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Geschichte des Westens

Geschichte des Westens

Titel: Geschichte des Westens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich August Winkler
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zum Generalfeldmarschall ernannt und war damit der ranghöchste deutsche Soldat. Zu zahlreichen weiteren Umbesetzungen im militärischen Bereich, die als gezielte Maßnahmen zur Verjüngung der Generalität ausgegeben wurden, kamen zwei Wechsel an der Spitze von Ministerien. Die Nachfolge von Außenminister von Neurath trat Joachim von Ribbentrop an. Ebenfalls am 4. Februar 1938 wurde bekanntgegeben, daß Walther Funk, bisher Staatssekretär des Propagandaministeriums, an Stelle des Ende November zurückgetretenen Schacht die Leitung des Reichswirtschaftsministeriums übernommen habe.
    Die Affären um Blomberg und Fritsch hatten Wirkungen, die Hitler höchst gelegen kamen: Die Wehrmacht hatte jetzt endlich eine einheitliche Führung, wobei das «preußische» Heer seine Sonderstellung verlor und Hitlers Macht weiter wuchs. Der Einfluß der «alten Eliten» ging auch in der Diplomatie und in der Wirtschaft zurück; dafür sorgten die Umbesetzungen an der Spitze des Auswärtigen Amtes und des Reichswirtschaftsministeriums. Die Gewichtsverlagerungen vom 4. Februar 1938 fügten sich zu einem Gesamtbild zusammen, das Zeitgenossen und Historiker vermuten ließ, es sei das Ergebnis langfristiger Planung. Tatsächlich bewiesen die Ereignisse von Anfang Februar 1938 einmal mehr, daß Hitler ein Genie der Improvisation war: Er verstand es meisterhaft, sich Vorgänge nutzbar zu machen, die für ihn so überraschend waren wie für den Rest der Welt.[ 8 ]
Anfänge des Appeasement:
Großbritannien 1933–1938
    Hitlers Wunschpartner Großbritannien hatte den Machtwechsel in Deutschland vom 30. Januar 1933 mit bemerkenswerter Gelassenheit aufgenommen. Die konservativen und liberalen Zeitungen sahen im hohen Maß an personeller Kontinuität zwischen den Kabinetten Schleicher und Hitler ein Zeichen dafür, daß mit dramatischen Veränderungen der deutschen Politik vorerst nicht zu rechnen war; die der Labour Party nahestehende Presse gab der neuen Regierung meist keine lange Lebenszeit. Allgemeine Empörung löste der Boykott jüdischer Geschäfte am 1. April 1933 aus, nach dem Ende der Aktion legtesich die Erregung aber rasch wieder. Die britische Öffentlichkeit blieb, was Hitlers Deutschland anging, gespalten: Es gab die rechten Massenblätter wie die «Daily Mail» und den «Daily Express», die vor allem den militanten Antibolschewismus der Nationalsozialisten lobenswert fanden; in moderater Form taten das auch konservative Zeitungen wie die «Times» und der «Daily Telegraph»; die liberalen Blätter, obenan die «News Chronicle» und der «Manchester Guardian», bezogen eine zunehmend kritische Position; der «Daily Herald», das Blatt der Labour Party, war entschieden antifaschistisch und antinationalsozialistisch.
    Seit dem zweiten Jahr das «Dritten Reiches» bemühten sich prominente Publizisten und Politiker Großbritanniens, einen persönlichen Eindruck von Hitler und anderen bekannten Repräsentanten seines Regimes zu gewinnen. Im Dezember 1934 empfing der «Führer und Reichskanzler» den ihm wohlgesonnenen Lord Rothermere, den Verleger der «Daily Mail», im Januar 1935 Lord Lothian, ein führendes Mitglied der Liberalen Partei, im Lauf des Olympiadejahres 1936 den früheren liberalen Premierminister Lloyd George, der aus seiner Bewunderung für Hitler keinen Hehl machte, den Pressemagnaten Lord Beaverbrook und nochmals Lord Rothermere, außerdem die pazifistischen Labourpolitiker Lord Allen of Hartwood und George Lansbury. Mehrfach führten Hitler, Göring und Ribbentrop ausführliche Gespräche mit dem im Mai 1935 zurückgetretenen konservativen Luftwaffenminister Lord Londonderry; Ribbentrop genoß seinerseits zweimal, im Mai und im November 1936, die Gastfreundschaft des Lords auf dessen Landsitz in Ulster. Die ersten offiziellen Gesprächspartner Hitlers aus Großbritannien waren Außenminister Sir John Simon und sein parlamentarischer Staatssekretär Anthony Eden, die Ende März 1935 nach Berlin kamen, um die Möglichkeit einer Verständigung auszuloten, aber mit leeren Händen nach London zurückkehrten.
    Was die Besucher Hitlers von diesem zu hören bekamen, war fast immer dasselbe: seine Warnungen vor der Drohung des Bolschewismus, sein Beharren auf der militärischen Gleichberechtigung Deutschlands und sein Interesse an einem deutsch-britischen Arrangement, das dem Reich freie Hand in Mittel- und Osteuropa lassen und dem Empire die Anerkennung als britische Interessensphäre durch Deutschland

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