Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Geschichte des Westens: Von den Anfängen in der Antike bis zum 20. Jahrhundert (German Edition)

Geschichte des Westens: Von den Anfängen in der Antike bis zum 20. Jahrhundert (German Edition)

Titel: Geschichte des Westens: Von den Anfängen in der Antike bis zum 20. Jahrhundert (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich August Winkler
Vom Netzwerk:
Zusammenhang mit angeblichen Plänen zur jüdischen Weltherrschaft auf «Massenvernichtungen von Juden» im Mittelalter angespielt. 1882 beteiligte sich Istóczy maßgeblich an einer Kampagne wegen eines behaupteten (vom zuständigen Gericht später widerlegten) jüdischen Ritualmords an einem ungarischen Mädchen. Im September des gleichen Jahres spielte er eine herausragende Rolle auf einem internationalen Antisemitenkongreß in Dresden; 1883 gründete er zusammen mit fünf anderen judenfeindlichen Parlamentariern die Nationale Antisemitische Partei. Die nationalistische Bewegung bekannte sich zum Ziel eines ungarischen Nationalstaates. Sie präsentierte sich in Form von zwei Parteien: der Nationalpartei unter dem konservativen Grafen Albert Apponyi und der Unabhängigkeitspartei unter Franz Kossuth, dem aus dem Exil zurückgekehrten Sohn des Freiheitshelden von 1848, Lajos Kossuth, der 1894 in Turin starb.
    Unter Graf Stephan Tisza, dem Sohn von Kálmán Tisza, spitzte sich das Verhältnis zwischen Budapest und Wien bis zu einer öffentlich ausgetragenen Kontroverse zwischen den Regierungschefs Tisza und Koerber zu. Tisza erreichte, was er wollte, nämlich militärpolitische Zugeständnisse des widerstrebenden Kaisers und Königs. Den radikalen Nationalisten war das entschieden zu wenig. Bei den Parlamentswahlen vom Januar 1905 brachten sie den regierenden Liberalen eine schwere Niederlage bei, mußten es aber hinnehmen, daß Franz Joseph als König von Ungarn nicht den Führer der Unabhängigkeitspartei, Franz Kossuth, oder einen anderen Nationalisten, sondern den Feldmarschall Géza von Fejérváry, zum Ministerpräsidenten ernannte.
    Dann eskalierte die Entwicklung. Um die Macht der alten Führungskräfte, obenan der adligen Großgrundbesitzer, zu brechen, stimmte der Kaiser und König dem Vorschlag von Innenminister Josef von Kristóffy zu, in Ungarn das allgemeine gleiche Wahlrecht einzuführen. Da die Abgeordneten der Rechten die Konfrontation fortsetzten, ließ Franz Joseph das Parlament auflösen und den Plenarsaal durch Militär räumen. Als Sieger aus den Neuwahlen vom Mai 1906 gingen wiederum die Rechtsparteien hervor; die Unabhängigkeitspartei allein erhielt 60 Prozent der Mandate. Einen Gesetzentwurf vom Juli 1906, der das allgemeine gleiche Wahlrecht vorsah, zog die Regierung wieder zurück, als sich die Rechtsparteien bereit erklärten, in ein Koalitionskabinett unter dem Ministerpräsidenten der Jahre 1892–1895, Sandor Wekerle, einzutreten. Kossuth übernahm das Handelsministerium, Apponyi das Unterrichtsministerium, Graf Gyula Andrássy, der jüngere Sohn des Ministerpräsidenten der Jahre 1867 bis 1871 und langjährigen Außenministers, das Innenministerium. Ein von Andrássy vorgelegter Entwurf eines neuen besitz- und bildungsfreundlichen Pluralwahlrechts empörte die nichtmagyarischen Nationalitäten und die Sozialdemokraten, ging der Mehrheit des Parlaments aber bereits zu weit und wurde folglich abgelehnt. Bei den Wahlen von 1910, den letzten, die Ungarn zur Zeit der Doppelmonarchie erlebte, siegten die Liberalen, die sich jetzt Nationale Partei der Arbeit nannten. Drei Jahre später übernahm erneut Stephan Tisza das Amt des Ministerpräsidenten.
    Unter dem Nationalismus der Magyaren hatten im Nationalitätenstaat Ungarn die Nichtmagyaren zu leiden: von den Juden abgesehen, Slowaken, Rumänen, Deutsche und Serben. Die Kroaten hatten 1868, ein Jahr nach dem österreichisch-ungarischen Ausgleich, ihren eigenen staatsrechtlichen Ausgleich mit Ungarn erreicht. Er bestätigte sie in der weitgehenden Autonomie des 1849 geschaffenen Kronlandes Kroatien und Slawonien unter einem eigenen, von Budapest eingesetzten Banus oder Statthalter. Über ein halbes Jahrhundert lang, von 1850 bis 1905, war der Bischof von Djakovo in Slawonien und Mitgründer sowohl der Universität Zagreb als auch der dort angesiedelten jugoslawischen Akademie, Josef Georg Stroßmayer, ungeachtet seines deutschen Namens ein kroatischer Nationalist und Repräsentant eines katholischen Neopanslawismus, die kulturell beherrschende Figur des Landes.
    Seit 1883 griff die Politik der Magyarisierung auch auf Kroatien über. Budapest nutzte die österreichfreundliche Politik Serbiens unter der Dynastie Obrenovic, um die oppositionelle, großkroatische und antiserbische Richtung des kroatischen Nationalismus unter Druck zu setzen. Diese suchte daraufhin zeitweilig Rückendeckung beim Kaiserhof in Wien und schwenkte, als sie damit

Weitere Kostenlose Bücher