Geschichte der Entdeckung und Eroberung Perus
seinem Unterhalte nicht bedürfe; trügen sie aber so großes Verlangen nach diesem Metalle, so wolle
er ihnen eine hinreichende Menge aus einem nahen Gebirge holen und sein Weib und seine Söhne als Geiseln zurücklassen. Die
Spanier gingen bereitwillig auf dieses Anerbieten ein und ließen ihn ziehen; als sie aber mehrere Tage auf seine Rückkehr
vergebens gewartet hatten, sahen sie erst ein, daß sie von dem Wilden, dessen Weib und Söhne sich ebenfalls durchzuschleichen
gewußt hatten, überlistet waren. Sie zogen darauf noch einige Zeit in der von den Einwohnern verlassenen Gegend umher und
kehrten dann nach der Colonie zurück. So endete die Expedition nach dem Goldtempel.
Die Caziken des ganzen Landes hatten sich unterdessen zur Vertilgung der Colonie, von welcher aus alles Unheil über sie kam,
verschworen und ein großes Heer versammelt; Vasco Nuñez erspähte aber den rechten Augenblick, überfiel sie unversehens und
richtete ein furchtbares Blutbad unter ihren Leuten an. Nachdem er sie auf diese Weise gezüchtigt und die Colonie wenigstens
auf einige Zeit gesichert hatte, entschloß er sich endlich den vielversprechenden Zug nach Süden, über welchen er Tag und
Nacht nachsann, zu unternehmen. Nachdem er die nöthigen Vorbereitungen getroffen und seine Mannschaft, welche aus hundert
undsechzig gutbewaffneten Leuten bestand, durch die Aussicht auf großen Gewinn angefeuert hatte, schiffte er sich am 1 September
1513 mit dem jungen Caziken Comagre, der ihm als Führer dienen sollte, ein und begab sich zur See in das Land des Caziken
Careta. mit welchem er ein Bündniß geschlossen hatte. Von hier aus nahm er seinen Weg nach den Bergen hin und kam in das Gebiet
des Caziken Ronca, welcher sich bei der Annäherung der Spanier verbarg, aber endlich auf die gütliche Vorstellung des Vasco
Nuñez aus seinem Schlupfwinkel hervorkam und sich die Freundschaft desselben durch reiche Geschenke an Gold erwarb. Mehr Muth
zeigte im Gebirge, in welches die Abenteurer bereits eingerückt waren, der Cazike Quaraqua, erlitt aber eine furchtbare Niederlage
und mußte die Schätze seines Landes preisgeben. Nach einem Marsche von fünfundzwanzig Tagen langte man endlich an dem Fuße
des hohen Berges an, von wo aus das große Meer sichtbar seyn sollte. Als man beinahe den Gipfel des Berges erreicht hatte,
befahl Vasco Nunez allen seinen Begleitern zurückzubleiben und ging allein voran, um zuerst den lang ersehnten Anblick zu
genießen. Als er nun wirklich den unermeßlichen Ocean zu seinen Füßen sich ausdehnen sah, fiel er auf die Knie, erhob die
Hände zum Himmel und dankte Gott für die ihm geworbene große Gnade. Seine Leute eilten auf dieses Zeichen freudetrunken herbei
und wiederholten zum Erstaunen der Indianer das Dankgebet ihres Anführers auf dieselbe Weise. Sodann fällten sie einen schönen
Baum, bildeten daraus ein Kreuz, richteten es an der Stelle, wo Vasco Nunez zuerst das Südmeer erblickt hatte, in der Mitte
eines großen Steinhaufens auf, und schnitten in die Rinde der nächsten Bäume den Namen des Königs Ferdinand von Spanien. Noch
an demselben Tage rückte Vasco Nuñez bis zum Gestade vor, ging, das Schwert in der einen und das Schild in der andern Hand,
bis zum Gürtel in das Meer und sprach zu den am Ufer stehenden Spaniern und Indianern: »Ihr seyd Zeugen, daß ich für die Krone
von Castilien Besitz von diesem Theile der Welt nehme; ich werde ihr mit diesem Schwert diese Erwerbung zu erhalten wissen.«
Diese Besitznahme der Südsee und der an ihr liegenden Länder für Spanien fand am 26 Sept. 1513 statt.
Nachdem Vasco Nunez einige Caziken, welche sich ihm feindlichentgegenstellten, gezüchtigt und unterworfen hatte, schiffte er sich mit seinen Leuten auf neun Canots ein, um die Küste
des großen Golfs, an welchem er sich befand und dem er den Namen St. Miguel beilegte, näher in Augenschein zu nehmen. Kaum
hatte er aber das Ufer verlassen, als ein furchtbarer Sturm sich erhob und ihn in die größte Gefahr brachte. Nur die Geschicklichkeit
der Indianer, welche die Canots je zwei und zwei aneinander befestigten und sie zwischen vielen kleinen Inseln hindurch an
den Ankerplatz eines größern Eilandes zu führen wußten, rettete die nichts anderes als ihren Untergang erwartenden Spanier.
In der Nacht trat zwar besseres Wetter ein, aber am Morgen sah man außer den Felsen, worauf man sich gerettet hatte, nichts
mehr von der durchaus
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