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Geschichte des Westens: Von den Anfängen in der Antike bis zum 20. Jahrhundert (German Edition)

Geschichte des Westens: Von den Anfängen in der Antike bis zum 20. Jahrhundert (German Edition)

Titel: Geschichte des Westens: Von den Anfängen in der Antike bis zum 20. Jahrhundert (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich August Winkler
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zugleich ein neues Kapitel in der Geschichte des Völkerrechts im allgemeinen und des Seekriegsrechts im besonderen: Neutrale Schiffe sollten der Konvention zufolge ungehindert von Hafen zu Hafen und an den Küsten kriegführender Staaten entlang fahren dürfen, Waren aus verfeindeten Ländern mit Ausnahme von direktem Kriegsbedarf entsprechend dem Grundsatz «frei Schiff, frei Gut» beschlagnahmefrei bleiben. Ferner sollten Blockaden nur zulässig sein, soweit sie effektiv durchgeführt wurden. In der Rechtsprechung der Prisengerichte waren diese Prinzipien unmittelbar anzuwenden. Ihre Nichtbeachtung durch kriegsführende Mächte war ein Verstoß gegen die Neutralität des Unterzeichnerstaates und löste den Bündnisfall aus.
    Großbritannien sah sich durch die Erklärung der «Bewaffneten Neutralität» stark behindert, ging aber während der weiteren Dauer des Krieges vorsichtiger als zuvor mit neutralen Schiffen um. Gegenüber einem Land aber reagierte es hart: Nachdem die Niederlande sich im November 1780 dem «Bündnis des Nordens» angeschlossen hatten, erklärte England im folgenden Monat Holland den Krieg. Die Republik der Vereinigten Niederlande hatte sich schon zuvor eindeutig auf die Seite der Amerikanischen Revolution geschlagen. Darauf stellte die britische Kriegserklärung ab, und eben deshalb erhielt Holland auch nicht die Unterstützung Rußlands, Dänemarks und Schwedens, der drei Staaten, die bis dahin der Konvention beigetreten waren.
    Der vier Jahre währende Krieg endete mit einer niederländischen Niederlage, für welche die neugegründete «Patriotenpartei» den Erbstatthalter, Wilhelm V. von Oranien, verantwortlich machte. Als die verbreitete Unzufriedenheit die Form einer Umsturzbewegung annahm, rief der Statthalter 1787 den Bruder seiner Frau, König Friedrich Wilhelm II. von Preußen, zu Hilfe. Preußische Truppen warfen die «Patrioten» rasch nieder. Zu den Verlierern des Bürgerkrieges gehörte Frankreich, das die Aufständischen unterstützt hatte, zu den Gewinnern England, das fest auf der Seite Wilhelms V. stand.
    Im gleichen Jahr 1787, in dem Preußen in den Niederlanden intervenierte, erklärte das Osmanische Reich Rußland den Krieg, woraufhin Österreich sich als Bundesgenosse des Zarenreiches an dem Waffengang beteiligte. England hingegen stellte sich, um Rußland vom Mittelmeer fernzuhalten, auf die Seite der Türken und verbündete sich, um Österreich in Schach zu halten, mit Preußen, das seinerseits Anfang 1790 Bündnisse mit der Türkei und mit Polen schloß. Ein gleichzeitiger russisch-schwedischer Krieg endete im August 1790 mit der Bestätigung des vorherigen Zustands. Das wichtigste Ergebnis des russisch-türkischen Krieges war, daß Rußland sich den Besitz der Krim sichern konnte. Das geschah durch den Frieden von Jassy, der im Januar 1792 abgeschlossen wurde: zu einem Zeitpunkt, zu dem Europa wie gebannt auf die Ereignisse im revolutionären Paris blickte.
    In keinem anderen Land Europas hatte der amerikanische Unabhängigkeitskrieg so tiefgreifende Auswirkungen wie in Frankreich. Vordergründig endete der Krieg mit einem Triumph der Bourbonenmonarchie: Der englische Rivale hatte nicht nur einen Großteil seines nordamerikanischen Kolonialbereiches verloren, auch in Europa war er zeitweilig völlig isoliert. Doch der Erfolg des französischen Ancien régime erwies sich in doppelter Hinsicht als Pyrrhussieg. Erstens hatte das militärische und politische Engagement in Übersee die finanziellen Ressourcen Frankreichs im übermaß in Anspruch genommen: Es trug entscheidend dazu bei, die Krise im Innern zu verschärfen. Dazu kam, zweitens, die ansteckende Wirkung der Gedanken, die sich mit französischer Hilfe in Amerika durchsetzten. Die jungen Vereinigten Staaten verstanden es, für ihre Ziele zu werben. An den Hof von Versailles wurde als erster Gesandter der Union Benjamin Franklin geschickt, der als Naturwissenschaftler, Denker und Politiker in Europa einen legendären Ruf hatte. Sein Nachfolger wurde 1785 Thomas Jefferson, der schon im Jahr zuvor als Bevollmächtigter Minister nach Frankreich entsandt worden war. Beide Amerikaner wurden sogleich nach ihrer Ankunft zum Mittelpunkt von ausgedehnten Netzwerken, denen alles daran lag, den Ideen von 1776 auch auf der Ostseite des Atlantiks zum Durchbruch zu verhelfen.
    Das Land, das als Verlierer aus dem amerikanischen Unabhängigkeitskrieg hervorging, erholte sich überraschend schnell von dem Schlag von 1783: Seine

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