Geschenke für den Kommissar - Kriminalroman
Fechenheim
17
Wilhelm Berwald hatte kaum geschlafen. Neben seinen Sorgen um die Firma war ihm vieles durch den Kopf gegangen, das ihn wach gehalten hatte. Marianne Giebitz hatte ihm berichtet, was in ihrer Wohnung vorgefallen war. So hatte er erfahren, dass seine geschiedene Frau derzeit in Untersuchungshaft saß.
Gegen sieben Uhr dann, als sich sein Radiowecker einschaltete, hatte ihn der Schlaf doch noch übermannt. Er registrierte weder die Nachrichten noch die Musik. Nachdem er gegen zehn Uhr schweißgebadet aufgewacht war, hatte er sich in aller Schnelle einen Kaffee aufgesetzt und war unter die Dusche gesprungen. Gefrühstückt hatte er nicht, er brachte keinen Bissen hinunter. Er fühlte sich erschöpft, auch der Kaffee hatte ihm nicht recht auf die Beine geholfen. Das starke Gebräu hatte ihn lediglich aufgewühlt, ihn noch nervöser und fahriger werden lassen. Eine gute Stunde hatte er dann damit verbracht, vor sich hinzubrüten.
Das plötzliche Schrillen der Türklingel ließ ihn hochfahren. Für einen Moment begrüßte er es fast, dass ihn etwas aus seiner Lethargie riss. Dass er etwas tun bekam, ohne selbst eine Entscheidung treffen zu müssen. Als er die Wohnungstür öffnete und Kommissar Reichard und seinen neuen Chef ins Treppenhaus treten sah, wich das Blut aus seinem Gesicht. Er versuchte, sich zu sammeln, straffte seinen Körper und bemühte sich, mit fester Stimme zu sprechen. „Ach, die Herren Kommissare. So früh schon unterwegs für die Gerechtigkeit?“, begrüßte er seinen Besuch jovial. „Immer herein mit Ihnen. Kommen Sie.“
Er wies mit der Hand den Weg zum Wohnzimmer und bedeutete ihnen, Platz zu nehmen.
Hauptkommissar Schönhals bezog in förmlich steifer Haltung Stellung auf der Couch, Reichard platzierte sich bequem gegenüber auf einem der beiden Sessel und schlug die Beine übereinander. Wilhelm Berwald lehnte mittlerweile am Wohnzimmerfenster und versuchte nervös, Augenkontakt mit den Polizisten zu vermeiden. Für einige Momente herrschte unangenehme Stille. Berwald gab als Erster auf. Er räusperte sich umständlich. „Wie kann ich Ihnen helfen?“, durchbrach er schließlich das Schweigen.
„Nun“, eröffnete Schönhals mit einer hinterhältigen Harmlosigkeit, die ihm Kommissar Reichard überhaupt nicht zugetraut hatte, „es ist eigentlich nur eine Kleinigkeit, die uns zu Ihnen führt. Sehen Sie, uns würde der Grund interessieren, aus dem Sie gemeinhin verbreiten, Ihre Ex-Frau sei nicht mehr am Leben.“
Es war, als hätte jemand das Licht im Zimmer ausgeknipst. „Ich wüsste nicht, was Sie das angeht“, klirrte Berwald frostig.
„Na ja“, übernahm Reichard. „Wir sind die Polizei. Und wir haben einen unaufgeklärten Mord, einen Mordanschlag und jede Menge, sagen wir mal, Ereignisse, die vielleicht damit in Verbindung stehen. Und, ganz ehrlich, Herr Berwald, wir tappen da noch ziemlich im Dunkeln.“ Er setzte ein betretenes Gesicht auf. „Natürlich sollte das Verhältnis zu Ihrer Ex-Frau für uns tabu sein. Sie haben völlig recht. Normalerweise. Aber wir müssen uns alles ganz genau ansehen.“
„Ich verstehe“, kam es immer noch etwas verstimmt zurück. „Wissen Sie, Lisa und ich, wir hatten uns auseinandergelebt. Ich muss zugeben, es gab auch schon mal Streit. Aber das ist doch normal, oder? Wir haben uns damals jedenfalls getrennt. Und meine – wie soll ich sagen – Reaktion, ist einfach ein Zeichen dafür, dass Lisa für mich, wie man so schön sagt, gestorben ist. Das ist alles.“
„Ja. Natürlich. Das kann ich gut nachvollziehen“, erwiderte Harald Reichard verständnisvoll.
Schönhals lehnte sich zurück und fixierte Wilhelm Berwald. „Vielleicht interessiert es Sie aber trotzdem, dass wir bei Ihrer Ex-Frau eine Waffe gefunden haben. Und zwar die Waffe, mit der Herr Habicht erschossen wurde.“ Er setzte ein ausdrucksloses Gesicht auf, als er noch fragte: „Können
Sie
sich darauf einen Reim machen?“
Berwald riss die Augen auf. „Was haben Sie? Aber, bedeutet das, dass Lisa ... nein, das glaube ich nicht. Obwohl ...“, er ließ eine Pause entstehen, „ach, nein, das ist Unsinn!“, winkte er dann ab.
„Obwohl – was?“ Schönhals formulierte eine Spur schärfer.
„Nein, nichts. Vergessen Sie’s. Das hat bestimmt nichts zu bedeuten. Und es ist auch schon ewig her.“
Berwald brach ab und schien nachzudenken. Die Kriminalbeamten warteten ab. Schließlich entschied sich Berwald, weiterzureden. „Na gut, meinetwegen. Ich
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