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Geschichte der russischen Revolution Bd.1 - Februarrevolution

Geschichte der russischen Revolution Bd.1 - Februarrevolution

Titel: Geschichte der russischen Revolution Bd.1 - Februarrevolution Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo Trotzki
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Staatsmacht enthalten. Als Pokrowski und Roschkow sieh mit Narodniki oder Liberalen herumstritten und nachwiesen, daß Organisation und Politik des Zarismus von der wirtschaftlichen Entwicklung und den Interessen der besitzenden Klassen bestimmt wurden, hatten sie im wesentlichen recht. Wenn aber Pokrowski dies gegen mich zu wiederholen versucht, trifft er einfach daneben.
    Folge unserer verspäteten historischen Entwicklung unter den Bedingungen der imperialistischen Umkreisung war, daß unsere Bourgeoisie nicht Zeit fand, den Zarismus beiseite zu stoßen, bevor sich das Proletariat in eine selbständige revolutionäre Kraft verwandelt hatte.
    Für Pokrowski jedoch existiert jene Frage, die für uns das zentrale Thema der Untersuchung bildet, überhaupt nicht ... Pokrowski schreibt: "Auf dem Hintergrunde der gesamteuropäischen Beziehungen jener Zeit das moskowitische Rußland des 16. Jahrhunderts zu schildern, ist eine höchst verlockende Aufgabe. Durch nichts läßt sich das bis heute, sogar in marxistischen Kreisen, herrschende Vorurteil über die angebliche 'Primitivität' jener ökonomischen Basis, auf der das russische Selbstherrschertum entstanden ist, besser widerlegen." Und ferner: "Dieses Selbstherrschertum in seinem wahren historischen Zusammenhang zu zeigen, als einen der Aspekte des handelskapitalistischen Europa ... das ist eine nicht nur für den Historiker äußerst interessante, sondern auch für das lesende Publikum pädagogisch sehr wichtige Aufgabe: es gibt kein radikaleres Mittel, mit der Legende von der 'Eigenart' des russischen historischen Prozesses Schluß zu machen." Wie wir sehen, leugnet Pokrowski völlig die Primitivität und Rückständigkeit unserer wirtschaftlichen Entwicklung und führt gleichzeitig die Eigenart des russischen historischen Prozesses in das Reich der Legende zurück. Der Kern der ganzen Sache liegt aber darin, daß Pokrowski durch die von ihm wie auch von Roschkow beobachtete verhältnismäßig weitgehende Entwicklung des russischen Handels im 16. Jahrhundert völlig hypnotisiert ist. Es ist schwer begreiflich, wie Pokrowski in einen solchen Irrtum verfallen konnte. Man müßte tatsächlich annehmen, der Handel bilde die Basis des Wirtschaftslebens und dessen unfehlbaren Maßstab. Der deutsche Nationalökonom Karl Bücher hatte vor etwa zwanzig Jahren versucht, im Handel (dem Weg vom Produzenten zum Konsumenten) das Kriterium der gesamten Wirtschaftsentwicklung zu entdecken. Struve beeilte sich natürlich, diese "Entdeckung" in die russische ökonomische "Wissenschaft" zu verpflanzen. Büchers Theorie fand damals sofort eine ganz selbstverständliche Zurückweisung seitens der Marxisten. Wir suchen das Kriterium der ökonomischen Entwicklung in der Produktion - in der Technik und der gesellschaftlichen Organisierung der Arbeit -, während wir den Weg, den das Erzeugnis vom Produzenten zum Konsumenten durchmacht, als eine Erscheinung zweiter Ordnung betrachten, deren Wurzeln in der gleichen Produktion zu suchen sind.
    Das wenigstens in räumlicher Hinsicht große Ausmaß des russischen Handels im 16. Jahrhundert läßt sich - so paradox das vom Standpunkte des Bücher-Struveschen Kriteriums auch erscheinen mag gerade mit der außerordentlichen Primitivität und Rückständigkeit der russischen Wirtschaft erklären. Die westeuropäische Stadt beherrschten Handwerkszünfte und Handelsgilden. Bei uns waren die Städte in erster Linie administrativ-militärische, folglich konsumierende und nicht produzierende Zentren. Die handwerklich-zünftige Lebensform des Westens entstand auf einem verhältnismäßig hohen Niveau der Wirtschaftsentwicklung, als alle grundlegenden Prozesse der bearbeitenden Industrie sich vom Ackerbau getrennt, in selbständige Handwerkszwege verwandelt und eigene Organisationen, ein eigenes Zentrum g3-bildet hatten, die Stadt, mit einem, wenn auch in der ersten Zeit auf bestimmte Gebiete beschränkten, so doch festen Markt. Die Grundlage der mittelalterlich europäischen Stadt war folglich eine verhältnismäßig hohe Differenzierung der Wirtschaft, die zwischen dem Zentrum Stadt und seiner landwirtschaftlichen Peripherie geordnete Beziehungen schuf. Dagegen fand unsere wirtschaftliche Rückständigkeit ihren Ausdruck vor allem darin, daß sich Handwerk von Ackerbau nicht getrennt in Form von Heimarbeit bewahrt hatte. Hier sind wir Indien näher als Europa, wie unsere mittelalterlichen Städte den asiatischen näher waren als den europäischen, und wie

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