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Geschichte des Westens: Von den Anfängen in der Antike bis zum 20. Jahrhundert (German Edition)

Geschichte des Westens: Von den Anfängen in der Antike bis zum 20. Jahrhundert (German Edition)

Titel: Geschichte des Westens: Von den Anfängen in der Antike bis zum 20. Jahrhundert (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich August Winkler
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zur Unterstützung der kämpferischen Patrioten nach Griechenland floß, ebenso in Frankreich, Italien, der Schweiz, in Polen, den Vereinigten Niederlanden und den Vereinigten Staaten von Amerika. Es waren diese Länder, aus denen bereits 1821 die ersten Freiwilligen nach Griechenland kamen, wobei die Deutschen die meisten Kämpfer stellten. Insgesamt dürften nach einer neueren Schätzung 1100 bis 1200 Freiwillige von den Philhellenen oder den Auslandsgriechen angeworben worden oder aus eigenem Antrieb nach Griechenland gekommen sein. Von den 940 namentlich bekannten Griechenlandkämpfern kamen 342, also über ein Drittel, aus Deutschland. Es folgten die Franzosen mit 196, die Italiener mit 137, die Briten mit 99, die Schweizer mit 35, die Polen mit 30, die Holländer und Belgier mit 17 und die Amerikaner mit 16 Freiwilligen. 313 namentlich ermittelte ausländische Freiwillige, genau ein Drittel, starben in Griechenland – nicht alle im Kampf, sondern oft auch an Krankheiten. Einer der Toten war Lord Byron, der große schottische Romantiker, der sich im Sommer 1823, auf dem Höhepunkt der innergriechischen Parteikämpfe, nach Hellas begeben hatte, um dort den Patrioten zum Sieg zu verhelfen. Er starb am 29. April 1824 in Missolunghi an Malaria.
    Europäische Freiwillige waren bereits an der Eroberung der türkischen Festungen Navarino, Monemvasia und Tripolitsa im ersten Kriegsjahr beteiligt. Eine weit größere Zahl von Kämpfern aber kam aus den Reihen der Briganten, unter ihnen allein 3000, die von Kolokotrones geführt wurden. Türken, gleichviel ob Männer, Frauen oder Kinder, die ihnen nach dem Ende der Kampfhandlungen in die Hände fielen, wurden gnadenlos niedergemetzelt; türkisches Eigentum verwandelte sich im Handumdrehen in eine Beute der Banditen und ihrer Anführer. Viele der europäischen Freiwilligen waren von dieser Art der Kriegsführung so entsetzt, daß sie so schnell wie möglich in ihre Heimat zurückzukehren versuchten. Einige derer, denen das gelang, veröffentlichten Berichte über ihre Kriegserfahrungen, hatten damit aber wenig Erfolg: Die Philhellenen zogen es vor, in den Griechen der Gegenwart die Nachkommen von Homer, Sophokles und Platon zu sehen und nicht ein armes, rückständiges, von Räuberbanden tyrannisiertes Bergvolk, das durch Orthodoxie und Fremdherrschaft von westlichen Einflüssen bislang wirksam abgeschirmt worden war.
    Von den großen Mächten stand Rußland am eindeutigsten auf der Seite der Griechen; der alte strategische Gegensatz zwischen dem Osmanischen und dem Zarenreich und der gemeinsame orthodoxe Glaube von Russen und Griechen ließen kaum eine andere Wahl zu. Solange Alexander I. regierte, folgte aber daraus kein aktives Eingreifen zugunsten der Hellenen. Österreich fürchtete eine Ausdehnung des russischen Einflusses auf dem Balkan noch mehr als einen Sieg der Türken über die Griechen und hielt sich aus dem Konflikt heraus. England blieb im Sinne der «balance of power» neutral. Frankreich unterhielt zwar traditionell gute Beziehungen zur Hohen Pforte, konnte aber schon aus Rücksicht auf die einhellig philhellenische öffentliche Meinung nicht an eine Parteinahme zugunsten des Osmanischen Reiches denken. Das offizielle Preußen war desinteressiert. Die aufständischen Griechen brauchten also zu keiner Zeit mit einer Intervention der Heiligen Allianz nach Art des Vorgehens gegen die Revolution in Spanien, Neapel und Piemont zu rechnen.
    In dieser Situation war es für die Türken besonders wichtig, daß Mehmet Ali Pascha, der aus Albanien stammende Statthalter des Osmanischen Reiches in Ägypten, der sich ähnlich wie sein Landsmann Ali Pascha von Janina von der türkischen Oberhoheit weitgehend befreit hatte, Istanbul militärisch zu Hilfe kam. (Der Preis, den der Sultan, Mahmud II., dafür zu zahlen hatte, waren politische und territoriale Zugeständnisse an Mehmet Ali in Ägypten.) Bislang nur in Nordgriechenland erfolgreich, konnten die Türken dank der Unterstützung eines ägyptischen Expeditionskorps unter Mehmed Alis Stiefsohn Ibrahim Pascha auch auf der Peloponnes die aufständischen Griechen zurückdrängen. Dabei kam ihnen der innere Zwist der Griechen zugute, der zeitweilig, vor allem in den Jahren 1823 und 1824, anarchische, ja bürgerkriegsartige Formen annahm. Im April 1826 fiel das lange hart umkämpfte Missolunghi auf der Nordseite des Golfs von Korinth, im August Athen. Nur auf der Akropolis konnten die griechischen und philhellenischen

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