Geschichte der O und Rückkehr nach Roissy
führte sie in sein Hotelzimmer. Er ließ sie erst bei sinkender Nacht wieder gehen, nachdem er wie ein Rasender ihren Schoß und ihre Lenden bearbeitet hatte, die er verletzte, so steif und mächtig war er, so entfesselt durch das ungewohnte und erstmalig eingeräumte Recht, beide Wege benützen zu dürfen, sich ihres Mundes so zu bedienen, wie er soeben gesehen hatte, daß man es von ihr verlangen dürfe (was er noch niemals zu fordern gewagt hatte). Als O am nächsten Tag um zwei Uhr zu Sir Stephen kam, der sie hatte rufen lassen, fand sie ihn mit ernster Miene und gealtert vor. "Eric hat sich sinnlos in dich verliebt, O", sagte er. "Er hat mich heute Morgen beschworen, dir die Freiheit zurückzugeben, er hat gesagt, er wolle dich heiraten. Er will dich retten. Du weißt ja, was ich aus dir mache, wenn du mir gehörst, O, und wenn du mir gehörst, dann kannst du mir nichts verweigern, aber noch kannst du, und das weißt du auch, dich weigern, mir zu gehören. Ich habe es ihm gesagt. Er kommt um drei Uhr wieder. O lachte. Ist es nicht ein bißchen spät?" sagte sie. "Ihr seid alle beide verrückt. Wenn Eric heute Morgen nicht gekommen wäre, was hätten Sie dann heute Nachmittag mit mir gemacht? Spazierengegangen, weiter nichts? Schön, dann gehen wir spazieren; oder vielleicht hätten Sie mich gar nicht rufen lassen? Schön, dann gehe ich wieder... - Nein, erwiderte Sir Stephen, ich hätte dich gerufen, O, aber nicht, um mit dir spazierenzugehen. Ich wollte... - Sagen Sie es. - Komm, so geht es leichter." Er stand auf und öffnete die Tür in der Wand gegenüber dem Kamin, das Pendant zu der Tür, durch die man in sein Arbeitszimmer kam. O hatte immer geglaubt, es sei die Tür zu einem nicht benutzten Wandschrank. Sie sah ein winziges Boudoir, frisch getüncht und mit tiefroter Seide ausgeschlagen, der halbe Raum wurde von einer gerundeten Estrade mit zwei Säulen eingenommen, wie die Estrade des Musikzimmers in Samois. "Wände und Plafond sind mit Kork belegt, nicht wahr, sagte O, und die Tür ist gepolstert und Sie haben ein Doppelfenster einsetzen lassen? Sir Stephen nickte. Aber seit wann? sagte O. - Seit deiner Rückkehr. - Und warum...? - Warum ich bis heute gewartet habe. Weil ich gewartet habe, bis du durch andere Hände als die meinen gegangen bist. Dafür werde ich dich jetzt bestrafen. Ich habe dich noch niemals bestraft, O. - Aber ich gehöre Ihnen, sagte O, bestrafen Sie mich. Wenn Eric wiederkommt..."
Eine Stunde später wurde der junge Mann vor O geführt, die zwischen den beiden Säulen grotesk ausgespreizt lag.
Er erbleichte, stammelte etwas und verschwand. O glaubte, ihn niemals wiederzusehen. Sie traf ihn Ende September in Roissy, wo er sie sich drei Tage nacheinander ausliefern ließ und sie barbarisch mißhandelte.
IV. DAS KÄUZCHEN
O begriff nicht mehr, daß sie jemals Bedenken haben konnte, Jacqueline von dem zu sprechen, was René zu recht ihre wahre Situation nannte. Anne-Marie hatte ihr wohl gesagt, sie werde verändert sein, wenn sie ihr Haus verlasse. Aber nie hätte sie geglaubt, daß sie so völlig anders sein könnte. Es erschien ihr nur natürlich, sich vor der noch strahlender, noch frischer zurückgekehrten Jacqueline nicht mehr wie früher zu verstecken, wenn sie badete oder sich anzog. Doch Jacqueline schenkte allem, was nicht sie selbst betraf, so wenig Interesse, daß sie auch weiterhin nichts bemerkt hätte, wäre sie nicht am zweiten Tag nach ihrer Rückkehr zufällig genau in dem Augenblick ins Badezimmer gegangen, als O aus dem Wasser und über den Rand der Badewanne stieg und die Eisenringe an ihrem Schoß gegen das Emaille klirrten. Dieses ungewohnte Geräusch erregte ihre Aufmerksamkeit. Sie wandte den Kopf und sah gleichzeitig die Scheibe, die zwischen Os Beinen baumelte und die Querstreifen, die sich über Schenkel und Brüste zogen. "Was hast du denn da? sagte sie. Das war Sir Stephen, erwiderte O, und wie etwas ganz Selbstverständliches fügte sie hinzu: "René hat mich ihm geschenkt und er hat mir eine Plaquette mit seinem Namen anschmieden lassen. Schau her." Und während sie sich mit dem Bademantel abtrocknete, trat sie so nah vor Jacqueline hin, die sich vor Staunen auf den lackierten Hocker gesetzt hatte, daß Jacqueline die Scheibe in die Hand nehmen und die Inschrift lesen konnte; dann ließ sie den Bademantel herabgleiten, drehte sich um und deutete mit der Hand auf das S und das H, das ihre Lenden höhlte, und sagte: "Er hat mich auch mit seinen
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