Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Geschichte des Gens

Geschichte des Gens

Titel: Geschichte des Gens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernst Peter Fischer
Vom Netzwerk:
Fähigkeit von Bakterien, zwischen zwei angebotenen Sorten von Zucker im Nährmedium zu unterscheiden. Sie nehmen nicht beide zugleich auf, sondern verzehren erst eine Form und greifen zur zweiten nur dann, wenn die erste verbraucht ist. In den ersten Versuchen setzten die Molekularbiologen Glukose und Laktose ein, und immer verschwand zuerst die (kleinere) Glukose aus dem Nährmedium, bevor die Bakterien sich der (größeren) Laktose zuwandten. Wenn sie dies taten, so zeigte die biochemische Analyse, dann setzten die Zellen ein Enzym ein, das aus historischen Gründen Beta-Galaktosidase heißt. Es diente der Zerlegung des Zuckers, der natürlich zunächst einmal in das Innere der Bakterien geholt werden musste.
    Von den vielen Problemen, die in diesem Zusammenhang auftauchten, nahmen sich Lwoff, Jacob und Monod die Frage nach der Herkunft des Enzyms vor. Als Grundlage ihrer Arbeiten diente die so genannte Adaptor-Hypothese, der zufolge die Beta-Galaktosidase den Zellen zuerst in einer inaktiven Form zur Verfügung steht, bevor sie durch ein Signal von außen den neuen Bedingungen angepasst (adaptiert) wird. Das Signal könnte das Verschwinden des anfänglich in den Stoffwechsel eingeführten (»metabolisierten«) Zuckers sein oder eine andere Form haben, die es noch zu ermitteln galt.
    Als Genetiker wollten die Mitglieder des Pariser Trios ihre Hypothese mit Hilfe von Mutanten testen, die vor allem dadurch aufgespürt werden konnten, dass es chemische Substanzen gab, die zwar sehr ähnlich gebaut waren wie die Laktose, aber nicht von den Bakterien verdaut werden konnten. Man spricht in diesem Fall von analogen Verbindungen (Analoga), und ihre Anwendung erlaubte es bald, die Grenzen der Adaptor-Hypothese zu erkennen und sie durch eine andere Annahme zu ersetzen, die man inducer-hypothesis nannte. Wie sich herausstellte, agierte die Laktose als inducer, womit gemeint ist, dass der Zucker nicht eine vormals inaktive Form der Beta-Galaktosidase in eine aktive umwandelte, sondern überhaupt erst einmal für die Synthese des Enzyms sorgte. Laktose induzierte die Anfertigung der Beta-Galaktosidase, die deshalb als ein steuerbares Protein anzusehen war.
    Mit anderen Worten: Gene konnten reguliert werden. Gene sind nicht immer und zu allen Zeiten in Funktion, das heißt sie werden nicht immer »exprimiert«: Die Expression von Genen kann je nach Bedürfnis und Bedingung ein- oder ausgeschaltet werden, wie sich bald im Anschluss an die Arbeiten der französischen Schule herausstellte. Ein großes und faszinierendes Rätsel war, wie die genetische Regulation der Gene in einer Zelle vor sich geht.
    Die Lösung verdanken wir vor allem Jacob und Monod, und sie lässt sich in sehr einfacher Weise formulieren: Es gibt nicht nur Strukturgene, in denen die Informationen für den Bau eines Proteins (einer Polypeptidkette) angelegt sind, sondern es gibt auch Regulatorgene, die steuern, unter welchen Umständen Strukturgene exprimiert werden oder nicht.
    Für diese Regulatorgene hat sich heute die mechanisch klingende Redeweise von Genschaltern eingebürgert, die nicht nur unglücklich ist, weil sie ein Maschinenbild des Lebens suggeriert, sondern weil sie nicht deutlich macht, dass es sich bei den regulierenden Elementen um Gene handelt - eben um Gene mit einer Kontrollfunktion, die sich von der bis dahin einzig bekannten Funktion der Informationsspeicherung unterschied.
    Insgesamt konnten Jacob, Monod und viele andere mehrere Elemente der Regulation ausmachen, die unter den Namen Repressor, Operator und Promotor bekannt geworden sind. Das klassische Beispiel, an dem die Funktionen der entsprechenden DNA-Sequenzen erkannt worden sind, beruht auf den Einsichten, die beim Studium der Einbringung von Laktose in den Stoffwechsel gelungen sind, nachdem die Bakterien den einfacheren Zucker Glukose verbraucht hatten. In der Literatur spricht man in diesem Zusammenhang vom Lac-Operon. Mit dem Begriff des Operons ist eine zusammenhängende Gruppe von Genen gemeint, die einer gemeinsamen Regulation unterliegen. Im Fall des Lac-Operons funktioniert die Sache wie in Abbildung 11 dargestellt.
    Die Zelle stellt im Normalfall ausreichender Versorgung mit einem leicht verdaulichen Zucker (Glukose) sicher, dass die Beta-Galaktosidase nicht synthetisiert wird, und sie tut dies, indem sie ein anderes Protein den Repressor anfertigt, der das Lac-Operon blockiert, und zwar einfach dadurch, dass er ein DNA-Stück besetzt, das auf diese Weise die Funktion

Weitere Kostenlose Bücher