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Geschöpfe der Nacht

Geschöpfe der Nacht

Titel: Geschöpfe der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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nicht, weil sie meinen Vater mochten – denn jeder, der ihn kannte, mochte ihn –, sondern weil sie aufrichtige Heiler waren und ich das größte Objekt ihres tiefempfundenen Dranges war, es Menschen besser gehen zu lassen. Mein ganzes Leben lang mußte ich geheilt werden, wenngleich sie – und auch niemand sonst – dazu nicht imstande sind.
    Mein Vater lag in einem Zweibettzimmer. Im Augenblick war das andere Bett nicht belegt.
    Ich zögerte auf der Schwelle. Dann trat ich mit einem tiefen Atemzug ein, ohne daß dieser mich irgendwie stärkte, und schloß die Tür hinter mir.
    Die Lamellen der Jalousie waren fest geschlossen. An den Rändern der Rollos hatte das gedämpfte Sonnenlicht der letzten halben Stunde des Tages die weißen Fensterrahmen gelb gefärbt.
    Mein Vater auf dem Bett neben der Tür war nur eine schattenhafte Gestalt. Ich hörte seine flache Atmung. Als ich sprach, antwortete er nicht.
    Er wurde lediglich von einem Elektrokardiographen überwacht. Um meinen Vater nicht zu stören, war das Tonsignal abgeschaltet worden; sein Herzschlag wurde nur von einer gezackten grünen Lichtlinie auf einer Kathodenstrahlröhre aufgezeichnet.
    Sein Puls war schnell und schwach. Als ich einen Blick auf das Gerät warf, sah ich beunruhigt, daß er gerade unregelmäßig schlug, doch kurz darauf stabilisierte er sich wieder.
    In der unteren der beiden Schubladen seines Nachttisches lagen ein Gasfeuerzeug und zwei je siebeneinhalb Zentimeter dicke Kerzen aus Myrtenwachs in Glasständern. Das medizinische Personal tat so, als wüßte es nichts von diesen Gegenständen.
    Ich stellte die Kerzen auf den Nachttisch.
    Wegen meiner Beschränkungen wird mir dieser Dispens von den Krankenhausvorschriften gewährt. Sonst hätte ich in völliger Dunkelheit sitzen müssen.
    Unter Verletzung der Brandschutzvorschriften betätigte ich das Feuerzeug und hielt die Flamme zuerst an den einen, dann an den anderen Docht.
    Vielleicht verschafft meine seltsame Berühmtheit mir auch einige Handlungsfreiheiten. Man kann die Macht des Ruhms im modernen Amerika gar nicht hoch genug einschätzen.
    Im Flackern des wohltuenden Lichts schälte sich das Gesicht meines Vaters aus der Dunkelheit. Seine Augen waren geschlossen. Er atmete durch den geöffneten Mund.
    Auf seine Anweisung hin wurden keine heldenhaften Versuche unternommen, sein Leben zu erhalten. Seine Atmung wurde nicht einmal von einem Inhalator gestützt.
    Ich nahm die Mütze ab und zog die Jacke aus und legte sie auf einen Stuhl, der für Besucher bereitstand.
    Dann trat ich an sein Bett, auf die Seite, auf der nicht die Kerzen standen, und nahm eine seiner Hände in die meinen. Seine Haut war kalt, so dünn wie Pergament. Knochige Hände. Die Fingernägel waren gelb, eingerissen, wie sie es nie zuvor gewesen waren.
    Sein Name war Steven Snow, und er war ein großer Mann. Er hatte nie einen Krieg gewonnen, nie ein Gesetz durchgebracht, nie eine Symphonie komponiert, nie einen berühmten Roman geschrieben, wie er es sich in seiner Jugend erhofft hatte, aber er war größer als jeder General, Politiker, Komponist oder preisgekrönte Schriftsteller, der je gelebt hatte.
    Er war groß, weil er freundlich war. Er war groß, weil er bescheiden war, sanft, voller Lachen. Er war dreißig Jahre lang mit meiner Mutter verheiratet gewesen, und während dieser langen Zeitspanne der Versuchungen ist er ihr treu geblieben. Seine Liebe für sie war so strahlend, daß unser Haus, das aus Notwendigkeit in den meisten Räumen nur schwach beleuchtet war, in jeder Hinsicht, auf die es ankam, leuchtend hell war. Als Professor der Literatur in Ashdon – wo Mama Professorin am naturwissenschaftlichen Seminar war – hatten seine Studenten ihn dermaßen geschätzt, daß viele von ihnen noch Jahrzehnte, nachdem sie seine Seminare verlassen hatten, mit ihm in Verbindung geblieben waren.
    Obwohl mein Gebrechen sein Leben praktisch von dem Tag meiner Geburt an stark eingeschränkt hatte – damals war er achtundzwanzig Jahre alt gewesen –, hatte er mich nicht ein einziges Mal spüren lassen, daß er es bedauern würde, mich gezeugt zu haben, oder daß ich irgend etwas anderes als eine absolute Freude und Quelle ungetrübten Stolzes für ihn sei. Er lebte mit Würde und ohne Klagen und feierte stets, was auf der Welt schön war.
    Einst war er robust und stattlich gewesen. Nun war sein Körper eingefallen und sein Gesicht hager, grau. Er sah viel älter aus als sechsundfünfzig. Der Krebs hatte sich von

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