Geschichte der Entdeckung und Eroberung Perus
nöthigen Zusammenhanges der Thatsachen einige Worte
über Vasco Nuñez und seine Abenteuer vorangeschickt werden.
Vasco Nuñez de Balboa, zu Xerez de los Caballeros in der Provinz Estremadura um das Jahr 1475 geboren, hatte bereits als Jüngling,
um seinen leichtsinnig zerrütteten Vermögensumständen wieder aufzuhelfen, an der Reise des berühmten Seefahrers Rodrigo de
Bastides nach Südamerika (1500 – 1502), auf welcher die Küstenstrecke vom Cabo de la Vela bis nach Puerto del Retrete unter
dem zehnten Grade nördlicher Breite entdeckt undder Golf von Darien näher untersucht wurde, Theil genommen und nicht unbeträchtliche Schätze erworben. Auch diese vergeudete
er auf Hispaniola, wo er sich als Pächter niederließ, und stürzte sich wieder so tief in Schulden, daß er seinen Gläubigern
auf keine andere Weise zu entgehen wußte, als daß er sich in einem Fasse auf das Fahrzeug des Licentiaten Martin Fernandez
de Enciso, welches nach der neu angelegten Pflanzstadt St. Sebastian auf der östlichen Spitze des Golfs von Darien mit einer
Ladung Lebensmittel unter Segel ging (1510), bringen ließ. Da er in Folge der strengen Gesetze, die man auf Hispaniola zum
Schutze der Gläubiger eingeführt hatte, der Todesstrafe verfallen war, so wagte er erst auf der hohen See aus seinem Verstecke
hervorzukriechen und sich dem Enciso vorzustellen. Dieser, über den Betrug entrüstet, wollte ihn auf eine wüste Insel aussetzen,
ließ sich aber doch endlich durch seine Bitten bewegen, ihn nach St. Sebastian mitzunehmen.
Über diese von dem kühnen Abenteurer Alonzo de Ojeda im Jahr 1509 gegründete Colonie war unterdessen großes Unheil hereingebrochen.
Mangel an Lebensmitteln und die beständigen Angriffe der Eingeborenen bewogen endlich den Befehlshaber Francisco Pizarro,
dessen Name später durch die Eroberung Perus eine so große Berühmtheit erhielt, sich mit dem Reste der Mannschaft auf zwei
Brigantinen einzuschiffen. Die eine derselben versank auf der hohen See mit allen darauf befindlichen Leuten, die andere von
Pizarro geführte begegnete dem Schiffe Enciso's, welcher sie zwang mit nach St. Sebastian zurückzukehren. Beim Einlaufen in
den Golf von Darien scheiterte das eine mit Lebensmitteln beladene Schiff, und als man endlich die Colonie erreichte, waren
die Verschanzungen zerstört und die Wohnungen niedergebrannt. Ohne Obdach, ohne hinreichende Nahrung und in beständiger Furcht
vor den vergifteten Pfeilen der Wilden verloren die unglücklichen Abenteurer bald den Muth und verzweifelten schon an der
Möglichkeit ihrer Rettung aus diesem Elend, als Vasco Nuñez de Balboa hervortrat und sie durch die Nachricht frisch belebte,
daß er schon früher mit Rodrigo de Bastides diesen Meerbusen besucht und an der Mündung eines großen Flusses ein schönes Dorf,
wo Lebensmittel im Überfluß und die Pfeile der Bewohner nicht vergiftet gewesen, gesehen habe. Man setzte ohneVerzug über den Meerbusen, dessen Breite hier nur sechs Meilen betrug, und lief in den Fluß Darien ein, wo man alles so,
wie es Vasco Nuñez beschrieben, aber auch die kriegerischen Bewohner schon in Schlachtordnung aufgestellt fand. Enciso, welchem
jetzt nur die Wahl zwischen einem verzweifelten Kampfe und einer schmachvollen Heimkehr blieb, gelobte der heil. Jungfrau
Maria del Antigua von Sevilla, wenn er durch ihren Beistand siege, die zu gründende Colonie nach ihr zu benennen, und ließ
seine Leute schwören, lieber zu sterben als dem Feinde den Rücken zu wenden. Darauf griff er mit verzweifeltem Muthe die Indianer
an, welche aber erst nach tapferer Gegenwehr die Flucht ergriffen und ihr Dorf preisgaben, wo man eine Menge Lebensmittel
und eine ansehnliche Beute an Gold fand. Man erfüllte nun das Gelübde, nannte die neue Colonie Santa Maria del Antigua und
erholte sich von den ausgestandenen Mühseligkeiten.
Die Eintracht dauerte aber unter den habgierigen Abenteurer nur sehr kurze Zeit; der erste Befehl Enciso's, welcher allen
seinen Leuten verbot auf eigene Rechnung Goldhandel mit den Eingeborenen zu treiben, brachte alle gegen ihn auf. Vasco Nuñez,
welcher schlau dieses Mißvergnügen zu benützen wußte, rastete nicht eher, bis Enciso im Gefängniß lag und er seine Stelle
einnahm. Enciso brachte es zwar später dahin, daß man ihn nach Spanien entließ, wo er Klage über seine unwürdige Behandlung
führte und, wie wir sehen werden, später den Untergang seines
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