sie!«, sagte er mit dröhnend tiefer Stimme, während er seine Laborschlüssel vor mir auf den Tisch legte. »Sie Ärmster, wie k-kommt es, dass Sie hier sind? In einer s-solchen Nacht s-sollten Sie f-feiern, ich w-werde Modest anrufen. W-was soll dieser Unfug, ich w-werde für Sie den Dienst übernehmen.«
    Für diesen Gedanken, der ihm offenbar eben erst gekommen war, war er sofort Feuer und Flamme.
    »Wo haben Sie s-seine Telefonnummer? Verflixt, ich k-kann mir keine Telefonnummern merken. War’s eins f-fünfzehn oder f-fünf elf …«
    »Nicht doch, Fjodor Simeonowitsch!«, rief ich. »Vielen Dank, aber das ist nicht nötig! Ich wollte sowieso noch arbeiten!«
    »Ach, a-arbeiten, na, d-dann ist es was anderes. D-das ist gut, d-das ist sogar sehr gut, ich g-gratuliere! Von der Elektronik habe ich k-keinen Schimmer. Ich m-müsste mich mal dahinterklemmen, stecke aber bis über b-beide Ohren in d-dem alten Kram, d-den magischen Worten, d-dem ganzen Hokuspokus m-mit den Psychofeldern und all dem p-primitiven Zeug … d-den altväterlichen Verfahren eben …«
    Ohne sich vom Fleck zu rühren, zauberte er zwei große Antonowka-Äpfel, gab mir einen, biss vom anderen die Hälfte ab und kaute geräuschvoll.
    »Verflixt, w-wieder ein madiger. Ist Ihrer g-gut? Sehr schön. Ich schaue n-nachher noch mal bei Ihnen vorbei, Sascha, w-weil mir das Befehlssystem noch nicht ganz klar ist. Ich t-trinke nur rasch einen Wodka, und dann k-komme ich. Es g-geht um den n-neunundzwanzigsten Befehl. Entweder l-lügt der Rechner, oder ich v-versteh was falsch. Ich b-bringe Ihnen einen Krimi von Gardner mit. Sie k-können doch Englisch? Der Bursche schreibt g-gut! Sein Perry Mason ist ein Fuchs, w-wissen Sie? Auch einen Science-F-Fiction- Roman bringe ich Ihnen mit, einen Asimow oder einen Brad bury …«
    Er trat ans Fenster und sagte entzückt: »Schneetreiben, Teufel noch eins, d-das gefällt mir!«
    In einen Nerz gehüllt, trat nun der schmale, elegante Cristóbal Joséwitsch Junta ein. Fjodor Simeonowitsch drehte sich um.
    »Ah, Cristo!«, rief er. »G-guck dir das an: Steinbeißer, d-dieser Esel, s-setzt in der Silvesternacht einen jungen Mann a-als Diensthabenden ein. Schicken wir ihn nach Hause, b-bleiben wir b-beide hier, erinnern uns der alten Zeiten und t-trinken einen Schluck, na? Was s-soll er sich hier langweilen? S-soll lieber tanzen gehen und m-mit Mädchen …«
    Junta legte seine Schlüssel auf den Tisch und sagte verächtlich: »Der Umgang mit Mädchen bereitet nur dann Vergnügen, wenn man dazu Hindernisse überwinden muss.«
    »Na, und o-ob!«, dröhnte Fjodor Simeonowitsch. »Sein Blut v-vergießt der Caballero f-für die Damen vehement … Wie heißt’s doch g-gleich

Weitere Kostenlose Bücher