Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Geschichte der russischen Revolution Bd.2 - Oktoberrevolution

Geschichte der russischen Revolution Bd.2 - Oktoberrevolution

Titel: Geschichte der russischen Revolution Bd.2 - Oktoberrevolution Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo Trotzki
Vom Netzwerk:
wider die Überschätzung der erreichten Resultate und wider die nationale Selbstzufriedenheit wandten. Dagegen haben sich die mißtrauischen und kurzsichtigen "Praktiker", die anfangs geglaubt hatten, das Proletariat des rückständigen Rußland werde außerstande sein, die Macht zu erobern, und die nach der Machteroberung die Möglichkeit einer weitgehenden Industrialisierung und Kollektivisierung bestritten, sich dann auf den entgegengesetzten Standpunkt gestellt die ihren eigenen Erwartungen zuwider errungenen Erfolge multiplizierten sie einfach mit einer Reihe von Fünfjahrplänen und ersetzten die historische Perspektive durch das Einmaleins - das eben ist die Theorie des Sozialismus in einem Lande.
    In Wirklichkeit bleibt das Wachsen der heutigen Sowjetwirtschaft ein antagonistischer Prozeß. Indem sie den Arbeiterstaat festigen, führen die ökonomischen Erfolge keinesfalls automatisch zur Schaffung einer harmonischen Gesellschaft. Im Gegenteil, sie bereiten auf einer höheren Grundlage die Zuspitzung der Widersprüche des isolierten sozialistischen Aufbaus vor. Das russische Dorf bedarf nach wie vor eines wirtschaftlichen Gesamtplanes mit der europäischen Stadt. Die internationale Arbeitsteilung steht über der Diktatur des Proletariats in einem Lande und schreibt ihr gebieterisch die weiteren Wege vor. Die Oktoberumwälzung hat Rußland von der Entwicklung der übrigen Menschheit nicht ausgeschlossen, im Gegenteil, sie hat es mit ihr noch enger verbunden Rußland ist nicht mehr das Getto der Barbarei, aber auch noch nicht das Arkadien des Sozialismus. Es ist das hervorragendste Übergangsland in unserer Übergangsepoche. "Die russische Revolution ist nur ein Glied in der Kette der internationalen Revolution." Der heutige Stand der Weltwirtschaft erlaubt es, ohne Bedenken zu sagen: der Kapitalismus ist viel näher an die proletarische Rs-volution herangegangen als die Sowjetunion an den Sozialismus. Das Schicksal des ersten Arbeiterstaates ist untrennbar verbunden mit dem Schicksal der Befreiungsbewegung im Westen und im Osten. Doch dieses große Thema erfordert eine selbständige Untersuchung. Wir hoffen, zu ihm zurückzukehren.

Anhang 3 zu Band 2:
    Eine geschichtliche Information zur Frage über die Theorie der "permanenten Revolution"
    Im Anhang zum ersten Band der Geschichte brachten wir längere Auszüge aus einer Artikelserie, geschrieben vom Autor dieser Arbeit im März 1917 in New York, und aus seinen späteren polemischen Aufsätzen gegen Professor Po-krowski. In beiden Fällen handelt es sich um die Analyse der Triebkräfte der russischen, zum Teil auch der internationalen Revolution. Am Wetzstein dieser Frage wurden im russischen revolutionären Lager seit Beginn des Jahrhunderts grundlegende prinzipielle Gruppierungen festgelegt. Mit dem Anwachsen der revolutionären Flut gewannen sie immer mehr programmatisch-strategischen und schließlich auch unmittelbar taktischen Charakter. Die Jahre 1903-1906 bilden eine Periode intensiver Formierung der politischen Richtungen in der damaligen russischen Sozialdemokratie. Auf jene Zeit bezieht sieh unsere Arbeit Ergebnisse und Perspektiven. Sie wurde bruchstückweise und aus verschiedenartigen Anlässen geschrieben. Die Gefängnishaft von Dezember 1905 erlaubte dem Autor, seine Ansichten über den Charakter der russischen Revolution und deren Perspektiven systematischer darzustellen. Als Buch erschien diese Gesamtarbeit russisch im Jahre 1906. Damit die aus ihm unten abgedruckten Auszüge im Bewußtsein des Lesers den richtigen Platz finden, möchten wir noch einmal daran erinnern, daß in den Jahren 1904/05 keiner von den russischen Marxisten den Gedanken an die Möglichkeit des Aufbaus der sozialistischen Gesellschaft in einem Lande überhaupt, und in Rußland im besonderen, verteidigte oder aufstellte. Diese Konzeption wurde zum erstenmal in der Presse vertreten, etwa zwanzig Jahre später, im Herbst 1924. In der Periode der ersten Revolution wie in den Jahren zwischen den zwei Revolutionen wurde der Streit um die Dynamik der bürgerlichen Revolution, nicht aber um die Chancen und Möglichkeiten einer sozialistischen Revolution geführt. Alle heutigen Anhänger der Theorie des Sozialismus in einem Lande, ohne Ausnahme, beschränkten in jener Periode die Perspektive der russischen Revolution auf die bürgerlich-demokratische Republik und hielten bis April 1917 nicht nur den Aufbau des nationalen Sozialismus für unmöglich, sondern auch die

Weitere Kostenlose Bücher