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Geschichte der russischen Revolution Bd.1 - Februarrevolution

Geschichte der russischen Revolution Bd.1 - Februarrevolution

Titel: Geschichte der russischen Revolution Bd.1 - Februarrevolution
Autoren: Leo Trotzki
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gegen die Bolschewiki entfesselte der Oberkommandierende Kornilow die Rebellion gegen die Revolution. Wie vor der Umwälzung jede Form von legaler Opposition sich mit Patriotismus umhüllte, das heißt mit den Erfordernissen des Kampfes gegen die Deutschen, so deckte sich nach der Umwälzung jede Form von legaler Konterrevolution mit Erfordernissen des Kampfes gegen die Bolschewiki. Kornilow genoß die Unterstützung der besitzenden Klassen und deren Partei, der Kadetten. Dies hat nicht nur nicht verhindert, sondern im Gegenteil dazu beigetragen, daß die von Kornilow gegen Petrograd gesandten Truppen ohne Kampf besiegt wurden, ohne Zusammenstoß kapitulierten, verdampften wie ein Wassertropfen auf einem glühenden Herd. Auf diese Weise wurde auch der Versuch einer Umwälzung von rechts ausprobiert, und zwar von einer Person, die an der Spitze der Armee stand; das Kräfteverhältnis zwischen den besitzenden Klassen und dem Volke wurde durch die Aktion nachgeprüft, und bei der Alternative "Kornilow oder Lenin" fiel Kornilow wie eine faule Frucht ab, obwohl Lenin zu jener Zeit noch gezwungen war, sich in tiefstem Unterschlupf zu verbergen.
    Welche Variante blieb danach noch unausgenutzt, unerprobt, unversucht? Die Variante des Bolschewismus. Und in der Tat, nach dem Kornilowschen Versuch und dessen ruhmlosem Zusammenbruch wenden sich die Massen stürmisch und endgültig den Bolschewiki zu. Die Oktoberrevolution naht mit physischer Notwendigkeit. Zum Unterschiede von der Februarumwälzung, die man unblutig genannt hat, obwohl sie in Petrograd viele Opfer kostete, vollzieht sich die Oktoberumwälzung in der Hauptstadt tatsächlich unblutig. Haben wir da nicht das Recht zu fragen: welche Beweise für die tiefe Gesetzmäßigkeit der Oktoberrevolution sind noch zu erbringen notwendig? Und ist es nicht klar, daß sie nur jenen als Frucht von Abenteuer oder Demagogie erscheinen konnte, die sie an der empfindlichsten Stelle traf: am Geldbeutel. Der blutige Kampf begann erst nach der Eroberung der Macht durch die bolschewistischen Sowjets, als die gestürzten Klassen mit materieller Unterstützung der Ententeregierung verzweifelte Anstrengungen machten, das Verlorene zurückzugewinnen. Es beginnen die Jahre des Bürgerkrieges. Die Rote Armee wird aufgebaut. Das hungernde Land wird auf das Regime des Kriegskommunismus übergeleitet und in ein spartanisches Lager verwandelt. Schritt für Schritt bahnt sich die Oktoberrevolution den Weg, schlägt alle Feinde zurück, geht zur Lösung ihrer Wirtschaftsaufgaben über, heilt die schwersten Wunden des imperialistischen und des Bürgerkrieges, erringt größte Erfolge auf dem Gebiete der Industrieentwicklung. Vor ihr erstehen jedoch neue Schwierigkeiten, die sich aus ihrer isolierten Lage in der Umkreisung mächtiger kapitalistischer Länder ergeben. Die verspätete Entwicklung, die das russische Proletariat an die Macht brachte, hat diese Macht vor Aufgaben gestellt, die ihrem Wesen nach im Rahmen eines isolierten Staates nicht restlos gelöst werden können. Das Schicksal dieses Staates ist folglich ganz und gar mit dem weiteren Gang der Weltgeschichte verbunden.
    Dieser erste, der Februarrevolution gewidmete Band beweist, wie und weshalb sie in nichts verrinnen mußte. Der zweite Band wird zeigen, wie die Oktoberrevolution siegte.
    Anhang 1 zu Band 1:
    Zum Kapitel "Die Eigenarten der Entwicklung Rußlands"
    Die Frage nach den Eigenarten der historischen Entwicklung Rußlands und in Zusammenhang damit nach seinen zukünftigen Schicksalen bildete fast während des ganzen 19. Jahrhunderts die Grundlage aller Streitigkeiten und Gruppierungen der russischen Intelligenz. Das Slawophilentum und das Westlertum entschieden diese Frage in entgegengesetzten Richtungen, aber in gleicher Weise kategorisch. Sie wurden von dem Narodnikitum und dem Marxismus abgelöst. Bevor das Narodnikitum unter dem Einfluß des bürgerlichen Liberalismus endgültig verblaßte, hatte es lange und beharrlich einen eigenartigen Entwicklungsweg Rußlands unter Umgehung des Kapitalismus verteidigt. In diesem Sinne setzten die Narodniki die slawophile Tradition fort, wobei sie sie jedoch von den monarchistisch-kirchlich-panslawistischen Elementen reinigten und ihr einen revolutionär-demokratischen Charakter verliehen.
    Im wesentlichen waren die Konzeptionen des Slawophilentums, bei all ihrer reaktionären Phantasterei, wie auch die des Narodnikitums bei all ihrer demokratischen Illusion, keinesfalls nackte
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