Gesetz der Rache: Roman (Artikel 5, Band 2) (German Edition)
Bursche, der nicht viel größer war als ich, wirbelte Cara in einem improvisierten Tanz herum. Vier , sagten die Leute immer wieder. Vier, nachdem der Sniper bisher immer nur einen bei jedem Anschlag erledigt hatte. Ich bemühte mich um ein Grinsen, aber ich war innerlich viel zu angespannt.
»Ruhe! Ruhe, da kommt noch mehr«, donnerte Billy und beugte sich vor, als Wallace die Lautstärke nachregelte.
»…gehen davon aus, dass die Bombe aus Haushaltsgegenständen einen direkten Anschlag auf das Leben des Leiters der Reformationsbehörde darstellt. Der Zustand von Kanzler Reinhardt ist stabil, und er erholt sich derzeit an einem geheimen Ort. Am späten Nachmittag hat sich der Präsident zu dem Anschlag geäußert.«
Wieder trat eine Pause ein, doch dieses Mal sagte niemand einen Ton. Niemand wagte auch nur zu atmen. Verglichen mit einem Anschlag auf die rechte Hand des Präsidenten schien die Arbeit des Snipers plötzlich kaum mehr von Bedeutung zu sein.
Der Empfang wurde schlechter, als eine männliche Stimme den Raum erfüllte.
»Das Werk dieser Radikalen repräsentiert nicht die Mehrheit und wird dies auch nie tun. Das, was Kanzler Reinhardt gestern zugestoßen ist, war eine Prüfung. Eine Prüfung unseres Glaubens. Unserer Moral. Und unserer Freiheit. Das ist unsere Chance, unsere Einheit unter Beweis zu stellen und zusammenzuhalten als Bürger eines einigen Landes. Um endlich den Hedonismus auszurotten, der unseren Niedergang herbeigeführt hat, um das Chaos zu verbannen, das uns im Zuge des Krieges befallen hat, und um jeden einzelnen Terroristen aus dem Weg zu räumen, der zwischen uns und einer sicheren und friedlichen Zukunft steht. Niemand hat gesagt, die Reformation würde leicht werden, aber haben Sie Vertrauen, wenn ich Ihnen sage, dass sie möglich ist und dass sie richtig ist.«
Seit ich ihn das letzte Mal hatte sprechen hören, war viel Zeit vergangen. In den Anfangsjahren des Krieges, als er noch Senator gewesen war, hatten meine Mutter und ich seine Auftritte im Fernsehen verfolgt. Ich konnte mir vorstellen, wie er heute aussah, silberne Haarbüschel über einer riesigen Stirn, das Kinn angespannt vor Sorge und ein Blick, so stechend, dass er durch den Bildschirm geradewegs in das Wohnzimmer der Zuschauer einzudringen schien. Meine Mom hatte immer gesagt, man könne niemandem trauen, der mit einer Kamera sprach, als hätte er es mit einem echten Menschen zu tun.
Später hatte ich in der Schule gelernt, dass Scarboros Bewegung Neuanfang für Amerika schon jahrelang existiert und strenge, traditionelle Moralvorstellungen, Zensur und die Abschaffung der Trennung zwischen Kirche und Staat gepredigt hatte. Ein Glaube, eine Familie, ein Land, so lautete ihr Motto, das später, als er zum Präsidenten gewählt worden war, geändert wurde in Ein Heiles Land, Eine Heile Familie. Im Wahlkampf hatte er die moralische Schwäche der damaligen Regierung für den Angriff auf unser Land verantwortlich gemacht, und die Menschen, die sich verzweifelt nach Veränderung sehnten, hatten ihm geglaubt.
Er sprach stets mit einem hörbaren Rhythmus, der faszinierend war, beinahe hypnotisierend, vorausgesetzt, man achtete nicht darauf, was er tatsächlich sagte.
Zusammenhalten. Jeden Terroristen aus dem Weg räumen .
Nun, ich wusste, was er unter Terrorist verstand. Er meinte Leute wie meine Mutter. Leute wie mich. Jeden, der zwischen ihm und seiner perfekten, konformen Welt stand. Er hatte unser Volk zu einem Rudel gefügiger Haustiere und unerwünschter Streuner gemacht, und mich beschlich das miese Gefühl, dass die Dinge für uns bald noch erheblich schlimmer werden würden.
Ms Barlow verabschiedete sich mit dem FBR -Motto: Ein Heiles Land, Eine Heile Familie.
»Jemand hat versucht, Reinhardt auszuschalten?«, ließ sich schließlich Cara vernehmen. Sie sah geschockt aus, wie alle anderen auch. Ich versuchte, mir den Mann ins Gedächtnis zu rufen, schaffte es aber nicht. Er war erst in Post- TV -Zeiten an die Macht gelangt, als Präsident Scarboro das FBR aufgebaut hatte, wo er die Arbeit der Soldaten koordinieren sollte.
»Wie konnte der bloß nahe genug an den Kerl rankommen?« Wallace klang berechnend, aber er hatte nicht unrecht. Der Präsident und seine Berater reisten nur unter größter Geheimhaltung, ließen sich nirgends dauerhaft nieder und blieben nie lange an einem Ort. Soweit ich informiert war, hatten sie sich bereits seit dem Krieg so verhalten, als die Gefahr eines Anschlags auf Politiker
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