Geschichte der Entdeckung und Eroberung Perus
überschwemmten Insel, und die Canots waren zum Theil durch den Sturm zertrümmert oder mit Sand und Steinen
gefüllt; Lebensmittel und Gepäck hatten die Fluthen hinweggespült. Man fand in dieser Noth kein anderes Rettungsmittel als
Baumrinden mit Kräutern vermischt zu kauen und damit die Lecke der nicht völlig unbrauchbar gewordenen Canols auszustopfen.
Auf diesen zerbrechlichen Fahrzeugen steuerte man dem Lande zu und die Indianer schwammen voraus. Abgemattet und vom Hunger
geplagt erreichten die Spanier glücklich die Küste, wurden aber hier von einer Menge bewaffneter Indianer unter ihrem Caziken
Tomaco angegriffen. Ihre Wuth über diese Frechheit war gränzenlos, und sie richteten in kurzer Zeit ein solches Blutbad unter
den Feinden an, daß der Cazike verzweiflungsvoll um Frieden bat und seinen Sohn mit einer Menge Lebensmittel und einem reichen
Geschenke an Gold und Perlen zu Vasco Nuñez schickte. Bei dem Anblick so großer Schätze vergaß dieser sogleich allen Groll
und wußte alsbald durch freundschaftliches Benehmen und einnehmende Behandlung völlig zu gewinnen. Die Perlen, zweihundert
und vierzig an der Zahl, waren von ungewöhnlicher Größe, aber nur etwas matt, weil die Indianer die Muscheln ans Feuer brachten,
um sie zu öffnen. Als Tomaco bemerkte, mit welcher Bewunderung die Spanier diese ihm so gleichgültigen Dinge betrachteten,
ließ er ihnen in nicht mehr als vier Tagen an zwölf Mark Perlen fischen, und betheuerte ihnen, daß der Cazike einer fünf Meilen
entfernten Insel deren noch weit größere besitze, und daß man an der ganzen Küste, welche sich sehr weit nach Südenhin erstrecke, Gold und andere Schätze in großem Ueberflusse finde, daß er ihnen aber rathe, zu dieser Fahrt eine Jahreszeit
abzuwarten, in der das Meer weniger ungestüm sey. Vasco Nuñez, durch die glücklich überstandene Gefahr klüger gemacht, folgte
diesem guten Rathe und kehrte nach der Colonie zurück. Um das Land näher kennen zu lernen, schlug er einen andern Weg ein,
der ihn aber ebenfalls durch unwirthliche Berge und wilde Völkerstämme führte, auf welchem sich seine Leute gewöhnlich mit
den Waffen in der Hand Bahn machen und unsägliche Mühseligkeiten erdulden mußten. Am 29 Januar 15l4 traf das kleine Häuflein
glücklicher Abenteurer mit einer Beute von mehr als vierzig tausend Pesos Gold in Santa Maria ein.
3. Anklage und Hinrichtung des Vasco Nuñez. Die Eroberer Peru's, Francisco Pizarro und Diego de Almagro. Ihr Charakter.
Vasco Nuñez schickte nun sogleich einen seiner Freunde nach Spanien, um dem Könige Nachricht von der wichtigen Entdeckung
zu geben und ihm eine große Summe Gold und die schönsten Perlen zu überbringen. Der Hof erkannte die Verdienste Vasco's freudig
an und hätte sie vielleicht auch belohnt, wenn nicht bereits zwei Monate früher, als die Kunde von dem schlimmen Betragen
Vasco's durch die Klagen des von ihm vertriebenen Enciso nach Spanien gelangte, zur Rettung der Colonie Pedrarias de Avila,
ein am Hofe sehr beliebter Edelmann, zum Statthalter von Darien ernannt und eiligst dorthin gesendet worden wäre. Bei ihm
befand sich Enciso als Oberrichter. Als der Statthalter mit seiner Flotte, welche zweitausend Mann Kriegsvolk an Bord hatte,
bei Santa Maria landete und von Seiten Vasco's Nuñez einen hartnäckigen Widerstand erwartete, war er nicht wenig überrascht,
als dieser ihm alsbald entgegenkam und erklärte, daß er sich in allem den Befehlen des Königs unterwerfe. Nicht weniger war
er erstaunt über die Einfachheit des berühmten Mannes, welcher in einem Wamse von Baumwolle, schlechten Beinkleidern und Schuhen
aus Binsen einherging und in einer elenden, mit Baumblättern bedeckten Hütte wohnte. Aber grade diese schlichte Lebensart
und sein gerades Benehmen hatten ihm sowohl die Liebe der Colonisten als auch der Indianer im höchsten Grade erworben, und
es wäre ihm ein leichtes gewesen dem Statthalter die Landung und den Eintritt in seine glückliche Colonie zu verwehren. Pedrarias
war nun zwar überaus froh, so leicht zum wirklichen Besitze der ihm übertragenen Stelle zu gelangen, sah aber mitunverkennbarem Neid die hohe Achtung, welche Vasco Nuñez genoß und beschloß seinen Untergang. Man klagte ihn des Hochverrathes
und vieler anderer Verbrechen an und verurtheilte ihn zum Tode. So fiel das Haupt eines der tapfersten Männer, welche Spanien
in der neuen Welt zählte, und der sicher Peru entdeckt
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