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Geschichten von der Bibel

Geschichten von der Bibel

Titel: Geschichten von der Bibel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Köhlmeier
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Genesis, schwebte über dem Chaos, dem Tohuwabohu.
    Tohu und Bohu, das sind der Abgrund in die Finsternis und der dünne Lichtstrahl am Horizont, die Hoffnungslosigkeit und die Hoffnung – Gegensätzlichkeit, potentielle Dynamik. Das Chaos enthält alles, aber alles in ungeordneter Form.
    Als er über diesem Chaos schwebte, entschloß sich Gott, das Chaos neu zu ordnen. Aus den Sagen, Mythen, Legenden, Märchen, die die Bibel wie Schatten von Anfang an umschwirren, erfahren wir, Gott habe die Dinge dieser Welt nicht erschaffen, sondern lediglich geordnet. Erschaffen habe er nur eines.
    »Ein Reich will ich gründen«, sagte er, »das so ewig ist wie die Zeit und so prächtig, daß die Zukunft, ohne sich zu schämen, zurück in die Vergangenheit blicken kann.«
    Als er sich nun ein Bild machte von der Situation, merkte er, daß die Haut an seinen Unterarmen zu jucken begann. Und da erst sah er, daß sich das Blut der Krieger, das auf seinen Unterarm gespritzt war, zu Buchstaben formiert hatte, zu Schriftzeichen, die aussahen wie Tätowierungen.
    Und diese Schriftzeichen auf seinem Unterarm begannen mit Gott zu reden.
    »Wir wollen dir helfen«, sagten sie.
    »Warum denkt ihr, ich könnte eure Hilfe brauchen?« fragte er.
    »Du willst fertig werden mit dem, was vom Krieg übriggeblieben ist«, sagten die Schriftzeichen auf seinem Arm. »Und wir, wir stammen ab von dem, was übriggeblieben ist.«
    Das sah Gott ein.
    »Gut«, sagte er, »ich will eure Hilfe annehmen.«
    »Beginn deine Schöpfung mit mir!« riefen da die Schriftzeichen durcheinander. »Mit mir! Mit mir!«
    Was soll das? Was wollten sie? Mit einem Machtwort kann Gott alles zu dem machen, was es von da an sein wird. Und der erste Buchstabe dieses Machtworts, das wollte jeder Buchstabe auf dem Unterarm Gottes sein.
    Den hebräischen Buchstaben entsprechen Zahlenwerte, je weiter zum Ende des Alphabets hin, desto höhere Zahlen bezeichnen sie. Die letzten Buchstaben bildeten sich ein, sie seien, weil sie die höchsten Zahlen repräsentierten, auch die wichtigsten. Sie stellten Bedingungen. Unverschämt waren sie, größenwahnsinnig. Jeden einzelnen Buchstaben hörte er sich an. Und er war nicht zufrieden.
    Gott wischte sie vom Arm: »Mit euch will ich meine Schöpfung nicht beginnen!«
    Am Ende blieben nur zwei Buchstaben übrig. Das Beth und das Aleph. Beth ist der zweite Buchstabe, und er symbolisiert die Zahl zwei. Außerdem ist er auch das Symbol für das Haus.
    Beth sagte: »Mach deine Schöpfung, wie sie dir vorschwebt, aber bau sie wie ein Haus.«
    »Warum?« fragte Gott.
    »Weil das Haus etwas Gutes ist.«
    »Warum?«
    »Weil das Haus etwas Sicheres ist.«
    »Warum?«
    »Weil es das Gegenteil von Chaos ist. Es enthält alles, aber alles ist geordnet. Deine Schöpfung wird nur dann gut sein, wenn sie in der Lage ist, das Gegensätzliche, das im Chaos enthalten ist, zu vereinen.«
    Beth, die Zahl zwei, sagte das.
    »Bau deine Schöpfung nach dem Prinzip der Zahl zwei, nach dem Prinzip Beth! Dann erst wird sie ewig sein wie die Zeit.«
    Das gefiel Gott, und er sagte: »Ich werde meine Schöpfung mit dir beginnen.«
    Dann wandte er sich dem Aleph zu und fragte: »Was ist mit dir, was kannst du mir bieten?«
    Aleph sagte: »Ich bin das Eins, aus mir kann nichts entstehen, ich bin das Alles und das Nichts. Ich grenze an nichts an, ich bin nur für mich, ganz allein. Mit dem Chaos habe ich nichts zu tun. Mit dem Chaos will ich nichts zu tun haben.«
    »Womit hast du zu tun?« fragte Gott. »Womit willst du zu tun haben?«
    »Mit dir«, sagte das Aleph. »Nimm mich, und mach mich zu deinem Zeichen!«
    Das gefiel Gott. Er nahm Aleph als sein Zeichen. Gott ist das Eins. Er ist der Einzige. Neben ihm ist keiner. Keiner grenzt an ihn an. Er ist das Alles und das Nichts. So begann Gott, das Chaos zu ordnen.
    Anders, als uns in der Bibel erzählt wird, erzählen die Mythen und die Sagen, er habe nicht von Anfang an gewußt, wie er das machen soll. Er probierte. Probierte und war immer darauf bedacht, das Versprechen, das er Beth gegeben hatte, einzuhalten: Alles sollte nach dem Prinzip der Einheit der Gegensätze gestaltet werden.
    Zunächst knetete er Feuer und Schnee. Aber die beiden waren einander gegensätzlich, und ihr Antagonismus war nicht fruchtbar. Dann hängte er sieben Himmel und sieben Meere an seine Arme und wollte sie durch Schaukelbewegung vereinen. Das Ergebnis befriedigte ihn nicht.
    Ein besonders gefinkelter Mythologe hat ausgerechnet, daß Gott

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