Geschenke für den Kommissar - Kriminalroman
Sie haben Glück. Ich bin in einer Viertelstunde bei Ihnen.“
Gehring war begeistert, als er in die Plastiktüte schaute, die Karlo vor ihm auf den Küchentisch gelegt hatte. Nicht begeistert war er, als seine Frau ein Bier vor Karlo abstellte. Gehring hatte es eilig, wollte gleich weiter, um seinem Ex-Kollegen seine „Beute“, wie er es insgeheim nannte, nebst den vorläufigen Ergebnissen seiner Vermutungen zu präsentieren. Er stand deshalb auch demonstrativ auf und zog seine Schuhe an, bevor er Reichard anrief.
„Bleiben Sie, wo Sie sind“, verordnete Gehring dem Kommissar gerade, als ihm ein weiterer Verdacht kam. Allerdings in eine ganz andere Richtung und er änderte schnell seine Gesprächsstrategie. „Es wird nicht lange dauern. Dann können Sie den Abend mit Ihrer Frau genießen. Sie ist doch zu Hause, oder?“
„Ja, schon“, erwiderte der hörbar verwirrte Reichard, „wieso?“
„Ich fahre sofort los“, würgte Gehring die Frage ab. „Bin gleich bei Ihnen.“
Er wandte sich Karlo zu. „Ich bringe das hier“, er schwenkte die Plastiktüte hin und her, „schnell ins Präsidium. Und Sie, Herr Kölner, Sie tun mir mittlerweile bitte noch einen riesengroßen Gefallen. Ihr Bier können Sie meinetwegen danach austrinken.“
Gehring achtete nicht auf das entrüstete Gesicht seiner Frau, die diese offensichtliche Unhöflichkeit zu verurteilen schien, und verließ kurz das Zimmer. Als er zurückkehrte, hielt er eine blaue Kunststoffwanne in den Händen. Karlo erriet sofort, um was es sich handelte. Es schien der Inhalt der seltsamen Geschenkpakete zu sein, die Gehring in den letzten Tagen erhalten hatte. Gehring stellte die Wanne ab und erläuterte dem verdutzten Karlo den Inhalt.
„Hier. Schauen Sie es sich auch mal ganz genau an. Ich habe da eine Ahnung, was das alles zu bedeuten hat. Will aber sichergehen, mich nicht zu blamieren“, bemerkte er verschämt. „Die Wanne ist doch nicht zu groß für Ihren Seitenwagen?“ Dann erklärte er Karlo den Auftrag.
Bevor Gehring die Wohnung verließ, hielt Karlo ihn noch zurück. „Herr Gehring. Hier. Ich habe doch noch was für Sie. Hätte ich beinahe vergessen.“
Karlo hielt dem Ex-Polizisten einen offenen Briefumschlag hin. Gehring schaute hinein und erkannte einen länglichen Schlüsselanhänger aus gelbem Plastik, an dem ein Etikett befestigt war. Auf dem Etikett stand „Keller“.
„Versuchen Sie es mal hiermit. Sie wissen schon. Wollen Sie mir nicht sagen, warum ...“
„Immer langsam, Herr Kölner. Ich muss selbst erst das Ergebnis abwarten.“
Auf der Fahrt ins Präsidium hielt Georg Gehring verbotenerweise sein Handy ans Ohr und kündigte Kommissar Reichards erstaunter Ehefrau an, dass sie gleich einen ungewöhnlichen Besuch abgestattet bekäme.
Samstagnachmittag, 30. Juni
Polizeipräsidium
15
Reichard lauschte seinem Ex-Chef enthusiastisch. Endlich tat sich wieder was.
Gehring entnahm der Plastiktüte, die Karlo mitgebracht hatte, eine Art Kulturbeutel. „Hier haben wir einen Beutel mit Waschzeug, Zahnputzzeug und einer Haarbürste“, erläuterte er dem Kommissar. Man wird darauf mit Sicherheit Fingerspuren des Mordopfers, Herrn Habicht, finden. Außerdem sollten wir DNA von ihm entdecken. Es wäre weiterhin hilfreich, wenn im Bericht stünde, dass
Sie
diese Sachen im Müll von Kölners Wohnung sichergestellt haben.“
Er rieb seine Nasenspitze und hoffte, er müsse Reichard diesen Hinweis nicht näher erklären. „Zuerst brauchen wir also eine vergleichende DNA-Analyse. Um sicherzugehen. Sie ahnen bestimmt, auf was ich hinaus will“, befand der Ex-Kriminalbeamte. „Sie sollten deshalb schnellstens einen richterlichen Beschluss erwirken. Klemmen Sie sich am besten selbst dahinter, sonst dauert das zu lange. Aber das wissen Sie ja selbst, Sie sind ja vom Fach. Und, ehe ich’s vergesse: Sie müssen sich von Berwalds Sohn Martin ebenfalls eine DNA-Probe besorgen.
Dann würde ich vorschlagen, dass Sie mit Leibach und auch mit Kirchner reden, aber unabhängig voneinander. Führen Sie ihnen vor Augen, dass gegen sie nicht nur Anklage wegen der Einbrüche und der versuchten Tötung an Herrn Kölner erhoben wird, sondern dass wir auch noch wegen Mordverdacht an Herrn Habicht und versuchtem Mord an Herrn Berwald gegen sie ermitteln. Und wenn sie nicht gleich reden wollen, lassen Sie sie eine Weile schmoren. Ich gebe zu, es kann gut sein, dass das nichts bringt. Aber vielleicht hat einer der beiden irgendwas mitgekriegt, von dem
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