Geschenke für den Kommissar - Kriminalroman
weiterkam?“, formulierte sie vorsichtig.
„Ich bekam so ein seltsames Gefühl“, erklärte Gehring dann, „als Reichard die Pakete mit einem Mal als Nichtigkeit abtat. Obwohl man mit ihnen offensichtlich eine Verbindung zum Fall hätte herstellen können. Wenn – zugegebenermaßen – auch ziemlich an den Haaren herbeigezogen. Genau das hast du ja bereits gesagt, als ich die Idee dieser Tage schon einmal hatte. Nur eben in einem anderen Zusammenhang. Nehmen wir mal die Laufschuhe, nur zum Beispiel. Das Mordopfer war Jogger. Dann die Buntstifte und der Tuschekasten: Der Tote hat gemalt. Und der Umschlag im zweiten Paket passt ja auch irgendwie zum Geschehen.
Irgendwann war Reichard klar, dass ich angebissen hatte. Das war das Gute. Jetzt musste er diese Paketgeschichte wieder loswerden, und er versuchte, die Sache als einen Scherz eines gedankenlosen Spaßvogels hinzustellen. Als ich ihm aber dann irgendwann unmissverständlich mitgeteilt hatte, dass ich mich aus der Sache raushalten möchte, kam kurz darauf das zweite Paket.“
„Krass!“
Dieses Wort kannte er nicht aus dem Mund seiner Frau. Aber es passte. Und eigentlich hätte er wütend sein müssen, dachte Gehring. Doch dann bedauerte er seinen ehemaligen Kollegen. Nun, es war ja nichts passiert. Diese Geschichte ließe sich einfach und unbürokratisch aus der Welt schaffen. Das musste ja niemand erfahren.
Wichtiger war es, Habichts Mörder zu fassen. Und die Hintergründe für den heimtückischen Anschlag auf Berwald herauszufinden.
Dienstag, 3. Juli
Vormittag
16
Gehring schmunzelte, als er Reichards Eifer spürte. Er versuchte erst gar nicht, den Redefluss zu unterbinden, der jählings über ihn hereingebrochen war, als er das Telefon abgehoben hatte. Reichard war wie elektrisiert von der Vorfreude, die ihn erfasst hatte. Er musste dem alten Chef von seinen Erfolgen berichten. Immerhin war einiges ins Rollen gekommen. Anhand der Fakten hatte der Kommissar den Richter überzeugen können, und auch der Staatsanwalt hatte mitgespielt, was den DNA-Abgleich betraf.
„Alle haben sich total reingehängt, Chef“, berichtete er stolz. „Und Herr Schönhals ist auch wieder da. Also, Herr Gehring, ich muss schon sagen, Sie haben wieder einmal recht gehabt. Auf dem gelben Schlüsselanhänger befand sich unter anderem auch ein Fingerabdruck, der mit dem von der Patronenhülse übereinstimmt, die wir nach dem Mord am Waldsee gefunden haben.“ Reichard verschnaufte kurz, dann fuhr er fort. „Ich frage mich allerdings, was das zu bedeuten hat. Und wie Frau Berwald an diese Waffe gekommen ist. Ob sie nicht doch auf ihren Mann geschossen hat?“
Er brach kurz ab. „Einen Augenblick, Herr Gehring. Ich bekomme hier gerade eine Info aus der Technik.“
Reichard legte den Hörer hin und nahm einige Papiere entgegen. Sein Gesicht hellte sich auf, als er die passenden Erläuterungen dazu bekam. Er bedankte sich überschwänglich, verabschiedete den Überbringer und hielt den Hörer wieder ans Ohr.
„So. Eben habe ich das Ergebnis des DNA-Abgleichs bekommen. Jetzt halten Sie sich fest. Wilhelm Berwald ist nicht der Vater von Martin Berwald.“
Gerade wollte er wieder in seinen Ratespiel-Modus verfallen, da erinnerte er sich an den Widerwillen seines ehemaligen Chefs gegen diese Art der Mitteilung. Bevor Gehring weiter nachfragen konnte, sprach er daher weiter. „Mit dem richtigen Vater können wir leider nicht mehr sprechen.“ Er machte eine winzige Kunstpause, um den folgenden Worten die richtige Wirkung zu verleihen. Schnell bemerkte er seinen Fehler. Gehring stieß in die Lücke und brachte die Erklärung selbst zum Ende.
„Richtig, Reichard. Weil er nämlich Walter Habicht heißt und am Waldsee zwischen Fechenheim und Bischofsheim erschossen wurde. Und zwar mit der Waffe, die Frau Berwald bei sich hatte.“
Harald Reichard schwieg beleidigt. Dann nahm er sich zusammen und gestand sich ein, dass Gehring die ganze Zeit schon Derartiges geahnt haben musste. Mit einem Mal traf ihn der Gedanke wie ein Blitz. Der Nebel in seinem Kopf riss auf und ein heller Strahl warf sein Licht auf die Tatsachen. So könnte es gewesen sein. Nein, falsch – so
war
es gewesen.
„Ich glaube, eben habe ich es verstanden“, sprudelte es Georg Gehring aufgeregt ins Ohr. „Vielen Dank für die Hilfe, Herr Gehring. Ich melde mich wieder.“
Gehring schaute noch einige Zeit verdutzt auf den Hörer, nachdem Reichard aufgelegt hatte.
Dienstag, 3. Juli
Baumertstraße in
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