Geschichte der russischen Revolution Bd.2 - Oktoberrevolution
Lande, so wird das andere Mittel die kollektivistische Politik darstellen. Der Kollektivismus wird nicht nur unvermeidliche Schlußfolgerung aus der Stellung der Partei an der Macht werden, sondern auch Mittel, diese Stellung, gestützt auf das Proletariat, zu sichern.
Als in der sozialistischen Presse die Idee der ununterbrochenen Revolution formuliert wurde, die die Liquidierung des Absolutismus und der bürgerlichen Leibeigenschaft verband mit der sozialistischen Umwälzung durch eine Reihe anwachsender sozialer Zusammenstöße, Aufstände neuer Schichten der Massen, fortwährender Attacken des Proletariats gegen die politischen und ökonomischen Privilegien der herrschenden Klassen, erhob unsere "fortschrittliche" Presse ein einmütiges Entrüstungsgeheul.
Die radikaleren Vertreter der gleichen Demokratie ... halten nicht nur schon die Idee einer Arbeiterregierung in Rußland für phantastisch, sondern lehnen auch die Möglichkeit einer sozialistischen Revolution in Europa für die nächste historische Epoche ab. Noch seien die notwendigen "Voraussetzungen" nicht gegeben. Stimmt das? Es handelt sich selbstverständlich nicht darum, Fristen für die sozialistische Revolution festzulegen, sondern darum, sie in ihre realen historischen Perspektiven hineinzustellen ...
Weiter folgen eine Analyse der allgemeinen Voraussetzungen der sozialistischen Wirtschaft und Beweise dafür, daß gegenwärtig - zu Beginn des XX. Jahrhunderts - diese Voraussetzungen, wenn man sie im europäischen und im Weltmaßstabe betrachtet, bereits gegeben sind.)
... Innerhalb der abgeschlossenen Grenzen einzelner Staaten könnte die sozialistische Produktion bereits nicht mehr Platz finden - sowohl aus ökonomischen wie aus politischen Gründen.
8. Arbeiterregierung in Rußland und Sozialismus
Wir haben oben gezeigt, daß objektive Voraussetzungen für die sozialistische Revolution bereits geschaffen sind durch die ökonomische Entwicklung der fortgeschrittenen kapitalistischen Länder. Was aber kann man in dieser Hinsicht von Rußland sagen? Darf man erwarten, daß der Übergang der Macht in die Hände des russischen Proletariats der Beginn einer Umwandlung unserer Nationalwirtschaft auf sozialistischen Grundlagen sein wird?
Die Pariser Arbeiter haben, wie Marx sagte, von der Kommune keine Wunder verlangt. Man darf plötzliche Wunder von der Diktatur des Proletariats auch jetzt nicht erwarten. Die Staatsgewalt ist nicht allmächtig. Es wäre unsinnig, zu glauben, es genüge, daß das Proletariat die Macht bekommt - und es würde mittels einiger Dekrete Kapitalismus durch Sozialismus ersetzen. Ein ökonomisches Regime ist nicht Produkt einer Staatstätigkeit. Das Proletariat wird nichts weiter tun können, als mit aller Energie die Staatsmacht einzusetzen, um den Weg der wirtschaftlichen Evolution in Richtung zum Kollektivismus zu erleichtern und abzukürzen.
Die Vergesellschaftung der Produktion wird nur Zweigen beginnen, die dafür die geringsten Schwierigkeiten bieten. In der ersten Periode wird vergesellschaftete Produktion Oasen darstellen, die mit privatwirtschaftlichen Unternehmungen durch Gesetze des Warenverkehrs verbunden sind. Je breiter das Feld sein wird, das bereits von vergesellschafteter Wirtschaft erfaßt ist, um so offenbarer werden dessen Vorteile, um so sicherer wird sich das neue politische Regime fühlen, um so kühner werden die weiteren Wirtschaftsmaßnahmen des Proletariats sein. Bei diesen Maßnahmen wird es sich nicht nur auf die nationalen Produktivkräfte stützen können und stützen, sondern auch auf die internationale Technik, ähnlich, wie es sich in seiner revolutionären Politik nicht nur auf die Erfahrung der nationalen Klassenbeziehungen, sondern auch auf die gesamte historische Erfahrung des internationalen Proletariats stützt.
Das proletarische Regime wird gleich zu Beginn an die Lösung der Agrarfrage gehen müssen, mit der das Schicksal riesiger Bevölkerungsmassen Rußlands verknüpft ist. Bei Lösung dieser Frage, wie auch aller übrigen, wird das Proletariat ausgehen von der Grundbestrebung seiner ökonomischen Politik: ein möglichst breites Feld für die Organisierung der sozialistischen Wirtschaft zu gewinnen, - wobei Formen und Tempo dieser Politik in der Agrarfrage bestimmt werden müssen sowohl von jenen materiellen Hilfsquellen, die zu erobern dem Proletariat gelingt, wie auch von der Notwendigkeit, sein Handeln so zu gestalten, daß nicht eventuelle Verbündete in die Reihen der
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